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Jugendkriminalität im politischen Interdiskurs: Delinquenzdeutungen im Kontext einer "punitiven Wende"
Fachliche Zuordnung
Bildungssysteme und Bildungsinstitutionen
Förderung
Förderung von 2010 bis 2017
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 191671181
Die Bearbeitung von Jugendkriminalität unterliegt dauerhaftem Wandel. Von zentraler Bedeutung für die Rekonstruktion dieses Wandels ist die These, es zeige sich seit den 1970er Jahren eine immer größere Strafbereitschaft ("Punitivität"). Die breite wissenschaftliche Auseinandersetzung um diese Annahme wies nach, dass einzelne Dimensionen von Punitivität differenziert werden müssen: Die Ebenen von Professionalität/Institutionen, Politik sowie Massenmedien beeinflussen sich zwar wechselseitig, sie sind jedoch prinzipiell zu unterscheiden. Das derzeit bearbeitete Projekt "Jugendkriminalität im Interdiskurs" zielt durch Analysen der Interdiskurse von Jugendhilfe und Polizei auf die Ebene der professionellen Darstellung von Jugendkriminalität in praxisnahen Zeitschriften der beiden Akteursgruppen. Es konnten wichtige Befunde erhoben werden, die insbesondere für die Jugendhilfe deutliche Veränderungen nachweisen; sie zeigte sich u.a. für Kooperationen mit Instanzen der Strafverfolgung zunehmend offener und relativierte gesellschafts- und systemkritische Haltungen. Die weitere Punitivitätsforschung legte bedeutsame Erkenntnisse zu institutionellen Akteuren (v.a. Staatsanwaltschaft und Jugendgericht) vor. Zudem wurden massenmediale Diskurse erforscht. Eine systematische Analyse (kriminal-)politischer Positionen steht allerdings aus, obwohl sie für die professionelle und institutionelle Bearbeitung von Jugendkriminalität von entscheidender Relevanz ist. Vor diesem Hintergrund sollen in dem Folgeprojekt "Jugendkriminalität im politischen Interdiskurs" mit Hilfe der Methode der Interdiskursanalyse Parlamentsdebatten von 1970 bis 2009 ausgewertet werden. Konkret sollen Debatten im Bundestag, Bundesrat und in vier Landtagen (Bayern, Schleswig-Holstein, Hamburg und Sachsen-Anhalt) analysiert werden. Parlamentsdebatten richten sich an die Öffentlichkeit und sind unmittelbar auf kriminalpolitische Reformen bezogen, so dass sie für die Frage des Umgangs mit Jugendkriminalität von zentraler Bedeutung sind. Die in dem Folgeprojekt zu erzielenden Befunde sollen mit den im aktuellen Projekt erarbeiteten Ergebnissen zur professionellen Darstellung von Jugendkriminalität in Beziehung gesetzt werden. Neben der Erschließung politischer Positionen wird es dadurch möglich zu klären, in welchem inhaltlichen Zusammenhang Diskurse von Jugendhilfe und Polizei mit politischen Haltungen stehen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen