Philologische Erschließung, historische Kontextualiserung und narratologische Auswertung von Hasan 'Ali al-Munsi al-Haqanis 1579/80 angefertigten Fürstenspiegel Ahlaq-i Hakimi
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Gegenstand des Projektes war ein Text, der 1578-80 für den Mogul-Prinzen Muḥammad Ḥakīm Mīrzā (1553 od. 1554-1585), einen Sohn des zweiten Mogul-Herrschers Humāyūn (reg. 1530-40; 1555-6) verfasst wurde. Dieser hatte, ehe er sich daran machte, die indischen Besitzungen seines Vaters, des Dynastiegründers Bābur, zurück zu erobern, Muḥammad Ḥakīm Mīrzā die Herrschaft über Kābul zugedacht. Bei Humāyūns Unfalltod 1556 war der Prinz Muḥammad Ḥakīm erst zwei Jahre alt, so dass mehr als ein Jahrzehnt vergehen sollte, ehe er selbständig politisch zu agieren vermochte. Der Prinz steht in der Rückschau ganz im Schatten seines elf Jahre älteren Halbbruders Akbar (reg.1556-1606), der dank seiner Eroberungen und Verwaltungsmaßnahmen als der bedeutendste der Mogul-Herrscher gilt, wie die nach Indien emigrierten Nachfahren es zentralasiatischen Eroberers Tīmūr wegen ihrer genealogischen Verbindung zur Dynastie des Mongolenherrschers Dschingis Khan genannt werden. Dabei hatte Muḥammad Ḥakīm durchaus selbst Ambitionen, die Nachfolge seines Vaters anzutreten, wie seine – allerdings nur kurzfristige – Annexion des Punjab zeigt. Dieser Anspruch auf den väterlichen Thron und die Rivalität zu Akbar bilden den politischen Kontext für die Aḫlāq-i Ḥakīmī , ein gnomisches Werk, bestehend aus Anekdoten, Sinnsprüchen und Gedichten, die häufig aus anderen Werken übernommen sind, sowie Zitaten aus Koran und Hadith und panegyrischen Passagen, überwiegend in persischer Sprache gehalten, jedoch mit einer Vielzahl von arabischen Einsprengseln durchsetzt. Über den Verfasser, Ḥasan ʿAlī al-Munšī al-Ḫāqānī wissen wir nur das, was er selbst in seinem Text über sich offenbart. Er war jedenfalls älter als der Prinz und fungierte als dessen oberster Sekretär. Die 1579-89 verfassten Aḫlāq-i Ḥakīmī sind in einer einzigen, in der India Office Sammlung der British Library Handschrift aufbewahrten Handschrift erhalten, die aus dem Jahr 1610 datiert. Die aus dem Projekt hervorgegangene Mongraphie besteht aus zwei Teilen, der Edition dieses Textes und aus Erläuterungen zum politisch-gesellschaftlichen und literaturgeschichtlichen Kontext, zu Themen, Sprache und rhetorischer Gestaltung. Zweifellos besteht die eigentliche Leistung der Projektbearbeiterin, Rosa Tulyasheva, in der Erstellung einer gut lesbaren Edition, die ein adäquates Textverständnis überhaupt erst ermöglicht. Dazu mussten verderbte Textstellen korrigiert und sowohl die als diakritisches Hilfsmittel fungierende Punktierung von Buchstaben als auch die in vormodernen Texten gänzlich unübliche Interpunktion ergänzt werden, eine ebenso anspruchsvolles wie mühseliges Unterfangen, das Frau Tulyasheva bestens gemeistert hat. In den Fußnoten finden sich überdies sachliche Erläuterungen zu Personen, Orten Begriffen etc. sowie Quellennachweise zu Zitaten aus einer Fülle von Genres, welche die Projektbearbeiterin ebenfalls in mühevoller Recherche identifiziert hat.