Detailseite
Projekt Druckansicht

Humangenetische Beratung in Deutschland/BRD, ca. 1920 bis 1989: Ein Beitrag zur Geschichte der medizinischen Genetik

Antragstellerin Dr. Anne Cottebrune
Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 174904314
 
Die Möglichkeit der genetischen Diagnostik und die ersten Therapieerfolge bei erblich bedingten Störungen haben in den letzten fünfzig Jahren die Definitionsmacht und Wirkungsfelder der Humangenetik grundlegend erweitert und verändert. Mit der Beratung von Paaren mit Kinderwunsch entwickelte sich die Humangenetik seit den 1960er Jahren zu einem wichtigen Teilbereich der präventiven Medizin und förderte in maßgeblicher Weise den Transfer von genetischen Krankheitskonzepten und Erklärungsmodellen in die klinische Medizin. In der Bundesrepublik Deutschland kam es im internationalen Kontext erst spät – in den 1970er Jahren – zu einer Institutionalisierung von humangenetischen Beratungsstellen. Deren Bedeutung ist unter sozial- und wissenschaftshistorischen Gesichtspunkten bislang noch nicht untersucht worden. Das Projekt verfolgt das Ziel, die Rolle der humangenetischen Beratung für den Transformationsprozess der westdeutschen Humangenetik und die Entstehung der sog. medizinischen Genetik herauszuarbeiten. Drei Aspekte werden vorwiegend untersucht. Erstens sollen die wissenschaftlichen und institutionellen Ressourcen für die Etablierung und Entwicklung der humangenetischen Beratung analysiert werden. Wie ist das Konzept der humangenetischen Beratung entstanden und wie etablierten sich humangenetische Beratungsstellen in der BRD? Wie wurden wissenschaftliche Kompetenz- und Geltungsansprüche gegen den Verdacht eugenischer Kontinuität verteidigt? Wer waren die beteiligten Akteure, die institutionellen Träger und Geldgeber humangenetischer Beratung? Zweitens wird die eugenische Dimension der humangenetischen Beratung in einer diachronen Perspektive überprüft. Inwieweit unterscheiden sich neue Formen der humangenetischen Beratung von der früheren Eheberatung, die sich bereits in der Weimarer Republik, aber verstärkt im Nationalsozialismus zu einer staatlich verordneten Regulierung des Fortpflanzungsverhaltens entwickelt hatte? In welchem Ausmaß wurde das Konzept der so genannten nicht-direktiven Beratung, in der der Berater als ein psychotherapeutisch ausgebildeter Informationslieferant fungieren soll, im Laufe der 1980er Jahre in die Praxis umgesetzt? Und drittens soll die Bedeutung der humangenetischen Beratung für die zunehmende Anwendung humangenetischer Erkenntnisse im breiteren Umfeld der klinischen Medizin analysiert werden. Wie wirkte die humangenetische Beratung an der Schnittstelle von biomedizinischen Laborwissenschaften und klinischer Medizin als ein Katalysator für die Verbreitung von genetischen Erklärungsmodellen und Krankheitskonzepten in der Medizin?
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung