Detailseite
Projekt Druckansicht

Selbstwahrnehmung, Selbstparlamentarisierung, Selbstauflösung: Die Volkskammer der DDR im Umbruch (Oktober 1989 bis Oktober 1990).

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2011 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 188958620
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die 10. Volkskammer war die erste und gleichzeitig auch letzte frei gewählte demokratische Volksvertretung der DDR. Sie existierte nur sechs Monate, von April 1990 bis Oktober 1990, musste aber in dieser Zeit die rechtlichen Voraussetzungen für den Vereinigungsprozess mit Westdeutschland schaffen. Diese Arbeit wurde geleistet von 400 neu gewählten Abgeordneten, die über so gut wie keine parlamentarische Erfahrung verfügten. Die Studie analysiert mit einem kulturhistorischen Ansatz anhand von Archivalien, Egodokumenten, Interviews und hauptsächlich der ausführlichen Liveberichterstattung des Fernsehens der DDR aus dem Plenarsaal den parlamentarischen Lernprozess, den die Abgeordneten innerhalb kürzester Zeit durchliefen. Sie geht dabei der Frage nach, ob dieses ungewöhnliche Parlament eine eigene Kultur ausbilden konnte, die sie signifikant von derjenigen anderer Parlamente unterscheidet. In der kollektiven Erinnerung der ehemaligen Volkskammerabgeordneten dominierte bislang das Bild eines Parlamentes, das angeblich gekennzeichnet war von Sachlichkeit, Konsensorientierung, Spontaneität und Flexibilität im Gegensatz zum Deutschen Bundestag mit seiner „kalten" und starren Professionalität. Die Studie zeigt hingegen, dass die 10. Volkskammer schnell lernte wie ein etabliertes Parlament zu arbeiten, sich dabei in vieler Hinsicht am Bonner Modell orientierte und dort erprobte Arbeitsweisen adaptierte, ohne die ihr Pensum nicht zu schaffen gewesen wäre. Abweichende und dysfunktionale Praktiken ergaben sich vor allem aus Unsicherheiten und der Unerfahrenheit im Umgang mit parlamentarischen Verfahren. Aber auch die durch das Leben in der DDR erfahrenen Prägungen spielten eine Rolle, gerade im Hinblick auf Kommunikationsverhalten, Performanz und Symbolik.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Die Volkskammer im Fernsehen. Strategien der Selbstinszenierung in der 10. Volkskammer der DDR, in: Parlamentarische Kulturen in Europa - Lebenswelten von Abgeordneten, hrsg. v. Adéla Gjuričová, Andreas Schulz, Luboš Velek und Andreas Wirsching, Düsseldorf 2014
    Bettina Tüffers
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung