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Aufmerksamkeitsprozesse bei der visuellen Suche nach emotionalen Reizen: zentralnervöse Aktivität und Verhaltenskorrelate

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 18448147
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Viele Theorien zur Aufmerksamkeit betonen die besondere Rolle von emotionalen Stimuli bei Aufmerksamkeitsprozessen. In einer von Arne Öhman vorgestellten Theorie {evolved module of fear and fear learning) postuliert er eine schnellere und effizientere Verarbeitung von phylogenetischen furchtrelevanten Stimuli, d.h. von Reizen, die schon früh in der evolutionären Geschichte des Menschen aufgetreten sind und mit Gefahr für den Menschen assoziiert sind (wie Schlangen, Spinnen und bedrohliche Gesichtsausdrücke). In diesem Forschungsvorhaben wurde in einem ersten Schritt untersucht, ob die bevorzugte Verarbeitung auf phylogenetische furchtrelevante Reize beschränkt ist, oder ob emotionale Reize allgemein (also zum Beispiel auch evolutionär neue bedrohliche Reize oder positive Reize) aufmerksamkeitsmodulierende Effekte hervorrufen. Hierzu wurden verschiedene visuelle Suchaufgaben in vier Experimenten durchgeführt. Es zeigte sich, dass nicht nur phylogenetisch furchtrelevante Reize (Schlangen, Spinnen) schneller entdeckt werden als phylogenetisch neutrale Reize (Blumen, Pilze), sondern dass auch evolutionär neue und furchtauslösende Reize (Schusswaffen, Messer) schneller entdeckt werden als evolutionär neue und neutrale Reize (Zahnbürsten, Haarbürsten). Darüber hinaus konnte dieser Suchvorteil auch für emotional positive Reize (Welpen, Kätzchen) nachgewiesen werden. Die bevorzugte Verarbeitung ist nach diesen Ergebnissen also keinesfalls auf phylogenetische furchtrelevante Reize beschränkt, sondern tritt generell bei emotionalen Reizen auf. Diese vier Experimente wurden in einem Manuskript beschrieben, das zur Veröffentlichung eingereicht ist. In einem zweiten Schritt wurde untersucht, welche neuralen Strukturen und Prozesse an der Suche nach furchtrelevanten Stimuli beteiligt sind und wie der zeitliche Ablauf der Prozesse im Zusammenspiel verschiedener Strukturen aussieht. Hierzu wurden in drei weiteren Experimenten mit visuellen Suchaufgaben EEG- und fMRI-Daten erhoben. In zwei EEG-Experimenten zeigte sich erneut, dass furchtrelevante Reize schneller entdeckt werden als neutrale Reize. Überraschendenweise war diese schnellere Entdeckung allerdings nicht von einem replizierbaren neurokognitiven Korrelat begleitet. Zusammenfassend konnten in diesen beiden Experimenten der Reaktionszeitvorteil bei der Suche nach bedrohlichen Reizen also nicht durch kortikale Prozesse aufgeklärt werden. Dabei besteht die Möglichkeit, dass sich ein entsprechendes Korrelat nur in subkortikalen Strukturen finden lässt, deren Aktivität mit einem EEG der Kopfoberfläche nicht registriert werden kann. Dabei ist als subkortikale Struktur besonders die Amygdala als mögliches Korrelat des Suchvorteils prädestiniert, da diese Hirnstruktur bekanntermaßen bei der schnellen Verarbeitung von affektiven Reizen beteiligt ist. In einem kombinierten EEG- und fMRI-Experiment konnte schließlich erneut der Suchvorteil bei furchtrelevanten Reizen bestätigt werden. Überraschenderweise konnte in dieser Studie keine besondere Beteiligung der Amygdala bei der Suche nach furchtrelevanten Reizen nachgewiesen werden. Möglicherweise waren die verwendeten Suchaufgaben so schwer, dass die emotionsverarbeitenden neuralen Netzwerke „abgeschaltet" waren, um die kognitiven Suchprozesse nicht zu behindern. Diese drei Experimente wurden in zwei Manuskripten beschrieben, die zur Veröffentlichung eingereicht sind.

 
 

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