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In-situ-Karbidbildung in Werkzeugstählen durch Festkörperreaktionen unter hohem Druck

Antragsteller Professor Dr.-Ing. Werner Theisen, seit 11/2014
Fachliche Zuordnung Beschichtungs- und Oberflächentechnik
Förderung Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 188725262
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Projekt wurde die Bildung von Monokarbiden in kohlenstofffrei verdüstem Stahlpulver umfassend untersucht. Zur Aufnahme des Kohlenstoffes in das Stahlpulver ist ein Übergang über die Gasphase notwendig. Es wurde untersucht, ob die Reaktion des zugemischten Graphites mit den Oberflächenoxiden einen Einfluss auf den Kohlenstoffübergang und somit auf die Karbidbildung hat. Untersuchungen mittels Restgasanalyse haben ergeben, dass der Niobgehalt die Oberflächenoxide deutlich stabilisiert und, dass eine Zugabe von Kohlenstoff die karbothermische Reduktion der Oberflächenoxide wiederum fördert. Mit Röntgendiffraktometrie konnte gezeigt werden, dass ebenfalls mit steigendem Niobgehalt die Temperatur, bei der sich erste Karbide neu bilden, messbar steigt. Diese Beobachtung validiert die These, dass ein Kohlenstoffübergang erstens über die Gasphase stattfindet und, dass zweitens eine Oxidreduktion notwendig für diesen Kohlenstofftransport ist. Daher ist für den Vorgang der Karbidbildung die Kenntnis über die Stabilität der Oberflächenoxide wichtig. Darüber hinaus zeigt sich aber, dass der hohe Druck in einer heißisostatischen Presse die Aktivität des Kohlenstoffes im Gas so stark erhöht, dass der Transport in den Festkörper deutlich schneller abläuft und sich somit die Temperatur für die Karbidbildung wieder senkt. Mit röntgenographischen Methoden wurden nicht nur die Umwandlungstemperatur sondern auch die Stöchiometrie der gebildeten Karbide und der Einfluss des Kohlenstoffs auf andere gebildete Phasen untersucht. Die tatsächlich gebildeten Phasen wurden mit den Phasen, die sich laut thermodynamischer Berechnungen bilden sollten verglichen. Wichtigste Erkenntnis dabei ist, dass die Niobkarbide eine Stöchiometrie um Nb6C5 aufweisen und nicht, wie in thermodynamischen Berechnungen angenommen, 1:1 stöchiometrisch sind. Diese Feststellung erklärt, warum thermodynamisch berechnete Gefügezustände von den realen Gefügen abweichen. Der Kohlenstoffgehalt in der Matrix ist erhöht bedingt durch den real niedrigeren Kohlenstoffgehalt im Karbid. Matrixkohlenstoff, der nicht mehr in Niobkarbiden abgebunden werden kann ist erstmal positiv für die Härte der martensitischen Matrix. Übersteigt der Kohlenstoffgehalt aber eine Sättigung bilden sich in diesem Legierungssystem unerwünschte Chromkarbide und unerwünschter Restaustenit. Diese beiden Phasen müssen für eine erfolgreiche Anwendung unbedingt kontrolliert werden. Dafür muss der für die Karbidbildung benötigte Kohlenstoff um rund 17% gegenüber den thermodynamisch berechneten Werten verringert werden. Für einige Anwendungen kann ein Restaustenitgehalt gezielt eingestellt werden. Dazu muss der genaue Matrixkohlenstoffgehalt bekannt sein und darf nicht unterschätzt werden. Mittels Röntgendiffraktometrie wurde festgestellt, dass die Matrix erst dann Kohlenstoff aufnimmt, wenn die Niobkarbidbildung abgeschlossen ist. Auch diese Erkenntnis ist wichtig für die Anwendung, da nur eine martensitische Matrix die ausreichende Festigkeit für eine gewünschte Verschleißbeständigkeit aufweist. Eine ausreichend feste Matrix bildet sich jedoch nur, wenn auch Kohlenstoff auf Härtetemperatur im Austenit gelöst ist. Ist nur genug Kohlenstoff für die Karbidbildung zugegeben worden, wird keine ausreichend feste Matrix produziert, was im Einsatz zum Versagen führt. In früheren Arbeiten hat sich bereits gezeigt, dass Druck und Temperatur einen Einfluss auf die Karbidgrößenverteilung haben. In dieser Untersuchung wurden beide Einflüsse erstmals systematisch Untersucht, da die Möglichkeit einer heißisostatischen Presse mit unabhängiger Druck und Temperaturregelung gegeben war. Einerseits zeigt sich, dass eine Erhöhung des Druckes eine Feinung der Karbide zur Folge hat, andererseits muss der Einfluss der Temperatur differenzierter betrachtet werden. Ohne Zugabe von äußerem Druck führt eine erhöhte Temperatur zu einer Bildung feinerer Karbide. Unter aufgegebenem äußerem Druck werden die Karbide grundsätzlich feiner, jedoch werden die Karbide mit steigender Temperatur wieder gröber. Das heißt, der Effekt, der ohne Druckzugabe für den Temperatureinfluss galt kehrt sich bei Druckaufgabe um. Ohne aufgegeben Druck wird die Feinung der Karbide mit der Bildung an der Grenzfläche erklärt. Läuft die Karbidbildung aufgrund hoher Temperaturen schnell ab, formt sich die intermetallische Laves-Phase weniger ein und es liegt mehr Grenzfläche für Keimstellen vor. Mehr vorhandene Grenzfläche führt zu feineren Karbiden. Grundsätzlich führt auch Druck zur Feinung aufgrund von höherer Verzerrungsenergie, die zur Karbidbildung aufgebracht werden muss. Muss diese Verzerrungsenergie überwunden werden hilft eine erhöhte Temperatur wieder beim Wachstum, sodass dann Karbide mit steigender Temperatur gröber werden. Diese mittlere Karbidgröße liegt aber auch bei erhöhten Temperaturen unter Druck deutlich unterhalb der mittleren Karbidgröße ohne Druck. Die gröbsten Karbide in einem geHIPten Gefüge haben sich eingestellt wenn die volle Temperatur vor dem Druck aufgebracht wurde. Eine Karbidvergröberung gelingt bei einer drucklosen Haltestufe auf 900 °C, bei der sich die Lavesphase ohne Aufnahme von Kohlenstoff vergröbert. Anschließend werden die Karbide unter Druck gebildet. Es zeigt sich, dass die Karbide mit Haltestufe auf 900 °C gröber ausgebildet werden als ohne Haltestufe aber wegen des Druckeinflusses weiterhin feiner sind als bei einer Karbidbildung ohne Druck. Mit Nanoindentation konnte festgestellt werden, dass Karbide unter 50 MPa aufgegebenem Druck eine höhere Härte zeigen als Karbide, die ohne zusätzlichen Druck gebildet wurden. Weiterhin konnte ein Druckeinfluss auf die Karbidstöchiometrie festgestellt werden. Der Vergleich mit dem Monokarbidbilder Titan zeigt, dass auch Titankarbide mit der Methode des Diffusionslegierens im Festkörper gebildet werden können. Die Karbide bilden sich bei leicht niedrigeren Temperaturen bei der nioblegierten Variante.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Oxide Reduction During Carburization of Nb-Rich Tool Steel Powders for Diffusion Alloying. Euro PM 2012 (2012), Volume 1, Pages 507—512 – Conference Proceedings
    Huth, S.; Zumsande, K.; Mujica, L.; Krasokha, N.; Theisen, W.
  • Investigation of time dependency of phase transformation during diffusion alloying of Nbrich tool steels by x-ray diffraction using synchrotron radiation. 10th DELTA User Meeting & Annual Report 2014 (2014) pp. 73-74
    Weddeling, A.; van gen Hassend, F.; Huth, S.
  • Comprehensive investigation of phase transformations during diffusion alloying of Nb rich powder metallurgical tool steels. Powder Metallurgy; vol. 58 no 2 (2015) pp. 142-151
    Weddeling, A.; Krell, J.; Huth, S.; Theisen, W.
  • Mechanical characterization of hard phases by means of nanoindentation. International Symposium on Wear Resistant Alloys for the Mining and Processing Industry (2015)
    Pöhl, F.; Weddeling, A.; Theisen, W.
  • The role of HIP parameters on the formation of the microstructure in Nb alloyed tool steels. Euro PM 2015 (2015); Conference Proceedings
    Weddeling, A.; Huth, S.; Theisen, W.
 
 

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