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Tiefe Hirnstimulation im Rattenmodell der Alkoholabhängigkeit

Fachliche Zuordnung Klinische Neurologie; Neurochirurgie und Neuroradiologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 183023050
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Entwicklung der Alkoholabhängigkeit beinhaltet Veränderungen in neurobiologischen Netzwerken, die zu anhaltenden neuro-plastischen Anpassungen führen. Aufgrund ihrer Fähigkeit, pathologische Netzwerkaktivitäten direkt und spezifisch zu modulieren, wird die Tiefe Hirnstimulation (THS) derzeitig als Therapiestrategie in der Behandlung der Alkoholabhängigkeit untersucht. Erste Fallberichte zur Nucleus accumbens (Nacc) THS im Rahmen der Alkoholabhängigkeit stimmen optimistisch, aktuelle Untersuchungen zeichnen jedoch ein weniger einheitliches Bild. Im vorliegenden translationalen Projekt untersuchten wir die therapeutische Effektivität der Nacc-THS und ihre funktionell-neurobiologischen Korrelate im alcohol deprivation effect (ADE) Rattenmodell der chronischen Alkoholabhängigkeit. Entgegen unserer initialen Erwartungen fanden wir paradoxe Effekte der Nacc-THS auf Alkoholabhängigkeit: Nacc-THS führte zu einem verstärkten Alkohol-liking und –Rückfall bei reduziertem Alkohol-wanting in alkoholabhängigen Ratten. Durch Korrelationsanalysen, die Untersuchung weiterer THS- Areale, die Kombination von Nacc-THS mit fMRT und neurochemischen Untersuchungen konnten wir bestätigen, dass dieser Effekt spezifisch durch den Nacc und dopaminerg vermittelt wurde. Diese Befunde sind von klinischer Signifikanz, sie verdeutlichen die Notwendigkeit kontrollierter Studien, die über lange Beobachtungszeiträume liking und wanting Aspekte der Alkoholabhängigkeit berücksichtigen. Wir fanden weiter, dass sich die Verhaltenseffekte der Nacc-THS abhängig von der Krankheitsausgestaltung und dem zugrundeliegenden biochemischen Phänotyp verhielten. Von zentraler Bedeutung in der Vermittlung des THS-Effektes war die sich über den Krankheitsverlauf ändernde Reagibilität des Dopamin-Systems im Nacc. Dopamin-Gehalt und beta-Aktivität im Nacc korrelierten invers. Vor diesem Hintergrund sollten zukünftige Untersuchungen erarbeiten, in wieweit sich die Reagibilität des Dopamin-Systems elektrophysiologisch und ggf. bildgebend abbilden lässt und somit als Prädiktor für die THS-Wirkung und als Biomarker für die Entwicklung adaptiver Stimulationsprotokolle dienen kann. Zukünftige Untersuchungen sollten darüber hinaus unter Verwendung eines Versuchsdesigns, das wie hier die Differenzierung in die Abhängigkeitskomponenten liking und wanting erlaubt, weitere potentielle Zielstrukturen der THS berücksichtigen, um Stimulationsprotokolle zu erarbeiten, die neben dem Nacc zur Reduzierung der wanting Komponente ein zusätzliches THS-Areal zur Reduzierung der liking Komponente empfehlen. Zusammenfassend zeigen unsere Arbeiten, dass im Vorfeld zur Etablierung der THS in der Behandlung der Alkoholabhängigkeit grundlegende Fragen in präklinischen Studien gestellt und beantwortet werden müssen. Das Verständnis über die Wirkung der THS in Abhängigkeit von der spezifischen Pathophysiologie ist nicht ausreichend, um einen klinischen Einsatz der THS zum gegenwärtigen Zeitpunkt empfehlen zu können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2015). Altered local field potential activity and serotonergic neurotransmission are further characterstics of the Flinders sensitive line rat model of depression. Behav Brain Res; 291:299-305
    Voget M, Rummel J, Avchalumov Y, Sohr R, Haumesser JK, Rea E, Mathé AA, Hadar R, van Riesen C, Winter C
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.bbr.2015.05.027)
  • (2015). Medial forebrain bundle deep brain stimulation has symptomspecific anti-depressant effects in rats and as opposed to ventromedial prefrontal cortex stimulation interacts with the reward system. Brain Stim; 8(4):714-23
    Edemann-Callesen H, Voget M, Empl L, Vogel M, Wieske F, Rummel J, Heinz A, Mathé AA, Hadar R, Winter C
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.brs.2015.02.009)
  • (2015). Using a maternal immune stimulation model of schizophrenia to study behavioral and neurobiological alterations over the developmental course. Schizophr Res; 166(1-3):238-47
    Hadar R, Soto-Montenegro M, Götz T, Wieske F, Sohr R, Desco M, Hamani C, Weiner I, Pascau J, Winter C
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.schres.2015.05.010)
  • (2016). Deep brain stimulation improves behavior and modulates neural circuits in a rodent model of schizophrenia. Exp. Neurol.
    Bikovsky L, Hadar R, Soto-Montenegro ML, Klein J, Weiner I, Desco M, Pascau J, Winter C, Hamani C
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.expneurol.2016.06.012)
  • (2016). Paradoxical augmented relapse in alcohol dependent rats during deep brain stimulation in the nucleus accumbens
    Hadar R, Vengeliene V, Barroeta Hlusicke, Canals S, Noori HR, Wieske F, Rummel J, Harnack D, Heinz A, Spanagel R, Winter C
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/tp.2016.100)
  • (2016). Testing different paradigms to optimize antidepressant deep brain stimulation in different rat models of depression. J Psych Res.
    Rummel J, Voget M, Hadar R, Ewing S, Sohr R, Klein J, Sartorius A, Heinz A, Mathé AA, Vollmayr B, Winter C
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jpsychires.2016.06.016)
 
 

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