HPLC gekoppeltes Tandemmassenspektrometer - Teilantrag 3
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Proteine sind die vielleicht wichtigsten molekularen Akteure in lebenden Systemen. Sie geben Körperzellen ihre Form und Struktur, sie katalysieren die chemischen Prozesse, die für die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen eines Organismus notwendig sind und sie steuern praktisch alle molekularen Vorgänge in Zellen. Die Zahl z. B. menschlicher Proteine (das Proteom) ist enorm hoch. Aus den ca. 20.000 Genen des Menschen lassen sich gut 100.000 verschieden Proteine ableiten, die ihrerseits jeweils in vielfältiger Weise während ihrer Lebensdauer abgewandelt werden können und dadurch zu einer erstaunlichen molekularen Vielfalt führen, die für die unüberschaubare Zahl von Proteinfunktionen in allen Lebensformen notwendig ist. Die HPLC-gekoppelte Tandemmassenspektrometrie (LC-MS/MS) ist die derzeit wichtigste analytische Basistechnologie in der Proteomforschung da sie es erlaubt, tausende Proteine sowohl qualitativ als auch quantitativ in einem Experiment zu erfassen und somit z. B. die Veränderungen der Zusammensetzung von Proteomen in unterschiedlichsten physiologischen oder pathologischen Situationen zu analysieren. Gleichzeitig werden Fortschritte in der Proteomforschung nach wie vor stark durch neue methodische Entwicklungen angetrieben, da die molekulare Komplexität von Proteomen auch die Leistungsfähigkeit der besten derzeitigen Analysetechniken übersteigt. Daher bleibt es eine kontinuierliche Notwendigkeit, die Massenspektrometrie hinsichtlich z. B. Geschwindigkeit, Präzision und Empfindlichkeit zu verbessern. Dies war der Fokus des Einsatzes des LC-MS/MS Systems über das hier berichtet wird. Die konkreten Aufgaben des geförderten LC-MS/MS Systems bestanden in der Hauptsache in: a) der Messung von komplexen aus enzymatischem Verdau von Zellkulturen gewonnenen Peptidgemischen zur Identifikation der in diesen Zellkulturen vorhanden Proteine. Hierbei wurde neben der chromatographischen Trennung der Peptide, die Elektrospray-Ionisierung, Ionenmobilitätspektrometrie sowie die stoßinduzierte Fragmentierung der Peptide im Gerät eingesetzt. Aus den erhaltenen Fragmentionenspektren lässt sich über computergestützte Verfahren auf die Aminosäuresequenz des Peptids und somit auf die Identität des Proteins rückschließen. b) der Quantifizierung von Proteinen aus ebendiesen komplexen Mischungen. Hierbei bedient man sich der Tatsache, dass das massenspektrometrische Signal eines Peptids ein relatives Maß für seine Menge ist. Hierzu wurden sowohl Methoden der Stabilisotopenmarkierung, als auch sogenannte markierungsfreie Verfahren angewandt. c) der Entwicklung und Anwendung neuer Messmethoden, insbesondere solche, die die Ionmobilitätspektrometrie als zusätzliche Trennkomponente komplexer Mischungen in die Massenspektrometrie integriert sowie sogenannte „parallel reaction monitoring“ Assays, die die gleichzeitige zielgerichtete und quantitative Analyse mehrerer Duzend vorab definierter Proteine in einem Experiment erlaubt. Derartige Ansätze werden sind derzeit von hohem Interesse für die klinische Biomarkerforschung. Mithilfe des geförderten LC-MS/MS Systems konnten eine Reihe von interessanten technischen Neuerungen entwickelt und erprobt werden, die im Folgenden skizziert sind: 1. Es konnte gezeigt werden, dass der Einsatz der Ionenmobilität die Spezifität der Peptid- und Proteinidentifikation in sogenannten datenunabhängigen Messungen (data independent acquisition, DIA) stark erhöht da sie eine zusätzliche Trennkomponente im Massenspektrometer darstellt und somit komplexe Peptidmischungen besser in Einzelkomponenten zerlegen kann. Ebenso konnte mit der Ionenmobilität auch eine sehr deutliche Verbesserung (ca. 10-fach) der Empfindlichkeit herkömmlicher datenabhängiger Messungen (data dependent acquisition, DDA) auf einem quadrupole time-of-flight (QTOF) Massenspektrometer erreicht werden da die Ionenmobilitätskomponente Peptidfragmentionen in Pakete komprimiert, die dann gleichzeitig detektiert werden können. Dies stellt einen großen Schritt dar, einen grundlegenden Nachteil der QTOF Konfiguration gegenüber anderen Massenspektrometern auszugleichen. 2. Aufgrund der guten Massenauflösung und -genauigkeit von TOF Massenspektrometern sowie der simultanen Detektion des gesamten Massenspektrums konnten zielgerichtete Messungen von Peptiden in komplexen Mischungen in Form von sogenannten ‚parallel reaction monitoring‘ (PRM) Messungen etabliert werden. Dieser Ansatz hat gegenüber klassischen Peptidquantifizierungsmethoden wie dem ‚selected reaction monitoring‘ (SRM) Vorteile hinsichtlich der praktischen Etablierung insbesondere der Assayentwicklung sowie der Spezifität und Selektivität der Messung. Perspektivisch könnte diese Messmethode noch wesentlich hinsichtlich der Geschwindigkeit gesteigert werden. Als Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Konzeptes konnten wir die Interaktion von Histon Deacytelase (HDAC) Proteinkomplexen mit HDAC Inhibitoren quantitativ messen und zeigen, dass die gewonnen Daten äquivalent zu alternativen massenspektrometrischen Verfahren sind. 3. In einer vorangegangen Studie wurde für einen anderen LC-MS/MS Gerätetyp gezeigt, dass der Zusatz von geringen Konzentrationen der Chemikalie Dimethylsulfoxid (DMSO) zum chromatographischen Lösemittel die Empfindlichkeit der LC-MS/MS von Peptiden um einen Faktor 3-10 gesteigert werden kann. Mit dem geförderten Gerät konnten wir nachweisen, dass sich diese Verbesserung auch auf einem QTOF Gerät realisieren lässt und damit verallgemeinerbar ist.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- DMSO enhances electrospray response boosting sensitivity of proteomic experiments. Nat Methods 10, 989-991 (2013)
Hahne, H., Pachl, F., Ruprecht, B., Maier, S.K., Klaeger, S., Helm, D., Médard, G., Wilm, M., Lemeer, S. & Kuster, B.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1038/nmeth.2610) - Ion mobility tandem mass spectrometry enhances performance of bottom-up proteomics Mol Cell Proteomics, 13, 3709-3715 (2014)
Helm, D., Vissers, J. P. C., Hughes, C. J., Hahne, H., Ruprecht, B., Pachl, F., Grzyb, A., Richardson, K., Wildgoose, J., Maier, S. K., Marx, H., Wilhelm, M., Becher, I., Lemeer, S., Bantscheff, M., Langridge, J. I. & Kuster, B.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1074/mcp.M114.041038) - PAS-cal: a Generic Recombinant Peptide Calibration Standard for Mass Spectrometry. J Am Soc Mass Spectrom 25, 1489-1497 (2014)
Breibeck, J., Serafin, A., Reichert, A., Maier, S., Kuster, B., & Skerra, A.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s13361-014-0902-3)