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Internationale Organisationen und der Schutz fundamentaler Rechte von Individuen

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 172418697
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Vor dem Hintergrund zunehmender direkter Herrschaftsbeziehungen zwischen internationalen Organisationen (IOs) und Individuen untersuchte das Forschungsprojekt mithilfe eines komparativen Fallstudiendesigns, wie und unter welchen Bedingungen IOs auf die an sie herangetragenen gestiegenen Legitimitätsanforderungen reagieren, wenn sie Autorität über Individuen ausüben und mithin Menschenrechte verletzen können oder auch tatsächlich verletzen. Hierfür wurden insgesamt zehn Fallstudien durchgeführt: Vier Fallstudien beschäftigten sich mit Peacekeeping der UNO und der NATO, wobei je zwei Fallstudien Praktiken willkürlicher Inhaftierung und sexuelle Ausbeutung in den Blick nahmen. Vier weitere untersuchten die Sanktionspolitik der UNO und der EU im Hinblick auf breite Handelsembargos und Blacklisting. Zwei Fälle schließlich analysierten die Kreditvergabe durch Weltbank und IWF. Empirisch konnte das Projekt zunächst zeigen, dass alle untersuchten IOs seit einigen Jahren vermehrt Verfahren zum Schutz der Menschenrechte bei einer durch die IO selbst begangenen Rechtsverletzung einrichten. Diese beinhalten Präventionsmaßnahmen, und in einigen Fällen auch Beschwerdeverfahren, mittels derer betroffene Individuen die jeweilige IO für Rechtsverletzungen zur Rechenschaft ziehen können. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Automatismus, nach dem sich normative Anforderungen direkt in institutionelle Reformen übersetzen. Vielmehr konnte das Projekt zeigen, dass Schutzverfahren über den Autorität-Legitimität Mechanismus (ALM), der sich wiederum über vier Kausalpfade entfalten kann, entstehen, die unter jeweils pfadspezifischen Bedingungen ausgelöst werden: Diese wurden als ,like-minded', legislative, judicial und anticipatory institution-building bezeichnet. Im Rahmen von ,like-minded' institutionbuilding können formal schwache Akteure wie etwa NGOs die Entwicklung von Schutzverfahren anschieben, wenn die Rechtsverletzung kampagnenfähig ist, d.h. wenn Empathie mit den Opfern erzeugt oder die Verletzung unmittelbar der Verantwortung der IO zugeschrieben werden kann. Auch Parlamente in demokratischen Mitgliedsstaaten können über den Pfad legislative institutionbuilding die Einrichtung von Schutzverfahren initiieren, wenn sie hinreichend autonom gegenüber der Exekutive sind. Internationale Gerichte können die Einrichtung entsprechender Verfahren veranlassen, wenn das verletzte Recht als justiziabel angesehen wird (judicial institution-building). Außerdem können die Administrationen in Organisationen Schutzverfahren auch präventiv und ohne unmittelbaren Druck von außen anstoßen (anticipatory institution-building). Zwar können alle genannten Kausalpfade potentiell auch zu anspruchsvollen, Präventions- und Beschwerdekomponenten umfassenden Menschenrechtsschutzverfahren führen; dennoch war die Erfolgswahrscheinlichkeit bei Pfaden, bei denen Gerichtsurteile oder die Initiative des Parlaments in einem oder mehreren dominanten Mitgliedsstaat(en) der IO eine wichtige Rolle spielen, größer. Die Ergebnisse des Projekts weisen darauf hin, dass IOs versuchen, die eigene Legitimität durch die Erfüllung anerkannter Legitimitätskriterien zu erhöhen bzw. zurück zu gewinnen. Insofern zeigt sich ein grundsätzlicher Zusammenhang zwischen normativer Notwendigkeit und der institutionellen Praxis autoritätsausübender IOs, also eine Art normativer Funktionalismus. Die variierende Qualität der eingerichteten Verfahren macht jedoch zugleich deutlich, dass normativ kontingente Faktoren wie Machtdifferenzen und politische Opportunitäten bei der konkreten Ausgestaltung von legitimitätserzeugenden Verfahren eine wesentliche Rolle spielen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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