Mechanismen des Sulfatangriffes auf Beton. Einfluss von Bindemittelzusammensetzung und Umgebungsbedingungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Mechanismen des Sulfatangriffs auf Beton können im Wesentlichen auf eine Ettringitbildung und unter passenden Voraussetzungen auch einer Gipsbildung zurückgeführt werden. Hinzu kommt, dass es zu einer Lösung von Hydratationsprodukten wie Portlandit und im Weiteren auch CSH-Phasen kommt. Für die Bildung von Ettringit müssen mehrere Kriterien erfüllt sein. Aluminium, Calcium und Sulfationen müssen in ausreichender Konzentration vorhanden sein. Aluminium stammt aus dem Bindemittel, primär aus C3A, woraus sich AFm- und Phasen wie Monocarbonat und aluminiumhaltigen CSH-Phasen während der Hydratation bilden. Die vorliegenden Untersuchungen haben ergeben, dass mit zunehmendem Ettringitgehalt der Monocarbonatgehalt abnimmt. Ettringit bezieht sein Aluminium offenbar aus Monocarbonat. Es ist allerdings offenbar Aluminium in röntgenamorphen Phasen und C4AF enthalten, das für eine weitere Ettringitbildung abgespalten werden kann. Dadurch kann erklärt werden, warum die Ettringitbildung nach dem Verschwinden von Monocarbonat bei Versuchsreihe 3 und 4 nicht stoppt, sondern sich noch weiterer Ettringit bildet. Es wird daher auch vermutet, dass primär Al3+ aus AFm (hier Monocarbonat) für eine Ettringitbildung verbraucht wird. Diese Korrelation zwischen Ettringit und Monocarbonat konnte sowohl anhand von Pulverproben als auch an Zylinderproben nachgewiesen werden. Bei Zementstein-Pulverproben < 63 µm, bei denen die Diffusion vernachlässigt werden kann, kommt es, unabhängig von der Sulfatkonzentration, zu einer relativ schnellen Ettringitbildung. Bei Zylinderproben, bei denen die Diffusion der Ionen eine entscheidende Rolle spielt, ist die Ettringitbildung mit zunehmender Tiefe abhängig von der Konzentration der Lagerungslösung. In Sulfatlösungen höherer Konzentration kommt es in tieferen Bereichen der Zylinder schneller zu einer Ettringitbildung als in Sulfatlösungen mit geringerer Konzentration. Portlandit wird in destilliertem Wasser gelöst, wodurch es in der Lösung zu einer Anreicherung von Calcium kommt. In Sulfatlösungen geht die Auflösung von Portlandit schneller voran, da Calciumionen für eine Ettringitbildung, bzw. in höheren Sulfatkonzentrationen zusätzlich für eine Gipsbildung aufgebraucht werden. Nach 14 Tagen Lagerungszeit ist bei Zementstein-Pulverproben, in denen sich neben Ettringit zusätzlich Gips gebildet hat, der gesamte Portlanditgehalt, von ursprünglich ca. 16 M.-%, vollständig verbraucht. Gips bildet sich in Sulfatlösungen von 15, 30, und 45 g SO42-/l bei einem Feststoff-Lösungs-Verhältnis von 1:45. Bei Zementstein-Pulverproben kommt es relativ schnell zu einer Gipsbildung, die bereits nach 24 Stunden ihren Höhepunkt erreicht, ehe der Gipsgehalt in der Probe wieder abnimmt. Die Reduktion von Gips nach einer bestimmten Zeit kann auf zweierlei Faktoren zurückgeführt werden. Zum einen steigt der pH-Wert über 12,9. Bei pH-Werten höher 12,9 fällt der Sättigungsindex von Gips, abhängig von der Sulfat- und Calciumkonzentration, unter Null, d.h. Gips ist in der Lösung untersättigt und fällt nicht mehr aus, im Gegenteil, es geht vermutlich ein Teil des bereits gebildeten Gipses wieder in Lösung. Zum anderen kommt es genau zu dem Zeitpunkt zu einem Abfall an Gips, wenn Portlandit zur Gänze aufgebraucht ist und daher Calcium nicht mehr so leicht mobilisiert werden kann. Zusätzlich wird Gips für eine Ettringitbildung verbraucht. Sulfatangriff auf Beton ist ein komplexer Vorgang, der von der Koppelung mehrerer Mechanismen bestimmt wird. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Lösungsgleichgewichte von Ettringit, Gips, Portlandit und Monocarbonat im Zementsteinporengefüge in Abhängigkeit von Temperatur, pH und Sulfatkonzentration die Bildung und Lösung von Phasen und damit die Zerstörung des Porengefüges mitbestimmen. Dabei wird die Bildung von Ettringit von einer Reaktionskinetik gesteuert. Die Konzentrationen der beteiligten Spezies in der Porenlösung werden von der Diffusion in der Porenlösung bestimmt, so dass unterschiedliche Verteilungen der Phasen über die Tiefe des Betons entstehen. Die Koppelung der verschiedenen Mechanismen (Fällung, Lösung, Reaktionskinetik, Diffusion) kann nur mit Hilfe eines numerischen Rechnungsmodells verstanden werden, mit welchem die Messergebnisse der Versuche mit Pulver wie auch Zylinder simuliert werden können. Im zweiten Förderungsabschnitt soll der Einfluss der Bindemittelzusammensetzung auf die Lösung und Transport der beim Sulfatangriff beteiligten Spezies und Phasen untersucht werden, wobei die Verringerung der Diffusionsgeschwindigkeit durch den Einsatz von Flugasche ein Schwerpunkt ist. Des Weiteren ist es unumgänglich, die Diffusion der Ionen in Abhängigkeit vom w/z-Wert und Änderungen in der Porosität durch die Bildung/Lösung von Phasen zu untersuchen. Hat man die Mechanismen des Sulfatangriffs verstanden und wurden ausreichende Informationen über Diffusion, Transportvorgänge und die Porosität gewonnen, dann ist es möglich, den Sulfatangriff auf Beton umfassend zu verstehen und, darauf aufbauend, in der Zukunft präzisere Prüfverfahren für den Widerstand des Betons gegen den Sulfatangriff zu entwickeln. Dafür soll ein eigenes Rechenmodell speziell für den Sulfatangriff auf Beton entwickelt werden.