Das Architekturprogramm der deutschen Heimatschutzbewegung, sein Verhältnis zur Moderne und zum Bauen in der Zeit des Nationalsozialismus
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Mit der Untersuchung war beabsichtigt, vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen in der Architekturdiskussion die Wissensdefizite im Bereich der Heimatschutz-Architektur zu verringern. Insbesondere galt dies für die Entstehungsbedingungen, die programmatische Ausrichtung, die Umsetzung in konkrete Architekturprojekte sowie für das Verhältnis des Heimatschutzes zur Moderne, zum Nationalismus und zum Nationalsozialismus. Zu diesem Zweck wurden zunächst die programmatischen Texte des Heimatschutz-Vordenkers Ernst Rudorff und ihre Publikationszusammenhänge diskursanalytisch untersucht. Es wurde erstmals nachgewiesen, dass die zentralen Theoreme der Heimatschutz- Programmatik auf der Volkstums-Theorie der „Historischen Schule“ von Rudorffs Patenonkel Friedrich Karl von Savigny aufbauen. Anhand der Gründungstexte wurde rekonstruiert, wie er das heimatschützerische Theoriegebäude an die politischen Bewegungen des Volkstums-Diskurses anpasste und – analog zu den zeitgleichen deutsch-religiösen Bemühungen seines publizistischen Umfeldes – zu einer Art „architektonischen Theologie“ überhöhte. Dieses Vorgehen führt nicht nur zu einer neuen Architektursprache, sondern zu ebenso neuen Kategorien für Raumplanung, Städtebau und Architektur. Rudorff konzipierte den Heimatschutz zudem als kryptopolitische Organisation mit dem Ziel einer „Germanisierung der Architektur“. Aus dieser Programmatik erklärt sich sowohl die Opposition des Heimatschutzes zu den nicht-volkstumsorientierten Architekturbewegungen der Moderne, wie auch die Übereinstimmung mit dem nationalsozialistischen Bauen, die wesentlich weiter geht, als dies bislang angenommen wurde. Die Architektur des Nationalsozialismus erweist sich vor diesem Hintergrund nicht als „programmatischer Eklektizismus“, sondern als konsequente Fortführung des volkstumsorientierten Bauens innerhalb des Heimatschutz-Konzepts. Die entwurfsanalytische Untersuchung der ausgewählten Architekturprojekte spiegelt die Stationen dieser Entwicklung wider. Sie wurden im 19. Jahrhundert innerhalb der Netzwerke der Volkstums-Moderne als Bauten zur „Erhaltung des Volkstums“ konzipiert und nach 1900 von Heimatschutz-Architekten durch die verschiedenen politischen Systeme hindurch geplant und ausgeführt. Sie belegen die Absicht, die Architektur zu „germanisieren“ und das „Volkstum“ architektonisch zu sakralisieren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Kosmo-politische Theologie? Kants vorpolitische Grundlagen der Politik und das Dispositiv des Weltbürgers in der Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. In: Tagungsband der Nachwuchstagungen für Junge Philosophie in Darmstadt. Hrsg. v. Suzanna Alpsancar u. Kai Denker. Berlin 2011, S. 327–359
Schmitz, Rainer u. Johanna Söhnigen
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Heimat, Handwerk und die Utopie des Alltäglichen. (Tagung, 14.02.2013 – 15.02.2013 Zürich). In: H-Soz-Kult, 20.06.2013
Schmitz Rainer
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Kontinuitäten und Brüche: Die Olympiastadien in Berlin. Konferenz „Der Erste Weltkrieg als Zäsur? Kontinuitäten und Brüche in der deutschen Architektur, Stadt- und Freiraumplanung“, 16.-17. Oktober 2014, Universität Kassel. 17. Oktober 2014
Schmitz, Rainer u. Johanna Söhnigen
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Das Architekturprogramm der deutschen Heimatschutzbewegung. Dissertationsschrift, 2014, Fachbereich Architektur der Technischen Universität Darmstadt
Schmitz, Rainer