Vollständige kritische und kommentierte Erstausgabe der Pöhlder Annalen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Pöhlder Annalen sind eine mit der Schöpfung einsetzende und bis 1182 geführte Weltchronik. Das in einem am Harzrand gelegenen Prämonstratenserstift entstandene, anonym überlieferte und vor allem für die Reichsgeschichte des 12. Jahrhunderts wichtige Werk ist bislang nur unzureichend ediert und erschlossen. Der bedeutendste wissenschaftliche Fortschritt bei den Bemühungen um diese Chronik liegt darin, daß erstmals ein vollständiger kritischer Text des umfangreichen Werkes hergestellt wurde. Die einzige mittelalterliche Handschrift ist als Autograph anzusprechen. Darüber hinaus konnte das Stift Pöhlde als Entstehungsort gesichert werden, während die Verfasserfrage offen bleiben muß. Ein weiterer wichtiger Fortschritt bezieht sich auf den Kommentar, der zumal für die älteren Abschnitte in der Ermittlung der vom Autor benutzten Quellen liegt. Hier konnten die von der älteren Literatur erhobenen Befunde zum Teil erheblich erweitert und präzisiert werden. Leitquelle ist die bis 1125 reichende Chronik Ekkehards von Aura, unbekannt war bislang zum Beispiel die Benutzung der Chronik Hugos von St. Viktor und der Annales Ottenburani. Bei der Ermittlung der Vorbilder mußte wider Erwarten auf Handschriften sowohl der bereits genannten Werke als auch etwa des Chronicon Wirzeburgense, der Chronik des Hieronymus und der Imago mundi des Honorius Augustodunensis zurückgegriffen werden, weil die Ausgaben unvollständig sind oder auf rezeptionsgeschichtliche Fragen nur bedingt antworten. Als besonders problematisch erwiesen sich das Verhältnis von primärer und sekundärer Aneignung, wie zum Beispiel die Chroniken des Hieronymus und Ekkehards zeigen, sowie der große Komplex der verlorenen, nur noch aus ihren Ableitungen wie eben den Pöhlder Annalen rekonstruierbaren Werke. In diesen Bereichen − hinsichtlich der verlorenen Quellen seien nur die Annales Hildesheimenses maiores und die Sächsische Kaiserchronik erwähnt − werden sich nach Lage der Dinge trotz kleinteiliger Bemühungen keine vollauf befriedigenden Antworten finden lassen. Insgesamt zeigt sich, daß der Pöhlder Annalist nicht sklavisch an seinen Vorlagen klebt, sondern diese durchaus kreativ verarbeitet und in manch einer chronographisch-inhaltlichen Frage wie etwa der nach den frühen römischen Gemeindevorstehern oder der Papstwahl von 1159 zu durchaus eigenen Ansichten gelangte. Das gesamte Material ist soweit aufbereitet, daß zur Entlastung des Kommentars und der Editionseinleitung vorab einzelne Themen, die auch den Sachkommentar zum 12. Jahrhundert betreffen, vorgestellt werden. Die Neuausgabe ist in das Programm der Monumenta Germaniae Historica aufgenommen.