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Entschlüsselung der molekularen Mechanismen der Gliazellmigration am Modellorganismus Drosophila melanogaster

Fachliche Zuordnung Entwicklungsneurobiologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 190826376
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Gliazellen des embryonalen peripheren Nervensystems von Drosophila melanogaster stellen ein ausgezeichnetes Modellsystem zur Untersuchung der molekularen und zellulären Mechanismen kollektiver Zellwanderung dar. Die Zellen lassen sich molekular voneinander unterscheiden, mit Hilfe von GFP Transgenen in vivo sichtbar machen und genetisch manipulieren. Wir konnten das Migrationsverhalten der Zellen in 4D am konfokalen Mikroskop untersuchen und zeigen, dass immer die gleichen Zellen zur gleichen Zeit entweder als Einzelzellen oder als festes Kollektiv in Form einer durchgehenden Kette von Zellen aus dem Bauchmark in die Peripherie auswandern. Ziel der hier beschriebenen Projekte war es, die Bedeutung der einzelnen embryonalen peripheren Gliazellen (ePGs) für die Wanderung des Kollektivs zu ermitteln und molekulare Mechanismen der Zell-ZellKommunikation während der Migration zu entschlüsseln. In einer Serie von Ablationsexperimenten haben wir mit Hilfe eines UV-Lasers am konfokalen Mikroskop definierte Zellen im Verlaufe der Migration ablatiert und den Wanderungsverlauf der verbliebenen Zellen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass es eine einzige Zelle mit Pionierfunktion gibt (ePG9). Diese Zelle wandert als erste aus dem Bauchmark aus und führt die Kette der wandernden ePGs an. Wird ePG9 ablatiert, können die Folgezellen zwar Filopodien ausbilden, aber nicht mehr in die Peripherie migrieren. Keine der Folgezellen kann die Pionierfunktion übernehmen und so den Rest der Kette in die Peripherie geleiten. Ähnlich verhält es sich bei Ablation der ersten Folgezelle ePG7. Wird diese Zelle durch Bestrahlung des Zellkerns zerstört, bleiben wiederum alle weiteren Folgezellen im Bauchmark hängen und wandern nicht korrekt aus. Für Folgezellen ist also ein steter und durchgehender Kontakt zur Pionierzelle ePG9 unabdingbar. ePG9 seinerseits kann offensichtlich ebenfalls die Abwesenheit der Folgezellen „erkennen". Wird ePG7 ablatiert, kommt es zunächst zu einer normalen Migration von ePG9 in dorsaler Richtung. In etwa der Hälfte der Fälle kommt es aber nach einer gewissen zeit zu einer Rückwärtsbewegung von ePG9 zurück zum Bauchmark. Es scheint, dass die Pionierzelle ePG9 bei Verlust des Kontaktes zu den Folgezellen zwar nach wie vor motil ist und sich entlang der peripheren Nerven bewegen kann, dass ihr aber die Orientierung fehlt und sie stochastisch in die eine oder die andere Richtung wandert. Ein ähnliches Phänomen wird in der Literatur als „Kontaktinhibition" beschrieben, ist aber molekular bisher nicht verstanden. In einem zweiten Teilprojekt haben wir die Funktion des Guanidin Austauschfaktors Myoblast city (Mbc) detaillierter untersucht. Mbc agiert zusammen mit dem Protein Ced-12 als Aktivator der kleinen GTPase Rac, welche das Aktinzytoskelett reguliert. Bei Funktionsverlust von Mbc, wie auch von Ced-12 und Rac treten Wanderungsdefekte der ePGs auf. In einer Reihe von RNA-Interferenz knock-down Experimenten konnten wir zeigen, das alle drei Faktoren autonom in ePGs für eine korrekte Migration benötigt werden. Erstaunlicherweise war es uns aber zunächst nicht möglich, den Migrationsphänotyp von mbc Mutanten durch Rettungsexperimente in Gliazellen zu retten. Nach weiteren Untersuchungen konnten wir im Rahmen diese Projektes eine neue Isoform von Mbc zu charakterisieren (Mbc-B), die sich durch alternatives Spleißen eines kurzen (114 bp) Exons von der kanonischen Isoform (Mbc-A) unterschiedet. Diese etwas längere Isoform kann den glialen Migrationsphänotyp retten und führt bei Überexpression sogar zu einer Übermigration der ePGs. RT-PCR Untersuchungen zeigen, dass mbc in allen Arthropoden alternativ in diese beiden Isoformen gespleißt werden kann. Die um 38 Aminosäuren längere Variante Mbc-B besitzt in seinem zentralen Teil der Polypeptidkette 14 HEAT-repeat Motive des Heli-turn-Helix Typs (Mbc-A besitzt lediglich 13 HEAT-repeats). Diese bilden einen superhelikalen Loop, der vermutlich als Interface für Protein-Protein Interaktionen dient. Welche Proteine hier binden, ist allerdings bislang nicht geklärt. Die beobachtete Hyperaktivität von Mbc-B bei Überexpression in ePGs lässt sich noch steigern, wenn drei potenzielle Phosphoryllierungsstellen innerhalb der zusätzlichen 38 Aminosäuren mutiert werden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Mbc-B normalerweise in diesem Bereich phosphorylliert und so inaktiviert wird. Ein RNAi-Screen ergab, dass die MAP3-Kinase Walenda für diese Phosphoryllierung von Mbc-B zuständig sein könnte. Ob Walenda tatsächlich direkt Mbc-B phosphorylliert und welche Interaktionspartner an Mbc-B spezifisch binden, ist aber noch nicht bekannt.

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