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Metropole und Vergnügungskultur. Berlin im transnationalen Vergleich, 1880 - 1930

Antragsteller Professor Dr. Paul Nolte
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 173343384
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Gegenstand des Projekts war die metropolitane Vergnügungskultur der „langen Jahrhundertwende" 1880 bis 1930 als Medium der modernen Großstadterfahrung. Die modernen Metropolen wirkten in vielfacher Hinsicht auf die Wahrnehmungsmuster und Erfahrungen ihrer Bewohner/innen und Besucher/innen. In ihrer Vergnügungskultur wurden Erfahrungen im dreifachen Sinne „gemacht": Sie wurden hergestellt von professionellen Anbietern, erlebt von den Zuschauer/inne/n und Teilnehmer/inne/n und gleichzeitig als Gegenstand der Vergnügungskultur reproduziert und reflektiert. Vor allen Dingen durch diese dritte Ebene der Großstadtrepräsentation wurde die Vergnügungskultur - so das zentrale Argument des Projekts - zu einem Medium und Katalysator der „inneren Urbanisierung" (Gottfried Korff), also der mentalen Verarbeitung und Aneignung der großstädtischen Lebensverhältnisse. Dieser Zusammenhang von metropolitaner Vergnügungskultur und „innerer Urbanisierung" wurde in dem Projekt anhand des populären Theaters, der Oper, des Tanzes, der Populärmusik, des Vergnügungsparks und des Drogenkonsums herausgearbeitet und offengelegt. Im Zentrum stand dabei Berlin in seinen internationalen Bezügen, d.h. als kosmopolitische Metropole, in der die internationalen Einflüsse aus anderen Vergnügungsmetropolen wie Paris, London oder New York stets präsent waren, aber auch in lokal eigensinniger Weise angeeignet wurden. Neben der Einsicht in den genannten Zusammenhang von Vergnügungskultur und „innerer Urbanisierung" gehört diese Herausarbeitung der internationalen Verflochtenheit der Vergnügungskultur schon um 1900 zu den wichtigsten Ergebnissen des Projekts. Ein weiteres Ergebnis besteht in der Relativierung des Zäsurcharakters des Ersten Weltkriegs. Es steht außer Frage, dass der Erste Weltkrieg sich auch auf den Wandel der metropolitanen Vergnügungskultur nachhaltig auswirkte. Das Forschungsprojekt konnte aber zeigen, dass sich zentrale Elemente, Genres und Funktionsweisen der Vergnügungskultur, die oftmals mit den „Goldenen Zwanzigern" in Verbindung gebracht werden, schon vor dem Ersten Weltkrieg herausgebildet hatten. Neben zahlreichen Einzelveröffentlichungen und den Qualifikationsarbeiten, die im Zusammenhang mit dem Projekt entstanden sind, ist eine gemeinsame Projektmonographie erarbeitet worden, in der die zentralen Ergebnisse des Projekts zusammengeführt werden. Mehrfach wurde in Presse und Rundfunk über die Projektarbeit berichtet. Konferenzorganisationen, Vortragsreisen und die Einrichtung einer „Berliner Doktorand/inn/en-Werkstatt zur Stadtgeschichte" haben zur regionalen, nationalen und internationalen Vernetzung und Verbreitung der Projektergebnisse beigetragen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Die Stadt der tausend Freuden. Metropolenkultur um 1900, Bielefeld: transcript, 2011
    Tobias Becker/Anna Littmann/Johanna Niedbaiski (Hg.)
  • „Das doppelte Mirakel. Theaterwunder und Wundertheater im frühen 20. Jahrhundert", in: Alexander C. T. Geppert/Till Kessler (Hg.), Wunder Poetik und Politik des Staunens im 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2011, S. 332-362
    Toblas Becker
  • Theater und Fest in Europa. Perspektiven von Identität und Gemeinschaft, Tübingen: Francke, 2012
    Erika Fischer-Lichte/Matthias Warstat/Anna Littmann (Hg.)
  • „Before the Megamusical. The Theatre Industry in London and Berlin, 1880-1930", in: Christiane Eisenberg/Andreas Gestrich (Hg.), Cultural Industries in Britain and Germany. Sport, Music and Entertainment from the Eighteenth to the Twentieth Century, Augsburg: Wißner Verlag, 2012, S. 49-63
    Tobias Becker
  • „Die Stadt und die Sinne. Sinnesgeschichtliche Perspektiven auf Urbanisierung und Großstadterfahrung", in: Informationen zur modernen Stadtgeschichte 43 (2012), S. 23-28
    Daniel Morat
  • „Der Rhythmus der Großstadt", in: Zeitschrift für Kulturphilosophie 7 (2013) 1, S. 29-38
    Daniel Morat
  • „Die Anfänge der Schlagerindustrie. Intermedialität und wirtschaftliche Verflechtung vor dem Ersten Weltkrieg", in: Lied und Populäre Kultur 58 (2013), S. 11-40
    Tobias Becker
  • Inszenierte Moderne. Populäres Theater in Berlin und London, 1880- 1930 (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London, 74), München: De Gruyter Oldenbourg, 2014
    Tobias Becker
  • Popular Musical Theatre in Germany and Britain, 1890 to 1939, Cambridge: Cambridge University Press, 2014
    Tobias Becker/Len Platt/David Linton (Hg.)
  • „Buch und Spiele. Der Vergnügungspark", in: Ernst Fischer/Stephanie Jacobs (Hg.), Die Welt in Leipzig. Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik 1914, Stuttgart: Maximilian-Gesellschaft, 2014, S. 637-659
    Johanna Niedbaiski
  • „Entertaining the Empire. Touring Companies and Amateur Dramatic Societies in Colonial India", in: The Historical Journal 57 (2014) 3, S. 699-725
    Tobias Becker
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1017/S0018246X13000538)
  • Die Vergnügungskultur der Großstadt. Orte - Inszenierungen - Netzwerke (1880-1930), Wien/Köln/Weimar: Böhlau, 2016. 180 S., Ill. (Städteforschung / Reihe A / Darstellungen, 93). ISBN 978-3-412-22383-0
    Paul Nolte (Hg.)
 
 

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