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Lokale Erwärmung in der roboterbasierten inkrementellen Blechumformung

Antragsteller Professor Dr.-Ing. Bernd Kuhlenkötter, seit 9/2016
Fachliche Zuordnung Ur- und Umformtechnik, Additive Fertigungsverfahren
Förderung Förderung von 2011 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 186246236
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das übergeordnete Ziel des Gesamtvorhabens war es zum einen, die Form- und Maßhaltigkeit von inkrementell umgeformten Bauteilen zu steigern. Dies sollte durch Reduzierung unerwünschter Rückfederungserscheinungen und unerwünschter nachträglicher Deformation bereits umgeformter Blechbereiche realisiert werden. Zum anderen sollte im Verlauf des Projekts das herstellbare Geometriespektrum sowie, insbesondere hinsichtlich des maximalen Umformvermögens und des daraus resultierenden maximalen Flankenwinkels, das bearbeitbare Werkstoffspektrum erweitert werden. Zur Erreichung der beiden übergeordneten Ziele sollte die bestehende Roboforming-Anlage um eine Erwärmungseinheit zur inkrementellen Umformung von Blechbauteilen bei erhöhter Temperatur erweitert werden. Darauf aufbauend sollten Prozessoptimierungen und gezielte Versuchsreihen die positiven Eigenschaften der Warmumformung aufzeigen. Im 1. Förderzeitraum ging es hauptsächlich um die Erweiterung der bestehenden Anlage und die Durchführung von ersten Versuchen zur Analyse der Machbarkeit. Dafür wurden zunächst die phänomenologischen Grundlagen der Warmumformung untersucht. Auf Basis dessen wurde eine Versuchsreihe durchgeführt, welche das Verschleiß- und Umformverhalten von unterschiedlichen Werkzeugspitzen analysiert. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass für die Titanlegierung Ti6Al4V das Hartmetall KXF und für den Complexphasen-Stahl CP-K60/78 die Refraktärmetall-Legierung Titan- Zirkonium Molybdän die besten Verschleiß- und Umformergebnisse erzielt werden konnte. Als Schmierstoff haben sich die Festschmierstoffe Graphit und Molybdändisulfid (MoS2) etabliert. Des Weiteren wurde der Aufbau einer Temperaturmessung und -regelung realisiert. Dafür wurden unterschiedliche Messkonzepte erprobt, bei denen die Messung mit einer Infrarotkamera inklusive einer Vorrichtung mit Spiegelkonstruktion zur umfassenden Sicht auf die Umformzone im DPIF-L die besten Ergebnisse für den Prozess gezeigt hat. Auf Basis dieser Grundlagen wurde das Gesamtsystem im weiteren Verlauf des Projekts in Betrieb genommen. Mit der Erreichung eines stabilen und sicheren Prozessfensters konnte gezeigt werden, dass die erwünschte Reduktion der Umformkraft und die einhergehende Reduzierung der nachträglichen Deformation mit der Umformung bei erhöhter Temperatur erreicht werden kann. Des Weiteren konnte anhand erster Versuche die Durchführbarkeit der Umformung für den Complexphasen-Stahl CP-K60/78 mit einer einhergehenden deutlichen Erhöhung der Umformbarkeit und Reduktion der Umformkraft nachgewiesen werden. In der 2. Förderperiode wurde der Fokus auf die Optimierung des Prozesses, der Erweiterung der Verfahrensgrenzen und der Untersuchung der Auswirkung auf die mechanischen Eigenschaften eines warmumgeformten Bauteils gelegt. Zur Optimierung des Prozesses wurde insbesondere die Temperaturmessung und -regelung für die Umformung komplexerer Bauteile weiter optimiert. Über eine eigens entwickelte Positioniereinrichtung konnte die Infrarotkamera stets so positioniert werden, dass sie die Temperatur des Blechinkrements erfasste, welches als letztes im Kontakt mit den Werkzeugen stand, womit eine deutliche Verbesserung der Temperaturmessung erzielt werden konnte. Über die Anpassung der Temperaturregelung, in welcher die Berücksichtigung der aktuellen Geschwindigkeit des Umformwerkzeugs realisiert wurde, konnte die Abweichungen von der Solltemperatur auf maximal ±8% bei CP-K60/78 + ZE und auf maximal +12% bis -9% bei Ti6Al4V reduziert werden. Bei der Umformung von Titan und höherfestem Stahl konnte gezeigt werden, eine Umformung von CP-K60/78 + ZE bis zu einer Temperatur der Umformzone von 600 °C und von Ti6Al4V bis zu 750 °C im SPIF und im DPIF-L ermöglicht werden konnte. Insbesondere mit der erfolgreichen Umformung von Titan konnte das übergeordnete Projektziel der Materialspektrumserweiterung durch die Hinzunahme einer Erwärmungseinheit bewiesen werden, zumal eine Umformung von Titan bei Raumtemperatur nicht möglich war. Zudem konnte der maximal erzielbare Flankenwinkel bei Ti6Al4V um den Faktor 2 und bei CP-K60/78 + ZE anlagenseitig um den Faktor 1,19 erhöht werden. Im Gegensatz dazu, konnte durch die Anlagenerweiterung keine erfolgreiche Umformung von Blechen größeren Dicke (>1,5 mm) durchgeführt werden. Auch durch optimierte Prozessparameter (Werkzeugdurchmesser, Werkzeugwerkstoffe, Umformgeschwindigkeit, etc.) konnte keine Verbesserung erzielt werden. Hinsichtlich der erzielbaren Genauigkeit bei der Umformung bei erhöhter Temperatur wurden die Einflüsse unterschiedlicher Prozessparameter auf die Geometriegenauigkeit erfasst und in einem Online-Modell integriert. Die Validierung der Online-Kompensation zeigte grundsätzlich eine Verbesserung der Geometriegenauigkeit, jedoch auch, dass eine ausführlichere und kleinschrittigere Betrachtung der Parametereinflüsse und deren Wirkzusammenhänge von Nöten ist. Die Untersuchung der Materialeigenschaften hat die positiven Umformergebnisse der Warmumformung unterstrichen und die am besten geeignetsten Prozessparameter aufgezeichnet. Beispielsweise konnten für den Tiefziehstahl DC04 die besten Ergebnisse mit einer Umformtemperatur von 500 °C, einer Umformgeschwindigkeit von 0,125 mm/s sowie einer Zustelltiefe von 0,5 mm erzielt werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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