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Molekulare und funktionelle Charakterisierung von Peptid-aktivierten Ionenkanälen im Süßwasserpolypen Hydra magnipapillata

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 178157689
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Süßwasserpolyp Hydra gehört zum Stamm der Nesseltiere (Cnidaria). Hydra besitzt ein einfaches und möglicherweise ursprüngliches Nervensystem, das viele Neuropeptide nutzt. Wir haben zehn Untereinheiten von ionotropen Neuropeptid-Rezeptoren aus Hydra kloniert, die Hydra Na+ Kanäle (Hydra Na+ channels; HyNaCs). HyNaCs gehören zur Familie der DEG/ENaC Ionenkanäle, die Trimere bilden. Durch in situ Hybridisierung konnten wir insgesamt sechs heterotrimere HyNaCs in Epithelmuskelzellen lokalisieren, vier an der Basis der Tentakel und zwei in der Fußregion. Epithelmuskelzellen sind das funktionelle Äquivalent von quergestreiften Muskelzellen. Die Liganden der HyNaCs, die Hydra-RFamide, sind kurze Neuropeptide und kommen in large dense-core Vesikeln von Neuronen vor, die Epithelmuskelzellen innervieren. Wir vermuten daher, dass HyNaCs an der neuromuskulären Übertragung in Hydra beteiligt sind und u.a. Tentakelkontraktionen koordinieren. Inhibitoren der HyNaCs, Amilorid und Diminazen, verlangsamen die Tentakelkontraktionen deutlich, was diese Hypothese bestätigt. Die Vielfalt an Peptid-aktivierten Ionenkanälen in Hydra könnte der Feinabstimmung der Ligandenaffinität und/oder der subzellulären Verteilung dienen. Unsere Ergebnisse, die wir im Rahmen der DFG-Förderung gewonnen haben, deuten also darauf hin, dass das Hydra-Nervensystem Neuropeptide für die schnelle synaptische Übertragung an neuromuskulären Synapsen nutzt. Da Insekten und Wirbeltiere Glutamat bzw. Acetylcholin für die neuromuskuläre Übertragung nutzen, wäre dies ein neuartiger Mechanismus. Ionenkanäle mit einer hohen Verwandtschaft zu HyNaCs innerhalb der DEG/ENaC-Genfamilie kommen auch in anderen einfachen Metazoen vor, wie z.B. dem Placozoen Trichoplax und dem Cnidarier Nematostella (Klasse Anthozoa). Ionotrope Neuropeptidrezeptoren könnten also in einfachen Metazoen relativ verbreitet sein und wären dann im Laufe der Evolution durch ionotrope Rezeptoren verdrängt worden, die durch kleine Liganden wie Acetylcholin oder Glutamat aktiviert werden. Unsere Ergebnisse haben also möglicherweise weitreichende Implikationen für die Evolution der synaptischen Transmission.

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