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Modellbildung und Simulation der Phasen- und Strukturumwandlungen beim Elektronenstrahlschweißen von Stahl/Aluminium- und Stahl/Kupfermischverbindungen

Fachliche Zuordnung Metallurgische, thermische und thermomechanische Behandlung von Werkstoffen
Förderung Förderung von 2011 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 192100460
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das stoffschlüssige Fügen artfremder Werkstoffe stellt besondere Ansprüche an die Schweißtechnik. Eine Ausbildung von intermetallischen Phasen ist je nach Werkstoffkombination unvermeidlich und muss gezielt gesteuert werden. Diese harten und spröden Phasen weisen ab einer kritischen Phasenbreite oft Mikrorisse auf, die Ursache für ein Versagen der Verbindung unter Last ist. In Rahmen des Forschungsvorhabens wird auf Basis experimenteller Untersuchungen und theoretischer Informationen ein Modell zur Beschreibung von Phasen- und Strukturumwandlungen unter Berücksichtigung der intermetallischen Phasenbildung in der Übergangszone beim Elektronenstrahlschweißen artfremder Materialien entwickelt. Umfangreiche Untersuchungen an unlegiertem Stahl (DC01), sowie an elektrolytisch-verzinkten Stahlblechen (DP600) in Kombination mit drei industriell weit verbreiteten Aluminiumlegierungen unterschiedlicher Legierungsgruppen (AW1050 (Al99,5), AW5754 (AlMg3), AW6082 (AlMgSi1 T6)) sowie mit der Zinnbronze CW452K (CuSn6) werden durchgeführt. Das Abkühlverhalten aller Schweißversuche wird mittels Thermoelementen überwacht um Korrelationen aus den Temperatur-Zeit-Verläufen sowie der Entstehung des intermetallischen Phasensaums (Breite/Zusammensetzung) zu bilden und die unterschiedlichen Einflussfaktoren des EB-Prozesses auf die Wärmeführung zu gewichten. Dazu werden die intermetallischen Phasen mittels elektromikroskopischen Untersuchungen identifiziert und vermessen. Mechanisch-technologische Untersuchungen in Kombination mit der zugehörigen Zusammensetzung und Breite des Phasensaums erlauben Rückschlüsse auf die für das Bauteilversagen kritischen intermetallischen Phasen sowie tolerable Phasenbreiten. Die Werkstoffkombination Stahl/Zinnbronze zeigt sich aufgrund der vollständigen Löslichkeit der Elemente ineinander als unproblematisch, was in einem relativ großen Prozessfenster resultiert. Die Härtemessungen nach Vickers zeigen einen Anstieg der Härte in der WEZ, was auf die Existenz von intermetallischen Phasen schließen lässt. Die Proben versagen im Zugversuch im Stahl-Grundwerkstoff, so dass die Werkstoffverbindung als technisch ausgereift angesehen werden kann und die Bildung der intermetallischen Phasen nicht versagensentscheidend ist. Vereinzelt zeigt sich das Phänomen der Liquid-Metal-Penetration, wobei die noch flüssige Bronze über die Korngrenzen in den bereits erstarrten Stahl eindringt. Die Auswirkung dieses Phänomens ist derzeit noch nicht ausreichend untersucht, wodurch sich keine Aussagen über eine Tragfähigkeitseinschränkung treffen lassen. Bei der Werkstoffkombination Stahl-Aluminium weißt das Zweistoffdiagram nur eine begrenzt Randlöslichkeit der Elemente ineinander auf, wodurch die Entstehung spröder intermetallische Phasen beim stoffschlüssigen Fügen unvermeidlich ist. Die Größe und Art der Zusammensetzung des Phasensaums ist entscheidend für die mechanisch-technologischen Eigenschaften der Verbindung. Demnach ist auch das Prozessfenster recht eingeschränkt, zwischen ausreichender Benetzung der Stahlkante auf der einen, sowie übermäßigem Wachstum des int. Phasensaumes auf der anderen Seite. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der realen Versuche für Kalibrierung und Verifikation des Modells verwendet. Das entwickelte Modell basiert auf grundlegenden Gesetzen der Erhaltung der Masse, des Impulses (Druckausgleich) und der Energie. Als Basis werden zuvor entwickelte Modelle und Algorithmen des Elektronenstrahlschweißens mit Tiefenwirkung verwendet. Zur Berücksichtigung der Besonderheiten des Schweißens artfremder Werkstoffe werden einzelne Modelle zur Wärmeübertragung, der Verdampfung von Material im Dampfkapillar und der Streuung von Strahlelektronen auf Verdampfungsprodukte an spezifische Anforderungen für artfremde Werkstoffe angepasst oder teilweise neu entwickelt. Diese Besonderheiten sind insbesondere:  verschiedene thermophysikalische Eigenschaften des Werkstoffes in der Verbindung, die chemische Zusammensetzung der Schmelze abhängend sowohl von der Mischung der Grundwerkstoffe, als auch von der nichthomogenen Verdampfung der Schmelze an der Oberfläche der Dampfkapillare,  unterschiedlicher Einfluss von Dampf-Gas-Gemisch-Komponenten auf der Elektronenstreuung. Die numerischen Algorithmen der Modelle werden in eine Simulationssoftware EBW-CAD implementiert. Das Programm besteht aus drei Hauptteilen; der grafischen Benutzeroberfläche, dem Controller und dem Solver. Die Ein- und Ausgabe ist als eine aus mehrere Fenstern grafische Oberfläche realisiert. Sowohl die Eingabeparameter als auch Visualisierung der Ergebnisse werden gleichzeitig gezeigt. Der Solver berechnet basierend auf den gegebenen Parametern die Lösung des Experiments in einem Experiment-Objekt. Falls notwendig werden vorbereitende Berechnungen ausgeführt. Die Ergebnisse werden ebenfalls in einem Objekt abgespeichert und können später schon ohne Simulation wideraufgerufen werden. Das Programm kann zur Durchführung numerischer Parameterstudien verwendet werden. Dabei kann der Einfluss der chemischen Zusammensetzung und den Schweißbedingungen auf die Ausbildung intermetallischer Phasen quantifiziert und die resultierenden Verbindungen hinsichtlich ihrer mechanisch-technologischen Eigenschaften untersucht und beurteilt werden. Die Software ist eine Basis für weitere Forschung und Verbreitung von Simulationsmöglichkeiten auf bekannte und neue Methoden im Bereich des Strahlschweißens (Laserstrahl und Elektronenstrahl).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Applications of electron beam welding to fabrication of steel – aluminium dissimilar joint, Proceedings of the VII International Scientific and Technical Conference, 18 - 21 September 2012, Saint-Petersburg, Russia; pp. 265 - 279 - Saint-Petersburg Publishing house SPbSPU
    U. Reisgen, A. Abdurakhmanov, C. Otten, G. Turichin, E. Valdaitseva
  • Investigations about the influence of the time-temperature curve on the formation of intermetallic phases during electron beam welding of steel-aluminium material combinations – Welding in the World, 58, 2014, 4, pp 443-454 Springer, Heidelberg
    U. Reisgen, C. Otten, J. Schönberger
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s40194-014-0128-9)
 
 

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