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Konstruktion von Ereignismodellen: Einfluss von Aufmerksamkeit und Arbeitsgedächtnisressourcen

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 172194911
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zusammenfassend lassen sich aus den Ergebnissen des Projektes folgende Schlussfolgerungen ableiten: In Anlehnung an Zacks et al. (2007) gehen wir davon aus, dass Ereigniswissen im Arbeitsgedächtnis in Form von Ereignismodellen repräsentiert wird. Unsere Befunde legen nahe, dass auch die chronologische Abfolge von Ereignissen sowie ihre damit verbundenen Einzelereignisse, Objekte und Objektzustände im Ereignismodell bereitgestellt werden. Die Erwartung über die (chronologische) Abfolge eines Ereignisses kann durch eine Ausrichtung der Aufmerksamkeit beeinflusst werden. Verletzungen dieser erwarteten Reihenfolge werden schneller und besser erkannt, wenn die Aufmerksamkeit auf den Beginn einer Ereignisfolge fokussiert ist. Ereignispaare vom Ende einer Ereignisfolge werden nicht erwartet und induzieren deshalb einen höheren Grad an Unsicherheit. Wird bereits zu Beginn einer Ereignisfolge die Erwartung verletzt, muss die Aufmerksamkeit auf eine neue zeitliche Position innerhalb des Ereignismodells gelenkt werden („zoom in“). Das beansprucht mehr Arbeitsgedächtnisressourcen und hat aufwändigere Bearbeitungsstrategien zur Folge. Auf der Ebene der Objektrepräsentation innerhalb des hypothetischen Ereignismodells zeigt sich, dass zukünftige Objekte kognitiv schneller verfügbar sind als vergangene Objekte. Dies stützt die Annahme, dass zukünftige Ereignisse sowie die damit verbundenen Objekte im Ereignismodell repräsentiert sind, während „veraltete“ Information nicht länger bzw. nur noch in geringer Aktivierung im Ereignismodell verfügbar ist. Auf der Ebene der zu einer Ereignisfolge gehörenden Objektzustände zeigt sich, dass Zielzustände im Vergleich zu Anfangszuständen im Ereignismodell besser verfügbar sind. Darüber hinaus ist auch die zeitliche Position der Zielzustände entsprechend einer chronologischen Orientierung infolge der Zielorientierung im Ereignismodell enthalten. Durch die Erhebung behavioraler, pupillometrischer und Blickbewegungsdaten konnten wir die zentralen Fragestellungen des Projektes beantworten. Darüber hinaus konnten wir der Frage nachgehen, Rolle interindividuelle Unterschiede, insbesondere die zeitliche Orientierung eines Individuums, bei der zeitlichen Repräsentation von Ereignissen und beim Zugriff auf diese Information spielen. Durch diese spezifische Thematisierung interindividueller Unterschiede war es uns möglich, verschiedene Aspekte psychologischer Zeit – die zeitliche Folge von Ereignissen und die individuelle Zeitperspektive – die in der Literatur bisher fast ausschließlich separat untersucht werden, in ihrer Wechselwirkung zu analysieren. Durch die Kombination verschiedener Untersuchungsmethoden konnte die Frage der chronologischen Ordnung von Einzelereignissen, ihrer Objekte und Zustände sowie der damit verbundenen Erwartungen im Ereignismodell auf verschiedenen Analyseebenen aufgegriffen und einer Beantwortung zugeführt werden. Der Einsatz der Methode der Blickbewegungsanalyse, welche ursprünglich nicht im Antrag vorgesehen war, hat sich als besonders gut geeignet und als große wissenschaftliche Bereicherung im Hinblick auf die Analyse interindividueller Unterschiede im Ereigniswissen erwiesen. Die methodische Ausrichtung des Projektes entwickelte sich daher weitgehend zugunsten dieser Analysemethode, während der Komplex der Arbeitsgedächtnisressourcen als Quelle interindividueller Unterschiede eingeschränkt wurde. Die veränderte Schwerpunktsetzung hat es uns ermöglicht, die Aspekte psychologischer Zeit integrativ zu untersuchen und eine breite wissenschaftlich fundierte Grundlage für weiterführende Untersuchungen zu schaffen. Gegenwärtig bereiten wir einen Projektantrag zur Ereignisrepräsentation bei Parkinsonpatienten vor. Neben motorischen Einschränkungen weisen Parkinsonpatienten auch kognitive Defizite auf, die sich besonders in Defiziten bei Alltagsaktivitäten widerspiegeln. Ausgangspunkt sind die im vorliegenden Projekt gewonnenen Erkenntnisse über die kognitive Repräsentation von Ereignissen und den anforderungsabhängigen Zugriff auf dieses Wissen bei gesunden Pbn. Diese Erkenntnisse dienen als Ausgangspunkt zur Analyse parkinsonspezifischer Defizite in diesem Bereich, zur kritischen Überprüfung ihrer differentialdiagnostischen Relevanz und sollen in die Entwicklung eines geeigneten Interventionsprogramms münden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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