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Verjährung im Strafrecht unter rechtstheoretischer, rechtshistorischer und rechtsdogmatischer Perspektive.

Fachliche Zuordnung Strafrecht
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 174271990
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Während die Frage nach der Begründung einer staatlichen Strafe in nahezu jedem strafrechtlichen Lehrbuch ausführlich diskutiert und theoretisch fundiert wird, wird das Problem eines zeitlichen Endes des Rechts zu strafen meist nur am Rande behandelt. Die Suche nach einer theoretischen Begründung der Verjährung als zeitlicher Grenze staatlicher Macht wird in der jüngeren Vergangenheit kaum noch unternommen und die Antwort hierauf regelmäßig auf Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte begrenzt. In diesem Projekt wird das Rechtsinstitut der Verjährung einer eingehenden theoretischen, historischen und rechtsdogmatischen Analyse unterzogen. Die Legitimation der Verjährung wird dabei von den zweckorientierten Begründungen gelöst und auf eine neue Grundlage gestellt. Diese knüpft an die traditionellen Zusammenhänge von Recht und Zeit in der Rechtsphilosophie an und verdeutlicht, dass jedes (verwirklichte) Unrecht seine Zeit hat. Die Relevanz eines Unrechts für das gegenwärtige Strafrecht ist zeitlich nicht unbegrenzt, sondern auf einen zeitlichen Horizont beschränkt. Hierbei lassen sich nicht nur Verbindungen zu den überlieferten Vorstellungen der Rechtsphilosophie ziehen, sondern auch solche zur jüngeren Zeitphilosophie, die das Phänomen einer „gestreckten Gegenwart" durchaus kennt (Bergson / Husserl). Eine so verstandene Grundlegung des Verjährungsrechts hat den Vorteil, dass sie das Institut der Verjährung sowohl theoretisch als auch dogmatisch von zunehmenden Sanktionsbedürfnissen entkoppelt. Das Recht kann damit auf die Frage nach seiner zeitlichen Stabilität eine eigenständige Antwort geben und gewinnt so eine gewisse Unabhängigkeit von den Kriminalisierungsbedürfnissen der Gegenwart. Die historische Entwicklung zeigt deutlich, dass das Strafrecht auch im Bereich der Verjährung einer zunehmenden Flexibilisierung unterworfen war und regelmäßig den kriminalpolitischen Zwecken und Zwängen entsprechende Antworten auf zeitlich orientierte Kriminalisierungsbestrebungen gab. Doch sind es nicht nur die großen (kriminalpolitischen) Themen, zu denen das hier entwickelte theoretische Verständnis der Verjährung beitragen kann. Die dort kritisierte Flexibilität zeigt sich auch in der täglichen strafrechtlichen Praxis, in der es beispielsweise eine mittlerweile kaum zu bewältigende Aufgabe ist, den genauen Tag des Verjährungsbeginns moderner Straftaten zu bestimmen. Vor allem in komplexeren wirtschaftlichen Zusammenhängen ist stets eine Verzögerung des Verjährungsbeginns denkbar, was sich naturgemäß in einem unsicheren Ende des Laufs der Verjährung niederschlägt. Dies führt nicht nur zu einer kaum enden wollenden Flut von Verfahren, über deren Verjährung erst in der letzten Instanz entschieden wird, sondern nimmt auch dem Einzelnen die Möglichkeit, mit ähnlich rechtsstaatlich gesicherten Kriterien das Ende einer möglichen strafrechtlichen Verfolgung beurteilen zu können, wie dies im Rahmen der Frage, ob die Strafbarkeit infolge einer Tatbestandsverwirklichung überhaupt begonnen hat, selbstverständlich ist. Die theoretische Grundlegung enmöglicht einen genaueren Einblick in die sich hier stellenden Fragen. Neben der grundlegenden Analyse der Legitimation des Verjährungsrechts auf der einen und der Beantwortung von Einzelfragen auf der anderen Seite kann auf der Ebene zwischen diesen beiden Fragestellungen eine Forschungslücke geschlossen werden. Erklärt werden kann die Legitimation und Funktionsweise der einzelnen Ausprägungen (bzw. Institute) des geltenden Verjährungsrechts, die bisher kaum theoretisch näher untersucht worden sind. Zu nennen wären hier die beiden Möglichkeiten zur Verlängerung der regulären Verjährungsfrist in einzelnen Fällen, das Ruhen und die Unterbrechung der Verjährung, ebenso wie die Verjährung der erkannten Strafe (Vollstreckungsverjährung). Neben einer genaueren theoretischen und dogmatischen Analyse kann beispielsweise gezeigt werden, dass es sich bei der Vollstreckungsverjährung nicht um eine gesonderte Form der Verjährung, sondern um einen Teil eines einheitlichen Rechtsinstituts und zudem um einen Spezialfall der Unterbrechung der Verjährung handelt.

 
 

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