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Die Auswirkungen chronischen Alkoholkonsums auf die Kontrolle von Verhaltensreaktionen: Bedeutung für das Rückfallgeschehen

Antragstellerin Professorin Dr. Sabine C. Herpertz, seit 4/2013
Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 184200247
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung abhängigen Verhaltens gehen heute davon aus, dass es im Verlauf der Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung zu einem Übergang von genussgesteuerten Konsumgewohnheiten zu stark automatisiertem Verhalten kommt, dass durch einen Verlust von kognitiven Steuerungs- und Regulationsfunktionen gekennzeichnet ist. In dem vorliegenden Forschungsprojekt wurden mittels verschiedener behavioraler experimenteller Paradigmen Beeinträchtigungen kognitiver Kontrollprozesse bei alkoholabhängigen Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden erstmals umfassend charakterisiert. Auch wurde der Zusammenhang mit der Rückfallhäufigkeit in den ersten sechs Monaten nach Entzugsbehandlung sowie die Reversibilität von Beeinträchtigungen unter Abstinenz betrachtet. Die Ergebnisse dieses Projekts verdeutlichen, dass alkoholabhängige Patienten bei komplexen kognitiven Anforderungen Probleme mit der korrekten und effizienten Bearbeitung der Aufgaben haben. Es ergaben sich jedoch wenige Hinweise darauf, dass dies auf impulsive, belohnungsorientierte Reaktionen zurückzuführen war, auch wenn Patienten subjektiv impulsives Verhalten berichteten. Defizite der Inhibitionsfähigkeit zeigten sich vielmehr dann, wenn eine wenig komplexe, häufig durchgeführte Reaktion unterdrückt werden sollte, und dieses Defizit war besonders ausgeprägt, wenn eine Reaktion auf alkoholassoziierte Reize inhibiert werden sollte. Im Hinblick auf die Rückfallwahrscheinlichkeit ergab sich zwar kein direkter prädiktiver Wert von kognitiven Defiziten oder Beeinträchtigungen der Inhibitionsfähigkeit auf das Auftreten eines Rückfalls, es wurde jedoch deutlich, dass Defizite der Inhibitionsfähigkeit die Wirkung klassischer Rückfallprädiktoren moderieren. So sagte nur bei Patienten mit ausgeprägten Defiziten der Inhibitionsfähigkeit die Anzahl bisheriger Entgiftungen das Auftreten eines Rückfalls signifikant vorher. Unter Abstinenz erwiesen sich diese Defizite als teilweise reversibel. Dies deutet darauf hin, dass alkoholabhängige Patienten mit vielen vorausgegangen Entgiftungen und Defiziten kognitiver Steuerungs- und Regulationsfunktionen von spezifischen Trainingsmaßnahmen zur Stärkung kognitiver Kontrolle besonders profitieren sollten. Folgeuntersuchungen zur Entwicklung und Evaluierung solcher Trainingsmaßnahmen sind notwendig.

 
 

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