Austauschprozesse von Xenobiotika an der Grenzfläche Wasser/Atmosphäre
Final Report Abstract
Durch Austauschprozesse zwischen Ozean und Atmosphäre gelangen die im Wasser enthaltenen Schadstoffe in die Luft und in das Aerosol und tragen so zur Belastung der Luft in Küstennähe bei. Einige Problemstoffe können dabei in der Atmosphäre über weite Entfernungen transportiert werden und zur Belastung von Regionen wie der Arktis beitragen. Im vorliegenden Vorhaben sollten die Austauschprozesse betrachtet werden, die den Transfer von organischen Xenobiotika zwischen Ozean und Atmosphäre dominieren. Hierzu wurden Turbulenzmessungen in der oberen Wasserschicht im Zusammenwirken mit den Universitäten in Miami (RSMAS) und Fort Lauderdale (NSU) sowie schwerpunktmäßig Messungen zum atmosphärischen Eintrag, der durch brechende Wellen und damit durch aufsteigende Luftblasen hervorgerufen wird, durchgeführt. Mit diesem Ziel wurden im Labor Versuche an einem mit Salzwasser gefüllten Modellwellenkanal durchgeführt. Dem Wasser waren relativ weit verbreitete Wasserkontaminanten und typische Vertreter von Stoffklassen verschiedener Polaritäten zudotiert, α-HCH, cis- Chlordan, PCB 153 und Ibuprofen. Über ein Gaseinleitungsrohr mit einem Düsenkopf wurden Luftblasen in das Wasser eingeleitet und die beim Zerplatzen in die Luft geschleuderten Jet Drops durch einen Kollektor mit Filterpapier aufgefangen. Das Filterpapier wurde extrahiert und der Extrakt mittels GC-ECD bzw. GC-MS auf die Analyten untersucht. 30 Minuten wurden als Standardversuchsdauer gewählt und alle Ergebnisse auf Analytkonzentrationen von 10 ng/L bezogen. Die Aufstiegshöhen der Luftblasen im Wasserkörper wurden in 15 cm-Schritten zwischen 5 cm und 105 cm variiert. Bei cis-Chlordan und PCB 153 wurde mit zunehmender Aufstiegshöhe zunächst ein Anstieg der Austauschrate festgestellt, bis im Bereich 60-80 cm ein Sättigungswert erreicht wurde. Bei α-HCH hingegen war kaum eine Änderung festzustellen, und bei Ibuprofen nahm die Austauschrate mit zunehmender Aufstiegshöhe sogar konstant ab. Dieser zunächst überraschende Befund wurde durch eine Konkurrenz der Moleküle der verschiedenen Analyten um die Adsorptionsplätze auf der Blasenoberfläche erklärt. Wenn die Luftblasen einen größeren Weg durch den Wasserkörper zurücklegen, werden hierbei die unpolareren Moleküle bevorzugt. Durch Verwendung von Düsenköpfen mit unterschiedlichen Lochdurchmessern wurden Blasen verschiedener Größe erzeugt. Ein Vergleich der pro Blase transportierten Analytmenge mit der Blasengröße brachte ähnliche Resultate wie schon die Änderung der Blasenaufstiegshöhe. Ein Anstieg mit zunehmender Blasengröße war vor allem bei cis-Chlordan und PCB 153 zu erkennen, während für Ibuprofen eine Abnahme verzeichnet wurde. Die Verwendung größerer Blasen führt also zu einem besseren Transport der unpolaren Analyten zur Wasseroberfläche. Gleichzeitig führt sie aufgrund der reduzierten Anzahl von Jet Drops allerdings auch zu einem geringeren Transport aller Analyten von der Wasseroberfläche in das Aerosol. In weiteren Versuchen wurde die Wasseroberfläche mit Oberflächenfilmen aus OLA(EtOH), PME(EtOH) und PME(Hex) bedeckt und deren Einfluß auf die Austauschraten untersucht. In Gegenwart eines PME(Hex)-Films wurden aufgrund seiner rigiden Struktur, die den Transport durch die Grenzschicht erschwert, die niedrigsten Werte beobachtet. Bei den anderen Filmen zeigen die Analyten unterschiedliches Verhalten. α-HCH weist erhöhte Austauschraten auf, begründet durch die bessere Analytanreicherung in der Grenzschicht und Analytnachschub durch Nachspreiten. Bei PCB 153 überwiegt hingegen der Barriereeffekt der Filme. Nach Abschluß der Messungen im Labor wurden im Rahmen einer Forschungsreise mit der FS Alkor in der Ostsee Realproben von Wasser, Aerosol und Luft genommen. Für das Arkona-Becken wurde die α-HCH-Konzentration auf 0,28 ng/L und für die Gotlandsee auf 0,35 ng/L bestimmt. Aerosolproben wurden bei geeigneten Wetterbedingungen mit einer selbstgebauten Apparatur genommen, montiert auf einem Schwimmer. Normiert auf die Laborstandard-Bedingungen, berechnet sich für die Gotland-See ein Wert von 3,5 ng α- HCH. Der entsprechende Vergleichswert aus dem Labor beträgt 3,1 ng. Ihre Abweichung voneinander ist also relativ gering. Somit konnte gezeigt werden, daß die im Labor erhaltenen Ergebnisse auf die tatsächlichen Bedingungen auf dem Meer übertragbar sind.
Publications
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(2010). Ozean/Atmosphäre-Austauschprozesse von unpolaren und polaren organischen Xenobiotika. Dissertation, Universität Hamburg, 143 pp.
J. Rueß
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(2011). Modification of turbulence at the air-sea interface due to the presence of surfactants and implications for gas exchange. Part I: laboratory experiment. In: Gas Transfer at Water Surfaces, Kyoto University Press, 245 – 258
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