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Aufmerksamkeitsbezogene Erwartungen und deren Verletzung im menschlichen Gehirn im Verhältnis zu cholinerger Neurotransmission

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 188326619
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen meines Forschungsaufenthalts am Wellcome Trust Centre for Neuroimaging (University College London) untersuchte ich unter Anleitung von Professor Jon Driver und Professor Karl Friston, wie das menschliche Gehirn attentionale Erwartungen bildet und repräsentiert und wie sich diese im Verhalten und in der Hirnaktivität widerspiegeln. Es wurde eine neue Version des klassischen Hinweisreizparadigmas von Posner (1980) entwickelt, in der ein Hinweisreiz (Pfeil) die Position eines Zielreizes mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit (Validität) in unterschiedlichen Phasen des Experimentes vorhersagte. Die Probanden reagierten auf den Zielreiz mit einer sakkadischen Augenbewegung. Die Geschwindigkeit dieser Reaktion wurde verwendet, um die Parameter eines Bayes- Lernmodells zu schätzen. Dieses hierarchische Lernmodell (Mathys et al., 2011) definiert formal, wie probabilistische Erwartungen nach neuen Beobachtungen aktualisiert werden. Zudem spezifiziert dieses Modell die Präzision (Unsicherheit) dieser Wahrscheinlichkeitsschätzungen. Es wurde in einem ersten Verhaltensexperiment beobachtet, dass sich die trialspezifischen Reaktionsgeschwindigkeiten am besten durch die Präzision der Wahrscheinlichkeitsschätzung erklären ließen. Das neu etablierte Paradigma in Kombination mit der modellbasierten Auswertung wurde in drei weiteren Experimenten verwendet. Unter Anwendung der funktionellen Magnetresonanztomographie konnte gezeigt werden, dass die Aktivität im rechten Putamen, den rechten frontalen Augenfeldern und dem rechten temporoparietalen Übergangskortex signifikant durch die trialspezifische attentionale Erwartung des Bayes-Lernmodells moduliert wurde. In einer weiteren Studie wurde untersucht, wie das cholinerge Neurotransmittersystem in das Lernen attentionaler Erwartungen involviert ist. Hierbei wurden die Probanden in zwei Testsitzungen einmal unter Placebo und einmal unter Gabe des Cholinesteraseinhibitors Galantamin mit dem neuen Hinweisreizparadigma untersucht. Es zeigte sich, dass erhöhte cholinerge Neurotransmission den Einfluss des probabilistischen Kontexts auf die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht und zu einem schnelleren Lernen attentionaler Erwartungen führt. Dieser pharmakologische Verhaltenseffekt konnte in einer neuen Stichprobe von Probanden repliziert werden. Diese Probanden wurden zusätzlich mit Magnetoenzephalographie untersucht, um die neuronalen Korrelate der pharmakologischen Manipulation zu untersuchen. Diese Daten befinden sich noch in der Auswertung. Zusammengefasst liefern die Ergebnisse des Projekts Aufschluss über mögliche mathematische Operationen, die die Gehirnaktivität bei der Bildung attentionaler Erwartungen durch erfahrungsabhängiges Lernen angemessen abbilden. Es konnten die hierbei beteiligten Hirnregionen identifiziert werden. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass diese Prozesse maßgeblich durch die Aktivität des cholinergen Neurotransmittersystems beeinflusst werden. Das Projekt liefert somit wichtige Beiträge zum Verständnis der neuronalen und neurochemischen Grundlagen der Aufmerksamkeitssteuerung durch probabilistische Erwartungen im menschlichen Gehirn.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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