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Geschichte der Humangenetik in Deutschland nach 1945 im internationalen Kontext.

Antragstellerin Dr. Heike Petermann
Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 188728848
 
Bei der Geschichte der Humangenetik nach 1945 in Deutschland im wissenschaftlichen nationalen und internationalen Kontext stellt sich am Anfang die Frage nach den Kontinuitäten und Brüchen in der Entwicklung des Fachgebietes. Die Abgrenzung zur Erblichkeitslehre vor 1945, die von der Eugenik und Rassenhygiene dominiert wurde, ist ein wesentlicher Aspekt. Die Humangenetik im heutigen Verständnis beginnt Anfang des 20. Jahrhunderts, entweder mit der Wiederentdeckung der Mendelschen Gesetze (1900) oder der Entdeckung der ersten Erbkrankheit Alkaptonurie (1902) oder der Einführung der Begriffe Genotyp und Phänotyp (1909). Als interdisziplinäres Fachgebiet beschäftigt sie sich mit dem Erbgut des Menschen, wie in der Zytogenetik (1879 durch den Biologen W. Flemming) und der Molekulargenetik (1944 Nachweis der Desoxyribonukleinsäure (DNA) als Träger der Erbinformation durch O. Avery). Mit der Beschreibung der dreidimensionalen Struktur der DNA durch J. Watson und F. Crick (1953) begann die Entzifferung des Erbgutes, die im Human Genome Projekt mündete, wobei die angloamerikanischen Forscher dominierten. Das Projekt fragt nach dem Beitrag der deutschen Wissenschaftler. Für das Fach Humangenetik ist die Professionalisierung durch Begründung von Zeitschriften und der Gründung einer Fachgesellschaft, die Institutionalisierung durch Ordinariate für Humangenetik und die Integration in die Aus- und Weiterbildung in der Medizin von Interesse.In der Zeit vor 1945 wurde die Humangenetik beispielsweise in Deutschland politisch instrumentalisiert. Deutlich wurde dies vor allem in der Bevölkerungspolitik; tatsächliche oder vermeintliche humangenetische Erkenntnisse dienten dazu politische Ziele durchzusetzen. Für die Zeit nach 1945 wird im Projekt die Frage beantwortet, inwieweit die Humangenetik ebenfalls von der Politik vereinnahmt wurde. Die gesellschaftspolitischen Fragen wie Atomenergie, Abtreibung (§ 218), Contergan und Pränataldiagnostik sind Beispiele dafür. Dabei interessieren nicht nur die wissenschaftlichen Diskurse der Humangenetik zu den diesen Themen, sondern auch deren Darstellung in der Öffentlichkeit. Die Beteiligung von Humangenetikern, wie des Münsteraner Humangenetikers W. Lenz an der Contergan-Debatte, wird im Projekt untersucht.Abschließend stellt sich durch die Geschichte vor 1945 die Frage, ob diese als Argument in den Diskussionen bei humangenetischen Fragen verwandt wird.Als Methode wird die Oral History eingesetzt, um die gesetzlichen Restriktionen für personenbezogene Archivalien auszugleichen. Grundlage der Auswertung der Literatur und anderer Medien sowie der Interviews ist die historische Interpretation. Ziel ist es, ein umfassendes Bild der Humangenetik nach 1945 zu bekommen, das die persönlichen Beziehungen und Netzwerke darstellt, die inhaltliche Entwicklung charakterisiert und die gesellschaftliche Einbindung widerspiegelt. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf dem Zeitraum von 1945 bis ca. 1970.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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