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Neue statistische Verfahren für amplitudenoptimierte Paläoklimarekonstruktionen aus zeitlich hochaufgelösten, verrauschten Proxydaten

Fachliche Zuordnung Paläontologie
Physik und Chemie der Atmosphäre
Förderung Förderung von 2011 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 187047887
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Projekt wurde das von Thees et al. (2009) vorgeschlagene iterative Verfahren zur amplitudenoptimierten Rekonstruktion von stark verrauschten Zeitreihen, wie sie unter anderem bei Rekonstruktionen des Paläoklimas aus Proxydaten typisch sind, zum sogenannten SINOMA-Verfahren (Sequential Iterative NOise Matching Algorithm) weiterentwickelt. Die Grundlage des SINOMA-Verfahrens ist das Errors-in-Variables-Modell (EVM) zur asymptotisch fehlerfreien Schätzung einer linearen Prozessabhängigkeit zwischen einer abzubildenden y-Variablen (z.B. eine Klimamessungszeitreihe) und einer abbildenden x-Variablen (z.B. eine Klimaproxyzeitreihe). Das SINOMA-Verfahren schätzt die für das EVM-Modell notwendigen Informationen zum Fehlerrauschen in den Variablen mit einem neuen Ansatz, indem den zwei Zeitreihen iterativ künstliches weißes Zusatz-Fehlerrauschen überlagert wird und die Parameter der linearen Prozessbeziehung formal variiert werden, bis die Gültigkeit des sogenannten Reduced-Major-Axis-(RMA)-Modells als Spezialfall des EVM-Verfahrens geschaffen wird. Von zentraler Bedeutung für die Funktionsweise des SINOMA-Verfahrens ist die Nutzung einer neu eingeführten Gruppe von statistischen Zeitreihenstrukturvergleichsmaßen (vollständiges und partielle EP-Maße, abgeleitet von „Explanatory Power“), mit deren Hilfe das Vorliegen von RMA-Bedingungen zwischen zwei linear verknüpften, verrauschten Zeitreihen effizient erkannt werden kann. Wenn RMA-Bedingungen erkannt werden können und da die Varianzen des Zusatzrauschens bekannt sind, werden sowohl die Parameter der linearen Beziehung zwischen den fehlerfreien x- und y-Daten als auch die Varianzen des ursprünglich vorhandenen Rauschens der zwei Zeitreihen unabhängig zur Minimierung der Quadrate des EVM-Verfahrens identifizierbar. Durch umfangreiche Pseudoproxy-Experimente aufgedeckte Schwächen des ursprünglichen Verfahrens wurden durch eine Weiterentwicklung der mathematischen Schätzmethoden und des numerischen Algorithmus behoben, so dass das SINOMA-Verfahren nun sehr robuste Schätzungen der wahren Parameter der linearen Prozessbeziehung liefert. In einem Prüfexperiment mit 4400 künstlich erzeugten Pseudoproxydatenreihen zeigten die SINOMA-Parameterschätzungen im Mittel sehr ähnliche relative Fehler wie diejenigen der EVM- Parameterschätzungen – und das ohne Vorinformationen zum Rauschverhältnis, wie sie das EVM-Verfahren benötigen würde. Das SINOMA-Verfahren zeigt jedoch eine größere Varianz der relativen Fehler als die EVM-Ergebnisse, die sich aus auftretenden Fehlschätzungen ergeben, wenn die unverrauschte Zeitreihe selbst zu wenig Autokorrelation aufweist, also sich in ihrem Frequenzspektrum einem weißen Rauschen zu sehr ähnelt. Diese Nichteignung von Zeitreihen kann jedoch vorab mit Hilfe einer schrittweisen Gauß-Tiefpass- Filterung der Ausgangsdaten im jeweiligen EP-Vergleich zu den ungefilterten Daten erkannt werden. Damit hat das SINOMA-Verfahren ein großes Potential, die Spannbreiten der Fluktuationen vergangener Klimaänderungen realistischer einzuschätzen als alternative oft angewendete Verfahren, die auf der direkten Ordinary-Least-Squares-(OLS)-Modell, dem RMA-Modell, oder dem inversen Ordinary Least Squares (INV)-Modell beruhen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass durch die Überlagerung des gesichert weißen Zusatzrauschens negative verzerrende Effekte von eventuell autokorreliertem Rauschen in den echten Beobachtungsdaten abgemildert werden können. Außerdem kann durch mehrmaliges Anwenden des SINOMA-Algorithmus auf die gleichen Ausgangszeitreihen mit jeweils neu generiertem Zusatzrauschen die Unsicherheiten der Ergebnisse belastbar abgeschätzt werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2016): SINOMA - A new approach for estimating linear relationships between noisy serial data streams
    Thees B., Buras A., Jetschke G., Zorita E., Wilmking M., Liebscher V., Kutzbach L.
  • (2013): What’s that noise? A new iterative statistical approach for the identification of linear relationships between noisy time series. TRACE-Konferenz (Tree Rings in Archaeology, Climatology and Ecology) 2013, 8-11 Mai 2013, Viterbo, Italien. Book of Abstracts, p. 101
    Thees B., Buras A., Jetschke G., Kutzbach L., Zorita E., Wilmking M.
  • (2014): SINOMA - a better tool for proxy based reconstructions? European Geosciences Union General Assembly 2014, 27. April – 2. Mai 2014, Wien, Österreich, Geophysical Research Abstracts 16: EGU2014-1708-1
    Buras A., Thees B., Czymzik M., Dräger N., Kienel U., Neugebauer I., Ott F., Scharnweber T., Simard S., Slowinski M., Slowinski S., Tecklenburg C., Zawiska I., Wilmking M.
  • (2014): SINOMA - A new iterative statistical approach for the identification of linear relationships between noisy time series. European Geosciences Union General Assembly 2014, 27. April – 2. Mai 2014, Wien, Österreich, Geophysical Research Abstracts 16: EGU2014-1714
    Thees B., Buras A., Jetschke G., Kutzbach L., Zorita E., Wilmking M.
 
 

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