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Spannungs- und dehnungsinduzierte rissbildende Korrosion an Magnesiumlegierungen

Antragsteller Dr.-Ing. Manfred Gugau (†)
Fachliche Zuordnung Materialien und Werkstoffe der Sinterprozesse und der generativen Fertigungsverfahren
Förderung Förderung von 2005 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 18488448
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurden grundlegende Fragestellungen zum Spannungsrisskorrosions verbalten der Magnesiumlegierungen AM50 und AZ91 geklärt. Spannungsrisskorrosion tritt an für diese Schädigungsart anfälligen Werkstoffen unter gleichzeitiger Beanspruchung durch kritische Zugspannungen und spezifische korrosive Umgebungsbedingungen auf. Der Einfluss der korrosiven Umgebungsbedingungen wurde an gegossenen Flachzugproben unter konstanter Dehnung untersucht. An der Legierung AM50 war unter keiner der getesteten Umgebungsbedingungen Spannungsrisskorrosion feststellbar. An AZ91-Proben in auf pH 10 konditionierter 10%iger Harrison-Lösung lag ab 70 % der Streckgrenze eine Spannungsrissgefährdung vor. In einer auf pH 10 angehobenen 0,05%igen NaCl-Lösung traten keine Spannungsrisse an AZ91 auf. In Langsamdehnversuchen konnte die zur Schädigung beitragende Wirkung von Ammoniumsulfat aufgezeigt werden. Generell konnte gezeigt werden, dass für eine Spannungsrissgefährdung im passiven Werkstoffzustand die Anwesenheit eines passivschichtschädigenden Anions notwendig aber nicht ausreichend ist. Die für die Spannungsrisskorrosion im passiven Oberflächenzustand nötige Deckschichtbildung wurde in einem Lastsprungverfahren untersucht. Die Proben werden hier schlagartig auf die volle Streckgrenze des Werkstoffs belastet. Mittels elektrochemischer Verfahren konnte aufgezeigt werden, dass vor dem Lastsprung eine mit der Zeit ansteigende Passivierung vorliegt sowie eine nach dem Lastsprung einsetzende Erholung des Potenzials. Nach 10 Minuten nach dem Lastsprung wies das Potenzial ähnliche Werte auf wie vor dem Lastsprung. Die für die Repassivierungseigenschaften herangezogenen Polarisationswiderstände des Werkstoffs steigen nicht mehr auf die vor dem Lastsprung gemessen Werte. Dies folgt aus der aufgebrachten, statischen Dehnung und der damit einhergehenden mikroskopischen Verletzungen der Werkstoffoberfläche, an denen keine vollständige Repassivierung erfolgen kann. Eine Untersuchung des Temperatureinflusses auf die Spannungsrisskorrosion an AZ91 wurde in Zugversuchen an 25 °C, 35 °C und 60 °C durchgeführt. Im Rahmen der Versuche kam es aufgrund der Temperaturszunahme von 25 °C auf 35 °C bei hohen mechanischen Spannungen nahe der Streckgrenze zu früheren Brüchen und einer großen Streuung bei mittleren Spannungsniveaus. Korrosionsvorgänge werden durch erhöhte Temperaturen gefordert, sodass dies unter mechanischelektrochemischer Komplexbeanspruchung zu einer Destabilisierung der Deckschichten führt. Dadurch wird ein passiver Werkstoffzustand mit lokal depassivierten, aktivierten Bereichen vermieden, der als Ausgangspunkt für spannungsinduzierte Risse wirkt. Auch ein Einfluss von Spannungsabbauenden Kriechvorgängen kann nicht ausgeschlossen werden. Bei auf 60 °C erhöhter Temperatur kommt es zu einer weiteren Abnahme der Spannungsrisskorrosionsempfindlichkeit mit starker, flächiger Schädigung und deutlichen Korrosionsmulden, was zu rein spannungsinduzierten Brüchen infolge einer hohen Kerbwirkung führte. Eine für Spannungsrisskorrosion im passiven Werkstoffzustand notwendige Deckschichtbildung lag in diesem Zustand nicht mehr vor. In einer Versuchsreihe an AZ91-Proben in 10%iger Harrison-Lösung (pH 10) unter konstanter Dehnung und kathodischer Polarisation konnte gezeigt werden, dass es sowohl zu Brüchen während der Polarisation als auch nach Zurücknahme der Polarisation im unpolarisierten Bereich kommen kann. Die Brüche im Bereich nach der Polarisation können auf eine kerbinduzierte Rissbildung an Lochkorrosionsstellen und Probenkanten aufgrund lokal depassivierter Oberflächenbereiche zurückgeführt werden. Die Brüche während der kathodischen Polarisation sind möglicherweise einer unterstützenden Wirkung einer wasserstoffinduzierten Rissbildung zuzuordnen. An Flachproben mit im Gusszustand belassenen Werkstoffoberfläche und gebrochenem Gussgrat konnten die Bauteilkanten als Rissinitiierung sort bestimmt werden. Ein an einer Kante entstandener Riss wuchs mit großen Rissfortschrittsraten, bis er eine gegenüberliegende Bauteilkante erreichte. Sekundärrisse und aufeinander zulaufende Risse konnten ebenfalls beobachtet werden. An geschliffenen Proben traten unter identischen Bedingungen keine Spannungsrisse auf Dies konnte auf im Kantenbereich vermindert vorliegende, kerbscharfe Oberflächenunebenheiten und eine gegenüber Gusshaulproben bessere Passivierung zurückgeführt werden. Zusammenfassend können die im Rahmen dieses Forschungsvorhabens untersuchten Einflüsse und Auswirkungen wie folgt stichpunktartig aufgelistet werden: • Keine Spannungsrisskorrosionsgefährdung bei AM50 unter den gewählten Beanspruchungen. • Ein Versagen bei AZ91-Proben unter dem Einfluss von destilliertem Wasser, erhöhten Luftfeuchten von 65 % bis 97 % und Klimawechseltest trat nicht auf • Eine Spannungsrissgefährdung lag bei 10%iger Harrison-Lösung (pH 10) ab einer mechanischen Belastung von 0,5*Rpo,2 sowie unter verschärfter Freibewitterung und l*Rpo,2 vor. • In 10%iger Harrison-Lösung (pH 10) konnte eine zeitlich ansteigende Passivierung im unbelasteten Zustand und nach einer schlagartigen Lastzunahme für derartige Systeme schnelle Erholung des Potenzials nach 10 Minuten beobachtet werden. Eine Repassivierung auf ähnliche Potenzial Werte wie vor dem Lastsprung erfolgte nach weiteren 35 Minuten. • Ein Temperaturanstieg von 25 °C auf bis zu 60 °C führt zu einem Mechanismenwechsel von lokal depassivierter Oberfläche und lokaler Korrosion mit Risswachstum zu einer weiteren Depassivierung der Werkstoffoberfläche. Dies führte zu aktiver, muldenartiger Korrosion, einem Rückgang der Spannungsrisskorrosionsempfindlichkeit und Versagen durch rein mechanisch induzierte Rissbildung. • An AZ91-Proben unter kathodischer Polarisation wurde eine bis zum Probenbruch führende Rissbildung festgestellt, die einer Wasserstoffversprödung zugeschrieben wird. • Risse gehen stets von Oberflächenrauigkeiten im Kantenbereich oder an lokalen Korrosionsstellen aus, die unter mechanischer Last eine lokale Spannungskonzentration bewirken. • Es konnte ein direkter Zusammenhang zwischen steigender mechanischer Belastung und fallendem Freien Korrosionspotenzial als Merkmal des Zustands der Passivschicht gefunden werden. Ausgehend von den hier erzielten Ergebnissen sind zukünftige Arbeiten auf dem Gebiet der dehnungs- und spannungsinduzierten Rissbildung geplant. Ein Schwerpunkt soll ein geplantes Projekt zur Untersuchung der Spannungsrisskorrosionsanfälligkeit von Magnesium-Schweißverbindungen sein. Unter Freibewitterungsbedingungen wurde an der Forschungsstelle das Auftreten von Spannungsrisskorrosion an geschweißten Verbindungen ohne äußere Last beobachtet. Es ist z.B. angedacht die durch den Schweißprozess induzierten Eigenspannungen zusätzliche äußere Lasten zu überlagem, um so eine Aussage zur Spannungsrisskorrosionsanfälligkeit geschweißter Verbindungen unter statischen Betriebslasten zu erlangen. Durch die in dieser Arbeit erarbeiteten Verfahren zur Überprüfung der Spannungsrisskorrosionsanfälligkeit von AZ91-Legierungen ist im Rahmen einer Werkstoffqualifizierung eine Überprüfung anderer Werkstoffe in Hinblick auf deren Spannungsrisskorrosionsgefährdung möglich. Hierzu zählt insbesondere die elektrochemische Methode der Impedanzspektroskopie in Zusammenhang mit dem hier entwickelten Lastsprungverfahren. Es konnte gezeigt werden, dass Passivierungs und Repassivierungsvorgänge unter wechselnder mechanischer Last aufgezeichnet werden können. Dadurch sind die Abbildung verschiedener Umweltbedingungen und deren Einfiüsse auf einen betreffenden Werkstoff möglich. Es ist auch denkbar, dass baute il ahn liehe Proben und deren Ri ssgefährdung unter Spannungsrisskorrosionsbedingungen untersucht werden. In dieser Arbeit konnte aufgezeigt werden, dass insbesondere die Oberflächenrauigkeit im Kantenbereich der Proben eine entscheidende Rolle bei Rissinitiierungsvorgängen haben kann. Bei gegossenen Bauteilen mit einer Vielzahl von Kanten könnte das Gefährdungspotenzial dementsprechend deutlich ansteigen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Betriebsfestigkeit von Magnesium unter Korrosion - Möglichkeit der Darstellung von Umgebungseinflüssen, DVM-Tag "Ein wesentlicher Beitrag zur Klimadebatte", 23. 04. 2008 - 26. 04. 2008
    T. Troßmann, J. Grimm, C. Berger
  • Betriebsfestigkeit von Magnesium unter Korrosion - Möglichkeit der Darstellung von Umgebungseinflüssen, DVM-Tag 2008 Tagungsband, DVM-Bericht 675, S. 95-106, ISSN 0946-5987
    T. Troßmann, J. Grimm, C. Berger
  • Einfluss verschiedener Betriebsbedingungen auf die Lebensdauer, DVM Fortbildungsseminar "Einflussgrößen aufdie Bauteillebensdauer", 07. Ol. 2008
    T. Troßmann, C. Berger, M. Gugau, B. Kaiser
  • Magnesium - Betriebsfestigkeit unter mechanisch-korrosiver Komplexbeanspmchung, MP Materials Testing, 7-8/2008 Volume 50, S. 397-403
    T. Troßmann, J. Grimm, C. Berger
 
 

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