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Neuronale Korrelate der Symptomprovokation bei Zahnbehandlungsphobie: eine fMRT-Studie

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 189908942
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Zahnbehandlungsphobie (ZBP) ist durch extreme Angst vor Zahnbehandlungen und damit assoziiertem Vermeidungsverhalten charakterisiert. Im Vergleich zu anderen Spezifischen Phobien ist das Geschlechterverhältnis nicht so stark in Richtung der Frauen verschoben. Allerdings gibt es nur wenige Studien, die sich mit den neuronalen Korrelaten der ZBP, insbesondere auch im Hinblick auf mögliche Geschlechtsunterschiede beschäftigt haben. Auch Befunde zu hirnstrukturellen Korrelaten der ZBP existieren bisher nicht. Darüber hinaus ist unklar, ob die ZBP in ihrem neuronalen Reaktionsmuster eher dem Tiertypus der Spezifischen Phobie oder der Blutphobie gleicht. Auch ist eine mögliche Unterteilung in Subtypen der ZBP anhand eher Ekel- oder Angst- dominierter Reaktionen denkbar. Das Ziel dieses Projekts bestand darin, mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (MRT) die neuronalen Grundlagen von Symptomprovokation bei Patienten mit ZBP im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden zu untersuchen. Neben phobierelevantem Stimulusmaterial (z.B. Zahnbehandlungen) wurden darüber hinaus allgemein Angst auslösende, Ekel erregende sowie neutrale Stimulusbilder präsentiert. Die Stichprobe bestand aus 45 Patienten mit ZBP (20 Männer und 25 Frauen) und 41 gesunden Kontrollprobanden (18 Männer und 23 Frauen). Während der Symptomprovokation zeigte sich eine verstärkte Aktivierung von Gehirnarealen (z.B. orbitofrontaler Kortex, Insula), die eher mit bisherigen Befunden zum Tiertypus der spezifischen Phobie übereinstimmen. Auch weisen die Ergebnisse auf eine bedeutsame Rolle der Basalganglien bei ZBP hin. Geschlechtsunterschiede zeigten sich insbesondere in einer stärkeren Aktivierung des dorsolateralen präfrontalen Kortex bei Männern, was möglicherweise mit einer stärkeren Regulation phobiespezifischer Erregung in Zusammenhang steht. Frauen wiesen eine stärkere Aktivierung sowie ein größeres Volumen des Nucleus Caudatus auf, was mit geschlechtsspezifischen Schmerzassoziierten Aspekten der phobischen Reaktion assoziiert sein könnte. Hinweise auf unterschiedliche Subtypen der ZBP basierend auf einer eher Ekel- oder Angst-dominierten Symptomatik ergaben sich nicht. Eine weiterführende Fragestellung beschäftigte sich mit Unterschieden in der funktionellen Konnektivität während der Symptomprovokation. Hierbei zeigten Patienten mit ZBP im Vergleich zu Kontrollprobanden eine erhöhte interne Konnektivität der Basalganglien, was bei Frauen besonders stark ausgeprägt war. Weiterhin ergab sich bei ZBP eine verringerte Konnektivität der Basalganglien mit präfrontalen und anterioren cingulären Kortexarealen, was weitere Hinweise auf eine eingeschränkte Kontrolle subkortikaler Regionen und assoziierte emotionale Überreaktionen liefert. Weiterhin konnte in Zusatzanalysen eine Aktivierungsabnahme relevanter Gehirnareale (z.B. dorsomedialer präfrontaler Kortex) im Verlauf der Symptomprovokation demonstriert werden, was auf eine Habituation der phobischen Reaktion hindeutet. Interindividuelle Unterschiede in der Regulation von Emotionen durch kognitive Neubewertung waren darüber hinaus mit dem Aktivierungsverlauf in medialen und orbitofrontalen Kortexarealen assoziiert. Dies deutet auf die Relevanz von Emotionsregulation während Symptomprovokation und möglicherweise auch Exposition bei der ZBP hin. Die Ergebnisse dieses Projekts können insgesamt zu einem besseren Verständnis der ZBP insbesondere im Hinblick auf geschlechtsspezifische Verarbeitungsprozesse beitragen. Darüber hinaus betonen sie die Relevanz der kognitiven Regulation von Emotionen, was langfristig zu einer weiteren Optimierung bestehender Interventionsverfahren für die ZBP führen kann.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2013). Sex differences in the functional and structural neuroanatomy of dental phobia. Brain Structure and Function, 218, 779-787
    Schienle, A., Scharmüller, W., Leutgeb, V., Schäfer, A., & Stark, R.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00429-012-0428-z)
  • (2013): Altered functional connectivity of basal ganglia circuitry in dental phobia. Social Cognitive and Affective Neuroscience
    Scharmüller, W., Leutgeb, V., Schöngassner, F., Hermann, A., Stark, R., & Schienle, A.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1093/scan/nst150)
  • (2013): Individual differences in cognitive reappraisal usage modulate the time course of brain activation in specific phobia. Biology of Mood and Anxiety Disorders, 3:16
    Hermann, A., Leutgeb, V., Scharmüller, W., Vaitl, D., Schienle, A., & Stark, R.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1186/2045-5380-3-16)
 
 

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