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Das Selbstbildnis in der Bilderwelt. Zur Soziologie der Person und ihrer Figuration in bildmedialen Beobachtungs- und Bewährungsordnungen

Fachliche Zuordnung Soziologische Theorie
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 189872554
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt untersuchte die Verwendung digitaler Bildmedien in alltäglichen Zusammenhängen der Sozialkommunikation. Das Forschungsinteresse galt u.a. der Nutzung mobiler Bilddisplays, der personalen Selbstthematisierung und Selbstdarstellung über technische Bildmedien sowie dem zeitgenössischen Gebrauch der Fotografie als idiomatisches Ausdrucksmittel. Der grundlagentheoretische Rahmen des Projekts ergab sich aus der sozialanthropologischen Annahme, dass die prinzipielle „Ausdrücklichkeit“ (Plessner) jedweder menschlichen Lebensäußerung mit einer a priori unbegrenzten Zahl an medialen Möglichkeiten von Selbstdarstellung und Fremdbeobachtung korrespondiert: Sowohl Körperbemalung und Kleidung als auch verbale Äußerungen, Texte, Bilder und nicht zuletzt moderne, medientechnische Entäußerungen können, so die Grundannahme, in je spezifischen symbolischen Akzentuierungen und Verkettungen zu maßgeblichen Bestandteilen gesellschaftlicher Beobachtungs- und Bewährungsanordnungen werden. Auf der Basis empirischer Daten konnten im Rahmen des Projektes unterschiedliche bildmediale Ausprägungen solcher Beobachtungs- und Bewährungsordnungen identifiziert und beschrieben werden. Dies sind (I.) die bildmediale Organisation sozialer Anschauungsgewissheit innerhalb bestehender sozialer Beziehungen, (II.] die um bildmediale Ausdrucksmaterialien und Aktivitätszentren (sites) erweitere Selbststilisierung innerhalb anonymer Publika sowie (III.) die von alltäglichen Routineabläufe und Handlungssituationen tendenziell entkoppelte personale Selbstreflexion. Zu konstatieren ist, dass die spezifisch medialen Möglichkeiten bildhafter Ausdrucks- und Darstellungsformen in unterschiedlicher Weise sozialkommunikativ genutzt werden: (I.) Insofern sie eine ähnlich deiktische Informationsdichte aufweisen, wie sonst der Körper in seiner situativen Gegebenheit und Expressivität, werden digitale Bildpräsentationen zur Stabilisierung sozialer Beziehungen genutzt. (II.) Insofern Fotografien - statt bloße Abbildungen oder Dokumente lebensweltlicher Gegebenheiten zu sein - durch digitale Techniken überarbeitet und immer wieder zu neuen Ausdrucksfiguren montiert werden können, fungieren sie als idiomatisch mehr oder minder frei verfügbare Gestaltungsmaterialien für personale oder gruppenspezifische Stilbildungen. (III.) Aus ihrer medialen Distanz zu den Handlungs- und Entscheidungszwängen der Alltagspragmatik heraus erlauben Bilddarstellungen die selbstreflexive Thematisierung selbst grundlegender Identitäts- und Orientierungsfragen. Der Komplexität der erhobenen Bilddatenmaterialien entsprechend, wurde ferner ein Verfahren der Analyse digitaler Bildpräsentationen und -montagen (Bildclusteranalyse) entwickelt. Im methodischen Zentrum des Verfahrens steht (a) die figurative Analyse der Kompositionsprinzipien jeweiliger Bildzusammenstellungen, d.h. ihres Ausdruckssinns. Erweitert und ergänzt wird diese ideografische Perspektive (b) durch die Untersuchung der Struktur des medialen Wahrnehmungs- und Handlungsraumes jeweiliger Bildcluster sowie der Beobachtungs- und Erkenntnisstile, die sie prädizieren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2011): „Das Körperbild als Selbstbild“, in: Michael R. Müller et al. (Hrsg.], Körper Haben. Die symbolische Formung der Person, Weilerswist 2011/Velbrück Wissenschaft, S. 87-106
    Müller, Michael R.
  • (2012): „Das Selbstbild in der Bilderwelt. Zur Soziologie transnationaler Bild- und Bewährungsordnungen“, in: Transnationale Vergesellschaftungen. Verhandlungen des 35. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, Sektion Plenarverhandlungen, Wiesbaden 2012/Springer VS, S. 323-337
    Müller, Michael R.
  • (2012): „Figurative Hermeneutik. Zur methodologischen Konzeption einer Wissenssoziologie des Bildes“, in: Sozialer Sinn. Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung, Heft 1/2012, 13. Jg., S. 129-161
    Müller, Michael R.
  • (2013): „Medial Beauty. Three Sociological Theses on Late Modern Body Aesthetics“,in: Hartmut Berghoff/Thomas Kühne (Hrsg.), Globalizing Beauty: Aesthetics in the Twentieth Century, New York 2013/Palgrave, S. 60-74
    Müller, Michael R./Sonnenmoser Anne
  • (2014): „Interpretative Sozialwissenschaft“, in: Günter Mey, Katja Mruck (Hrsg.): Qualitative Forschung. Analysen und Diskussionen. Wiesbaden: Springer VS, S. 33-51
    Soeffner, Hans-Georg
  • (2015): Phantasma und Illustration. Genese und Struktur eines piktoralen Selbstdarstellungstypus, Dissertation, Universität Konstanz
    Sonnenmoser, Anne
  • (2015): „Hijab-Styles: Körperästhetische Figurationen sozialer Sichtbarkeit im Web 2.0“, in: Hahn, K./Stempfhuber, H. (Hrsg.): Einblick: Bildmedien im Web 2.0. Präsenzen 2.0 Körperinszenierung in Medienkulturen, Wiesbaden, Springer-VS: S. 43-56
    Tabti, Samira
  • (2016): „Bildcluster. Zur Hermeneutik einer veränderten sozialen Gebrauchsweise der Fotografie“. Sozialer Sinn. Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung, Heft 1/2016, 17. Jg., S. 95-142
    Müller, Michael R.
  • (2017): „Bilder des Unsichtbaren. Hermeneutik und Wahrnehmung“, in: Thomas Eberle (Hrsg.): Fotografie und Gesellschaft: Phänomenologische und wissenssoziologische Perspektiven (unter Mitarbeit von Niklaus Reichle), S. 269-292
    Soeffner, Hans-Georg
 
 

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