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Temperatur trifft Genetik: Identifikation von Quantitative Trait Loci für die temperaturabhängige Geschlechtsausprägung bei Nilbuntbarschen.

Antragsteller Dr. Stephan Wessels
Fachliche Zuordnung Tierzucht, Tierernährung, Tierhaltung
Förderung Förderung von 2010 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 184201542
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Nilbuntbarsche (Oreochromis niloticus) sind weltweit die zweitwichtigste in Aquakultur produzierte Fischart. Bei der Produktion werden rein-männliche Bestände aufgrund des maternalen Maulbrutverhaltens und dem damit einhergehenden Geschlechtsdimorphismus bevorzugt. Die Erstellung eingeschlechtlicher Bestände in der Aquakultur erfolgt fast ausschließlich über die Gabe synthetischer männlicher Hormone an die Fischbrut. Diese Methode könnte zukünftig von umweltfreundlichen Temperaturprotokollen abgelöst werden. Bei Nilbuntbarschen gibt es neben einer genetischen eine ebenso erbliche temperaturabhängige Geschlechtsausprägung. Die Voraussetzung für deren Nutzung ist eine einfache zuverlässige Identifikation temperatursensibler Elterntiere, die bevorzugt die gewünschten Nachkommengeschlechterverhältnisse durch eine Temperaturbehandlung ermöglichen. Die Nutzung Marker-gestützter Selektion in Aquakulturzuchtprogrammen verkürzt die Zeit zur Identifikation sensibler Tiere und macht eine Testung der Nachkommen weitgehend überflüssig, wodurch auch die Kosten für die Aufzucht enorm reduziert werden. Das Ziel der hier vorgestellten Arbeiten war daher die Identifikation genetischer Marker, die mit der temperaturabhängigen Geschlechtsausprägung bei Nilbuntbarschen assoziiert sind. Die vorliegende Untersuchung erbrachte einen ersten Hinweis auf familien-spezifische Merkmals-Marker-Assoziationen sowie QTL für das temperaturabhängige phänotypische Geschlecht von Nilbuntbarschen auf den Kopplungsgruppen 1, 3 und 23. Weiterhin konnten allele Varianten im amh-Gen identifiziert werden, die eine merkmalsbeeinflussende Wirkung aufweisen. Die mittels ddRad-seq gewonnenen SNP-Daten legen die Vermutung nahe, dass die Kopplungsgruppe 23 und die chromosomale Region um das amh-Gen hauptverantwortlich für die temperaturabhängige Geschlechtsausprägung sein könnten. Populationsübergreifende Assoziationsstudien sollen nun zeigen, ob diese Ergebnisse sich auf andere Populationen übertragen lassen. Des Weiteren soll mittels Re-sequenzierung des Tilapiagenoms und der Identifikation von Selektionssignaturen anhand definierter Genotypen und Geschlechtsphänotypen die genomische Architektur der Geschlechtsdetermination geklärt werden. Im Projektverlauf zeigte sich, dass es trotz der Verwendung einer genetisch reinweiblichen Population und Nachkommentestung mit dem Ziel Männchen in den Kontrollen zu vermeiden in der F2-Generation zu einem signifikanten Anstieg der Anzahl männlicher Tiere. Neben genetischer Drift und zufälliger Akkumulation relevanter autosomaler Loci könnte, so eine Hypothese, auch eine epigenetische Prägung der Elterntiere eine Begründung für diesen Anstieg sein. Im Unterschied zu vorigen Arbeiten der Arbeitsgruppe Aquakultur und Gewässerökologie wurden die in der vorliegenden Arbeit genutzten weiblichen und väterlichen F1-Elterntiere einer Temperaturbehandlung unterzogen. Auf der männlichen Seite waren bereits die Großväter temperaturbehandelt. Daher könnte die Temperaturbehandlung der Elterntiere zu transgenerationalen Effekten auf die Geschlechtsausprägung führen, die z.B. über Methylierungsmuster (oder andere epigenetische Faktoren) an die Nachkommen vererbt werden. Diese Hypothese soll in Folgeuntersuchungen überprüft werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2011): Temperatur trifft Genetik: Molekulargenetische Untersuchungen zum temperaturabhängigen Geschlecht bei Nilbuntbarschen (Oreochromis niloticus). Vortragstagung der DGfZ und GfT am 6./7. September 2011 in Freising-Weihenstephan A17
    Lühmann, L., Knorr, C., Hörstgen-Schwark, G., Wessels, S.
  • (2012). First evidence for family-specific QTL for temperature-dependent sex reversal in Nile tilapia (Oreochromis niloticus). Sex Dev 2012, 6:247–56
    Lühmann, L.M., Knorr, C., Hörstgen-Schwark, G., Wessels, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1159/000339705)
  • 2012. Quantitative and molecular genetic studies on temperaturedependent sex determination of Nile tilapia (Oreochromis niloticus). Dissertation, Georg-August-Univeristät Göttingen
    Lühmann, L.M.
  • 2013. Allele Varianten im Anti-Müller- Hormon- Gen führen zur autosomalen und temperaturabhängigen Geschlechtsumkehr bei Nilbuntbarschen (Oreochromis niloticus). Vortragstagung der DGfZ und GfT am 6./7. September 2013 in Göttingen
    Wessels, S., Sharifi, A. R., Rueansgri, S., Lühmann, L. M., Lauenstein, V., Krause, I., Hörstgen-Schwark, G., Knorr, C.
  • Allelic variant in the anti-müllerian hormone gene leads to autosomal and temperature-dependent sex reversal in Nile tilapia. Aquaculture Conference. 3rd to 7th November 2013 Las Palmas, Gran Canaria, Spain
    Wessels, S., Sharifi, A.R., Rueangsri , S., Lühmann, L-M., Lauenstein, V., Hörstgen- Schwark, G., Knorr, C.
  • (2014). Allelic variant in the anti-müllerian hormone gene leads to autosomal and temperature-dependent sex reversal in a selected Nile tilapia line. PLoS One, 9:e104795
    Wessels, S., Sharifi, R.A., Lühmann, L.M., Rueangsri, S., Krause, I., Hörstgen-Schwark, G., Knorr, C.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0104795)
  • Geschlechtsdetermination bei der Fischart Tilapia. „Geschlechtsabhängige Vererbung – mehr als Gender und Sex. Gemeinsames Symposium Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Österreichische Akademie der Wissenschaften Veterinärmedizinische Universität Wien. 27. – 28. März 2014, Wien, Österreich
    Wessels, S.
 
 

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