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Religion bei Meinungsmachern - Der Stellenwert religiöser Orientierungen bei meinungsbildenden Eliten in Deutschland

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 17219480
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Erkenntnisinteresse unserer Studie liegt auf dem Gebiet der Religionssoziologie und der Sozialethik. Im Anschluss an den neueren Diskurs zum Thema „Religion und Öffentlichkeit", in dem den Medien bei der neu erlangten Sichtbarkeit von Religion eine wichtige Rolle zugeschrieben wird, haben wir den Einfluss des beruflichen und religiösen Habitus von journalistischen Akteuren, vor allem den Kommentatoren der überregionalen Qualitätsmedien, auf die Auswahl und Thematisierung von Religion auf drei Themenfeldern untersucht: Im ersten Feld „Religion und Öffentlichkeit" interessierte uns, wann Religion zum Thema in den Medien gemacht wird, welche Bedeutung Journalisten diesem Thema für die Berichterstattung beimessen, wie sie religiöse Ereignisse wahrnehmen und welche Veränderungen von ihnen im Hinblick auf die Funktion und Bedeutung von Religion in der Gesellschaft ausgemacht werden. Im Zentrum stand dabei die Frage nach dem Stellenwert religiöser Orientierungen bei Journalisten. Im zweiten Themenfeld „Religion in den Medien - Medien als Religion" ging es um die Klärung der Reichweite und Fruchtbarkeit eines diskursiven Religionsbegriffs und -Verständnisses. Das dritte Themenfeld bezog sich auf medienethische Fragen wie die normativen Bindungsmuster und die berufsethische Handlungsrelevanz von Religion im journalistischen Alltag. Die Ergebnisse hinsichtlich der Selektion von Religion als Thema in den Medien entsprechen im Großen und Ganzen den Erwartungen, zeigen aber doch eine veränderte Sichtweise auf Religion und Kirche gegenüber den 1980er und 1990er Jahren. Die meisten Journalisten schätzen Kirche und Religion als zivilgesellschaftliche Kraft und schreiben ihnen im Hinblick auf die Wertefundierung der Gesellschaft eine wichtige Funktion zu. Ob sie jedoch den in der Gesellschaft gegenläufig und gleichzeitig stattfindenden Prozess als Säkularisierung öder „Wiederkehr der Religion" in der Öffentlichkeit wahrnehmen, ist abhängig von ihrem jeweiligen Verständnis von Religion. Darin leistet die Studie einen Beitrag zur Debatte der „Rückkehr der Religion in die Öffenfiichkeit" und der These der „Entprivatisierung". Dagegen ist die Bindung an professionsethische Standards bei den befragten Journalisten in der Regel unabhängig von persönlichen Wertbindungen und der individuellen religiösen Haltung, sie entwickelt sich vielmehr in Redaktionen durch das journalisfische Arbeiten selbst. Offensichtlich scheint, dass die von uns befragten Journalisten die derzeitige gesellschaftliche Entwicklung - Stichwort: Verunsicherung durch Globalisierung, radikalisierter Islam - als tief greifenden Wandel und Krise deuten. Das verweist darauf, dass sie sich in ihrer professionellen Verantwortung als Meinungsmacher in die Pflicht genommen fühlen, Antworten auf die Zeitentwicklung zu generieren. Die Deutungen reichen - in Ermangelung neuer Lösungen - vom positiven Rückgriff auf christliche Antworten, der Verteidigung, eines säkularen Kulturchristentums - auch seitens Religionsloser - bis hin zu einem höchst erklärungsbedürftigen Atheismus. Nicht zu erwarten war, dass Polifik- und Feuilleton-Journalisten zwischen Kirche, Religion und Christentum begrifflich differenzieren. Erstaunt hat uns aber, dass wir - bei allen Differenzen - ein so ausgeprägtes konfessionelles Verständnis von Religion gefunden haben. Das geht so weit, dass evangelisch sozialisierte Journalisten, die sonst eher säkular sind oder sich selbst als „atheistisch" verstehen, angesichts der Medienpräsens der katholischen Kirche im so genannten „Papstjahr" eine Haltung des „cultural, defense" entwickeln. In unserem Sample lässt sich dieser Befund vor allem mit dem Generationenfaktor erklären. Es bleibt noch weiter zu klären, inwieweit die journalisfischen „Meinungsmacher" in der Lage sind, zu einem - vielleicht neuen - Verständnis von Religion in der Gesellschaft beizutragen. Zunächst scheint es, dass sie stärker einen Spiegel der Gesellschaft darstellen als eine gestaltende Kraft. Berichte in den Publikumsmedien: NDR: Zapp, gesendet am 2.5.2007

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • „Die Rückkehr der Religionen in der politischen und medialen Öffentlichkeit", in: Gabriel, Karl u. Hans-Joachim Höhn (Hg.): Religion heute - öffentlich und politisch. Provokationen, Kontroversen, Perspektiven. Paderborn u.a. 2008, 93-108
    Gärtner, Christel
  • „Religion bei Meinungsmachern: Zum religiösen Habitus von Elitejournalisten", in: tv diskurs - Verantwortung in audiovisuellen Medien, Heft 2, 2008, 36- 41
    Gärtner, Christel
  • „Die Rolle der Medien bei der Rückkehr der Religion: Die habituellen Voraussetzungen für die Wahrnehmung und Deutung religiöser Ereignisse bei journalistischen 'Meinungsmachern', in: Sieprath, M. (Hg.): Religion und Massenmedien. Reihe: Religionen in Kultur und Gesellschaft, Bd. 2, Berlin 2009, S. 67-97
    Gärtner, Christel
 
 

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