Mittelalterliche Handschriften: Erschließung von Kleinsammlungen mittelalterlicher Handschriften in Sachsen und dem Leipziger Umland
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Erschließung kleiner und kleinster Sammlungen mittelalterlicher Handschriften außerhalb der großen wissenschaftlichen Bibliotheken steht für weite Teile Deutschlands derzeit noch aus. Dabei bergen gerade diese in der Forschung zumeist kaum bekannten Bestände eine Fülle neuen Quellenmaterials für die historischen Disziplinen. Das DFG-geförderte Pilotprojekt am Handschriftenzentrum der Universitätsbibliothek Leipzig sollte die Machbarkeit solcher Kooperationsprojekte mit mehreren Institutionen unterschiedlichster Art und Trägerschaft und den Ertrag für die Wissenschaft bei der Erschließung von Kleinbeständen austesten. Zwischen Sept. 2010 und Dezember 2015 wurden insgesamt 107 mittelalterliche Handschriftencodices und -fragmente von acht Institutionen nach dem DFG-Standard der Tiefenerschließung bearbeitet. Beteiligt als Projektpartner waren kirchliche, kommunale, Landes- und Bundeseinrichtungen (Bistumsarchiv Görlitz / Pfarrbibliothek Jauernick, Domstiftsbibliothek Naumburg, Stiftsbibliothek Zeitz, Leipziger Städtische Bibliotheken, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Schloss Rochlitz - Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen GmbH, Bundesverwaltungsgericht Leipzig, Deutsche Nationalbibliothek Leipzig - Deutsches Buch- und Schriftmuseum). Im Rahmen der DFG-Pilotphase Handschriftenerschließung konnten 2014/15 alle Handschriften digitalisiert werden. Die Bereitstellung der Erschließungsdaten und Digitalisate erfolgte projektbegleitend über das zentrale Handschriftenportal Manuscripta Mediaevalia. Das Projekt führte erwartungsgemäß zu einer großen Anzahl von Neufunden, wobei sowohl bislang unbekannte lateinische und deutsche Texte entdeckt wurden als auch eine Fülle neuer Textzeugen zu bereits bekannten Werken. Auch in Hinblick auf die kaum erforschte liturgische Überlieferung im ostmitteldeutschen Bereich und die Geschichte der Buchmalerei in diesem Gebiet erbrachte das Projekt entscheidende Fortschritte. Einzelne Funde, darunter Reste einer der ältesten Parzival- Handschriften, stießen auf ein überregionales und internationales Medienecho. Das Projekt führte in den beteiligten Partnerinstitutionen nicht nur zur Auffindung weiterer Handschriftenzeugnisse, die in der zweiten Förderphase mit in das Projekt integriert werden konnten, sondern vor allem auch zu Rückmeldungen weiterer handschriftenbesitzender Kleinsammlungen beim Leipziger Handschriftenzentrum, was schließlich in ein weiteres DFG-Erschließungsprojekt mit 11 Partnerinstitutionen mündete, das Anfang 2016 seine Arbeit an der UB Leipzig aufgenommen hat. Der Fund des sorbischen Vers-Eintrags in der Handschrift Görlitz, Bistumsarchiv – Jauernick, Pfarrbibl., Nr. 2 wurde am 13. Mai 2011 auf einer Pressekonferenz im Bischöflichen Ordinariat Görlitz präsentiert, über die in den regionalen und überregionalen Print-, TV- und Onlinemedien berichtet wurde. Der Fund des Parzival-Fragments Naumburg, DoB, Nr. 64 wurde am 24. Juni 2014 auf einer Pressekonferenz in Leipzig präsentiert und erfuhr breite Beachtung in überregionalen und internationalen Print- und Online-Medien. Projekthomepage: https://www.ub.uni-leipzig.de/forschungsbibliothek/projekte/projekte-chronologisch/kleinsammlungen-mittelalterlicher-handschriften-erschliessung
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Ein reicher Fundus für Neuentdeckungen. Start für ein DFG-Projekt zur Erschließung mittelalterlicher Klein(st)bestände in Sachsen und dem Leipziger Umland am Handschriftenzentrum der UB Leipzig, in: BIS 3 (2010), S. 250–253
Christoph Mackert
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Mirakel, Nürnberger Prozessionsgesänge und ein sorbisches "Schätzchen". Ein Erschließungsprojekt zu Kleinsammlungen an der Universitätsbibliothek Leipzig, in: BIS 4 (2011), S. 214-217
Matthias Eifler
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Aus der Luckauer Klosterbibliothek. Eine Handschrift von 1510 mit dem ältesten sorbischen Textzeugnis aufgefunden, in: Luckauer Heimatkalender 44 (2012), S. 11-17
Matthias Eifler
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Ausschnitte aus dem Graduale und Antiphonar für den Merseburger Dom, mit frühneuzeitlichen Nachträgen der „Alleluia-Schützen“ (Kat. VI.4), in: Thilo von Trotha. Merseburgs legendärer Kirchenfürst, Ausstellungskatalog, hg. von Markus Cottin u. a., Petersberg 2014, S. 246-250
Matthias Eifler
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Leipziger Handschriftenfunde I. Ein neu aufgefundenes Fragment von Wolframs 'Parzival' aus Naumburg, in: ZfdA 143 (2014), S. 306-332
Matthias Eifler / Christoph Mackert / Michael Stolz
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Fragment eines geometrischen Traktats (Geometria incerti auctoris) (Kat. IV.2), in: 1000 Jahre Kaiserdom Merseburg, Ausstellungskatalog, hg. von Markus Cottin u. a., Petersberg 2015, S. 240f.
Matthias Eifler
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Mittelalterliche liturgische Handschriften aus den Bistümern Naumburg, Merseburg und Meißen. Beobachtungen zum Entstehungsprozess, zum Inhalt und zur Verwendung in der Frühen Neuzeit, in: Jahrbuch für mitteldeutsche Kirchen- und Ordensgeschichte 11 (2015), S. 335-375
Matthias Eifler
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Zum Buchbesitz Naumburger Kanoniker im 15. Jahrhundert. Ergebnisse eines Erschließungsprojektes am Leipziger Handschriftenzentrum, in: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 23 (2015), S. 41-60
Matthias Eifler
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Die mittelalterlichen Handschriften und Fragmente der ehemaligen Reichsgerichtsbibliothek. Ergebnisse eines Erschließungsprojektes am Leipziger Handschriftenzentrum, in: Symposion 120 Jahre Reichsgerichtsgebäude, hg. von Klaus Rennert und Bettina Limperg. München 2016. S. 147 ff.
Matthias Eifler
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Eine neu aufgefundene Handschrift aus dem Dominikanerkloster Luckau. Beobachtungen zu Bettelordensklöstern als Lehreinrichtungen, in: Die Bettelorden in den beiden Lausitzen, hg. von Annegret Gehrmann, Berlin 2017. S. 347 ff.
Matthias Eifler