Alltagsgetränk und Rauschmittel im kolonialen Diskurs: Produktion, Handel und Konsum von Alkohol und öffentliche Debatten in Dänisch-Ostindien (17. - 19. Jahrhundert)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt untersuchte den Handel, Konsum und Mißbrauch von Alkohol sowie die damit verbundenen einschlägigen öffentlichen Debatten in Dänisch-Ostindien zwischen 17. und 19. Jahrhundert. Konkret wurden quantitative und qualitative Gesichtspunkte behandelt und miteinander in Bezug gesetzt. So interessierte insbesondere die Frage, ob der in der zeitgenössischen kolonialen Wahrnehmung immer wieder beobachtete übermäßige Alkoholkonsum in den dänischen Handelsplätzen am Indischen Ozean mit konkret meßbaren Daten in Übereinstimmung zu bringen war. Zu diesem Zweck wurden unter anderem die See- und Landzollregister dänischer Handelsplätze in Hinblick auf den Im- und Export alkoholischer Getränke ausgewertet. Dabei stellte sich heraus, daß die Menge der aus Europa sowie aus anderen europäischen Kolonien in Asien eingeführten Alkoholika beträchtlich war und in einzelnen Jahren allein in der Hauptniederlassung Tranquebar neben Bier, Genever und Likör mehr als 10.000 l Rotwein über Kopenhagen eingeführt werden konnten. Nur ein kleiner Teil dieser Menge blieb jedoch in der dänischen Kolonie, während der größte Teil im intra-asiatischen Handel re-exportiert wurde. In Abhängigkeit von der Ankunft der europäischen Interkontinentalschiffe erreichten alkoholische Getränke Tranquebar aber auch über andere europäische Handelsplätze. Der Alkoholhandel war also multidirektional und umfasste sowohl Interkontinentalhandel als auch intra-asiatischen Handel. Daneben partizipierten die dänischen Handelsplätze an einer beträchtlichen Produktion und am Handel einheimischer alkoholischer Getränke, in erster Linie von Arrak. Es ließen sich mit einer gewissen Unschärfe aus dem Alkoholmißbrauch hervorgehende Krankheitsursachen und Todesfälle rekonstruieren. Im Gegensatz zur qualitativen Analyse erwies sich die Untersuchung der mit dem Thema verbundenen diskursiven Ebene in Anbetracht einer schwierigeren Quellenlage als problematischer. Vor allem gaben die Missionsquellen aus den Missionsarchiven in Halle und Herrnhut Auskunft über die Wahrnehmung von Alkoholgenuß und von zeitgenössischen Temperenzdebatten. Insgesamt zeigte sich, daß solche Debatten in Dänisch-Ostindien mit einer etwas größeren Liberalität geführt wurden als in Europa. Das Projekt ermöglichte einen beispielhaften wie repräsentativen Einblick in ein bislang so gut wie nicht erforschtes Untersuchungsfeld.