Informationsverteilung, organisationale Hierarchie und Beförderungsmöglichkeiten als Determinanten der Effektivität von Effizienzlöhnen
Accounting und Finance
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der Einsatz von Effizienzlöhnen zur Erhöhung der Produktivität in Unternehmen ist durch eine große Anzahl experimenteller Arbeiten wissenschaftlich untermauert. Es zeigt sich dabei, dass Löhne, die über die übliche Mindestanforderung hinaus gehen, Arbeitseinsatzwahlen induzieren, die im Gegenzug auch das Mindestanstrengungsniveau übersteigen und damit die Gesamtleistung der Organisation erhöhen. Bislang wurde diese positive Lohn-Arbeitseinsatz-Korrelation nur in minimalen Organisationsstrukturen (meist eine bilaterale Arbeitsbeziehung zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer) experimentell nachgewiesen. In dem vorliegenden Projekt erweitern wir diese Forschung in mehreren Dimensionen, insb. hinsichtlich des Einflusses des Unternehmerverlustrisikos, des kollektiven Handelns, der organisationalen Hierarchie, der Informationsverteilung, der Beförderungsmöglichkeiten und der Geldwertschwankungen. Da viele dieser Dimensionen nur im Rahmen größerer Organisationsstrukturen untersucht werden können, führten wir erstmalig Experimente zu 13-lateralen Gift-Exchange-Spielen sowohl in flacher Hierarchie (1 Arbeitgeber, 12 Arbeitnehmer) als auch mit einer mehrgliedrigen Hierarchie (1 Arbeitgeber, 3 Manager, 9 Arbeitnehmer) durch. So sind insgesamt 6 Studien entstanden (davon sind 3 Studien bereits publiziert), in denen jeweils der Einfluss der oben aufgeführten Aspekte auf das Verhalten der Akteure untersucht wird. Die zentrale Frage in allen Studien ist, inwieweit die produktivitätssteigernde Wirkung der Lohn-Arbeitseinsatz-Korrelation vom untersuchten Aspekt verstärkt oder gedämpft wird. Unsere Studien belegen, dass sich die reziproke Lohn-Arbeitseinsatz-Korrelation in fast allen Situationen grundsätzlich positiv auf die Produktivität der Unternehmen auswirkt, aber der Grad der Wirkung substantiell von den strukturellen Gegebenheiten abhängt. Den dramatischsten Zusammenbruch der reziproken Lohn-Arbeitseinsatz-Korrelation beobachten wir in großen Organisationen mit einem Einheitslohn und einer kollektiv handelnden Arbeitnehmerschaft. In dieser Konstellation entsteht eine Lohn-Arbeitseinsatz-Spirale nach unten, die mit rapide sinkender Produktivität einhergeht. Diese negative Entwicklung ist auf das Trittbrettfahrerverhalten jener Arbeitnehmer zurückzuführen, die zwar von der Gruppenreputation (d. h. den durchschnittlich hohen Arbeitseinsätzen anderer) profitieren, aber nicht mit eigenen hohen Arbeitseinsätzen dazu beitragen. Das Freifahrerverhalten wird durch kollektives Handeln (Streiks und Arbeitseinsatzkoordination) tendenziell verstärkt, wodurch die Gesamtproduktivität weiter zurückgeht. Damit verdienen Arbeitnehmer in diesen Organisationen absolut weniger, obwohl das kollektive Handeln dazu führt, dass sie ihren relativen Anteil am Gesamtoutput erhöhen. Erst wenn das Freifahrerproblem gelöst ist (z. B. durch die Möglichkeit bei schlechter Geschäftslage Mitarbeiter zu entlassen), wird die negative Auswirkung des kollektiven Handelns auf die Produktivität deutlich gedämpft. Die zentrale, aber unerwartete Erkenntnis, dass die Möglichkeit Kündigungen auszusprechen eine positive Auswirkung nicht nur auf die Produktivität, sondern auch auf das Einkommen der verbleibenden Arbeitnehmer ausübt, hat eine weitreichende Bedeutung für die Tarifgestaltung und für das Design effizienter Arbeitsmarktregeln. Ebenso überraschend ist auch die zentrale Erkenntnis aus unseren Hierarchie-Studien. Dort beobachten wir, dass Manger (die mittlere Hierarchiestufe) allein schon aufgrund der ihnen zugeteilten Position bereit sind, höhere Arbeitseinsätze zu wählen, obwohl sie durch die Managementaufgabe (die Festlegung der Löhne der Arbeiter in ihrer Business Unit) mehr belastet sind als die Arbeiter (die untere Hierarchiestufe). Der erhöhte Arbeitseinsatz der Manager (den wir auch dann beobachten, wenn kein Karriererisiko vorliegt), führt aber nicht dazu, dass die Gesamtproduktivität der mehrstufigen Organisation im Vergleich zu einer flachen Organisation höher ausfällt. Dies liegt daran, dass die größere Distanz der Arbeitnehmer zur Unternehmensleitung in der hierarchischen Organisation zu einer Senkung ihres Arbeitseinsatzes führt. Der niedrigere Arbeitseinsatz der Arbeitnehmer wird aber nicht von dem höheren Arbeitseinsatzes der Manger ausgeglichen. Somit bestätigen unsere Experimente, dass in mehrstufigen Organisationsstrukturen einerseits positive Arbeitsanreize durch die Vergabe von Managerposten ausgehen, aber andererseits durch die erhöhte organisationale Distanz zwischen Unternehmensführung und den Arbeitnehmern die reziproke Lohn-Arbeitseinsatz-Korrelation auf den unteren Organisationsstufen deutlich gedämpft wird. Es scheint, dass die Bekanntgabe der Löhne hierbei eine verstärkende Rolle spielt. Diese Erkenntnisse haben für das Design von Unternehmen und anderen Organisationen eine grundlegende Bedeutung.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2012). Fair wages when employers face the risk of losing money. Economics Letters, 117(3), 687-690
Gose, K. und Sadrieh, A.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.econlet.2011.12.073) - (2013). Fair wages survive multiple sources of income inequality. Economics Letters, 121(3), 473-477
Gose, K.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.econlet.2013.09.031) - (2014). Strike, coordination, and dismissal in uniform wage settings. European Economic Review (2014), 70, 145-158
Gose, K. und Sadrieh, A.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.euroecorev.2014.04.001)