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Der Einfluss der Anästhetika-induzierten Aktivierung und Sensitivierung von Transienten Rezeptor Potential Ionenkanälen auf die Entwicklung chronischer Schmerzsyndrome

Fachliche Zuordnung Anästhesiologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 191504064
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Chronische Schmerzen, insbesondere nach chirurgischen Eingriffen, stellen ein schwerwiegendes therapeutisches Problem dar. Häufig kommt es zur Entwicklung einer dauerhaften Neuropathie oder inflammatorisch verursachten Schmerzen. Eine Reihe von klinisch eingesetzten Anästhetika wie Isofluran, Desfluran und Propofol können zur Aktivierung und Sensitivierung der TRP Kanalsubtypen TRPA1 und TRPV1 führen. Durch diese Eigenschaft könnten Anästhetika möglicherweise die perioperative Freisetzung entzündungsfördernder Mediatoren wie Bradykinin, Substanz P und CGRP verstärken und die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten chronischer postoperativer Schmerzen oder deren Schweregrad ungünstig beeinflussen. Ziel dieses Projektes war es deshalb, den Einfluss von Anästhetika mit bekannter Sensitivierung von TRPV1 und Aktivierung von TRPA1 auf die Entstehung von inflammatorisch und neuropathisch verursachten chronischen Schmerzen zu untersuchen. Während sich bei elektrophysiologischen in vivo Experimenten in der Ratte kein kurzfristiger Einfluss auf die Entstehungsgeschwindigkeit und die maximale Ausprägung einer inflammatorischen Hyperalgesie nachweisen liess, fanden sich bei Verhaltensuntersuchungen in der Maus deutliche Hinweise auf einen Einfluss durch die Wahl des verwendeten Anästhetikums. Wurde das TRPAl-aktivierende und TRPVl-sensitivierende Anästhetikum Isofluran verwendet, kam es im Vergleich zu einer Anästhesie mit Sevofluran zu einer deutlich ausgeprägteren Schmerzsymptomatik in Form von Hyperalgesie und Allodynie als Folge von künstlich induzierter Inflammation oder Nervenverletzung. Zusätzlich fanden sich Hinweise für eine stärker ausgeprägte Entzündungsreaktion in Form von Gewebeschwellung, Zytokinexpression und zellulärer Immunantwort. In weiteren Versuchen mit Mäusen, welche mittels Knockout-Technik einen (TRPA1 oder TRPV1) oder beide Kanaltypen nicht exprimieren, kam es zu einer deutlichen Modulation des beobachteten Verhaltens nach Nervenschädigung mittels chronischer Ligatur des Nervus ischiadicus (CCI). In TRPAl-Knockoutmäusen zeigte sich nach Anästhesie mit Isofluran eine deutlich verringerte Ausprägung von mechanischer Allodynie und thermischer Hyperalgesie im Vergleich zu Wildtypenmäusen. In Mäusen mit TRPVl-Knockout zeigte sich ebenfalls eine abgeschwächte Allodynie, während die Messungen zur thermischen Hyperalgesie schon allein durch das Defizit an TRPVl-exprimierenden Nozizeptoren verändert erschienen. Weitere Versuche mit Mäusen welche weder TRPA1, noch TRPV1 exprimieren bestätigten diese Ergebnisse und legen nahe, dass möglicherweise beide Kanaltypen an der Anästhetika-induzierten Verstärkung postoperativer Schmerzsyndrome beteiligt sein könnten. Ergänzende Experimente mit einem pharmakologischen Blocker für TRPA1 zeigten jedoch eine deutliche Abschwächung von mechanischer Allodynie und thermischer Hyperalgesie nach CCI, während sich durch Blockade von TRPV1 kein Einfluss auf des schmerzbedingte Verhalten nachweisen lies. Zusammenfassend deuten die gewonnenen Ergebnisse daraufhin, dass Isofluran die Entwicklung von chronischen Schmerzen nach induzierter Inflammation oder Neuropathie in der Maus verstärken kann. Hierbei scheint TRPA1 als Mediator eine entscheidende Rolle zu spielen. Eine perioperative Blockade von TRPA1 oder die Vermeidung von TRPA1-aktivierenden Substanzen könnte daher eine vielversprechende Möglichkeit zur Verringerung von Inzidenz und Schweregrad chronischer postoperativer Schmerzen darstellen. In weiterführenden Untersuchungen soll nun geklärt werden, durch welche Mediatoren eine perioperative Aktivierung von TRPA1 schließlich zu einer verstärkten Immunantwort und einer Aggravierung chronischer Schmerzen führt. Als weiteren Schwerpunkt ist die Anwendung pharmakologischer Inhibitoren von TRP Kanälen als potentiell präventive Intervention zur Verminderung postoperativer chronischer Schmerzen vorgesehen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Der Lidocain-Metabolit N-Ethylglycin wirkt antinozizeptiv bei chronisch inflammatorischem Schmerz in der Maus. Anästhesiologie und Intensivmedizin 2012; 53 (Juli/Aug.): 419. (Abstract)
    Werdehausen R, Eulenburg V, Minett M, Eijkelkamp N, Bauer I, Wood JN, Hermanns H
  • Neurological perspectives on voltage-gated sodium channels. Brain. 2012 Sep; 135 (Pt 9]: 2585-612
    Eijkelkamp N, Linley JE, Baker MD, Minett MS, Cregg R, Werdehausen R, Rugiero F, Wood JN.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/brain/aws225)
  • Novel mutations mapping to the fourth sodium channel domain of Nav1.7 result in variable clinical manifestations of primary erythromelalgia. Neuromolecular Medicine 2013 Jun; 15 (2): 265-78
    Cregg R, Laguda B, Werdehausen R, Cox JJ, Linley JE, Ramirez JD, Bodi I, Markiewicz M, Howell KJ, Chen YC, Agnew K, Houlden H, Lunn MP, Bennett DL, Wood JN, Kinali M
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s12017-012-8216-8)
 
 

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