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Identifizierung und Charakterisierung HERV-LTR-initiierter regulatorischer RNA und ihre Bedeutung für die Karzinogenese

Fachliche Zuordnung Hämatologie, Onkologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 182168911
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das menschliche Erbgut enthält mehr als 500.000 genetisch mobile Elemente mit Promotorfunktion, die als „long terminal repeats“ (LTR) humaner endogener Retroviren (HERV) klassifiziert werden. Die in ihnen enthaltenen Steuersequenzen initiieren schätzungsweise zehnmal mehr Transkripte als alle ~30.000 zellulären Gene zusammen. Das dabei transkribierte Volumen ist äquivalent zu ungefähr 20% des Genoms. Die biologische Funktion dieser Bestandteile des Transkriptoms ist unklar. Während man vor einigen Jahren noch glaubte, diese Sequenzen seien unnötiger genetischer Ballast („junk“), gibt es heute verlässliche Anhaltspunkte dafür, dass HERV-Sequenzen im Laufe der Evolution wichtige Funktionen für die Genregulation übernommen haben. Um zu untersuchen, ob LTR-initiierte nichtkodierende Transkripte (ncRNAs) die Genexpression beeinflussen, haben wir erstmalig mittels der RNA-Interferenz-Technologie ein globales „silencing“ eines HERV-Taxons (HERV-E LTR-initiierter Transkripte) durchgeführt und die Auswirkung auf das Genexpressionsprofil und den Phänotyp normaler Zellen (NHDF, UROtsa) und Tumorzellen (SW480, HTC15) untersucht. Mit Hilfe einer genomweiten Microarray-basierten Genexpressionsanalyse konnten wir 80 Gene identifizieren, die unter dem Einfluss von HERV-E- LTR gerichteter siRNA differentiell reguliert werden. Bei sieben Genen, bei denen die siRNA- Behandlung zu veränderten Transkriptspiegeln führte, liegt eine HERV-E-LTR intronisch (PLA2G4A, GPC3) oder in der 5’- oder 3’-Region des entsprechenden Genlocus (G1P3, UCP2, HSP90AA1, PROCR, HIST1H4C) vor. Unerwarteterweise führte in normalen Urothelzellen (UROtsa) die selektive siRNA-Behandlung zur Induktion von Apoptose mit entsprechenden phänotypischen Veränderungen in der Zellkultur. Als „proof of principle“ für unsere Hypothese der HERV-assoziierten Genregulation wurde das Gen PLA2G4A, das für die zytosolische Phospholipase A2 kodiert, mit Hilfe molekularer Methoden und eines funktionalen Zellmigrationstests im Detail analysiert. Die genomische Analyse ergab, dass ein komplettes HERV-E Element (= HERV-Ec1) im Intron von PLA2G4A lokalisiert ist und durch „antisense“-Regulation die Transkriptspiegel und Expression von PLA2G4A reziprok reguliert. Dieser Effekt konnte auch in 7 von 11 Proben von Patienten mit Urothelkarzinom nachgewiesen werden. Im Migrationstest fanden wir eine erhöhte Mobilität von Urothelzellen nach Hemmung von HERV-Ec1. Unsere Ergebnisse für PLA2G4A lassen beispielhaft den Schluss zu, dass HERV-Elemente tatsächlich in der Lage sind, zelluläre Gene zu steuern und das Mobilitätsverhalten von Urothelzellen in Kultur zu modulieren. Migration und Invasion sind wesentliche Pathogenese-relevante Eigenschaften von Tumorzellen. Ob HERV-Ec1 auch eine Rolle in der Tumorgenese/Metastasierung spielt und damit als Ziel für eine zukünftige Therapie geeignet wäre, muss in zukünftigen Untersuchungen erforscht werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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