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Metakognitive Defizite bei Patienten mit erhöhtem Risiko für schizophrene Psychosen und deren Interaktion mit Psychopathologie, Neuropsychologie und funktioneller Bildgebung

Fachliche Zuordnung Biologische Psychiatrie
Förderung Förderung von 2011 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 192623319
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Bereits lange vor dem ersten Auftreten einer Psychose leiden Patienten an Veränderungen in der Stimmung, im Denken, der allgemeinen Leistungsfähigkeit und im sozialen Verhalten. Von solchen frühen Zeichen ausgehend kann eine Wahrscheinlichkeitsaussage für das Auftreten einer Psychose getroffen werden: Wir sprechen vom „erhöhten Psychoserisiko“ oder, auf Englisch, dem „at risk mental state (ARMS)“. Bei Vorliegen eines ARMS dürfte etwa jeder fünfte Patient innerhalb von 12 Monaten eine Psychose, was ein mindestens 1000-fach erhöhtes Risiko für eine Psychose bezogen auf die Allgemeinbevölkerung darstellt. Deshalb benötigen zum einen alle Patienten im ARMS in spezifischer und individueller Weise therapeutische Hilfe, unabhängig davon, ob sie nach 12 Monaten nun tatsächlich die Kriterien für eine voll ausgeprägte Psychose erfüllen. Zum anderen aber bietet der Zustand ARMS die Möglichkeit, mit Methoden der neurobiologischen Forschung die zugrundeliegenden Veränderung dazustellen. In einer Zusammenführung beider Aspekte können dann Therapien entwickelt werden, die auf diese frühen Veränderungen zielen und so das subjektive Leiden lindern. Die zentrale Frage unseres Forschungsprojektes, die wir in einer großen Arbeitsgruppe multimethodisch untersucht haben, beschäftigte sich mit der Art dieser frühen Veränderungen. Dazu wurden zur Befragung der Patienten standardisierte Testverfahren, experimentalpsychologische Untersuchungen und Untersuchung mittels funktioneller Kernspintomographie durchgeführt. In diese Studien wurden Patienten mit Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis, Patienten mit einer ersten, psychotischen Episode und Patienten im ARMS eingeschlossen. Da zwischen diesen Gruppen deutliche Unterschiede in Alter, Geschlechtsverteilung und Bildungsstand bestehen, wurde zusätzlich eine große Gruppe von gesunden Personen untersucht, um die Patienten jeweils mit möglichst gut passenden Kontrollkollektiven vergleichen zu können. Wir fanden schon bei ARMS-Patienten Verzerrungen in den metakognitiven Fähigkeiten. Diese äußern sich in voreiligen Entscheidungen unter Wahrscheinlichkeitsbedingungen gepaart, in Defiziten bei der Differenzierungen zwischen korrekten und falschen Gedächtnisinhalten und in einem geringeren Maß an Einbindung neuer Information in den Entscheidungsprozess. Alle diese Defizite erwiesen sich als noch deutlicher, wenn eine Psychose in Vollausprägung vorlag. Die veränderte Gehirnaktivierung, die mit den in der Studie eingesetzten Paradigma erfasst werden konnte, zeigte sich hauptsächlich durch eine Minderaktivierung im ventralen Striatum und der VTA bezüglich des jumping to conclusion bias, sowie eine task-spezifische Aktivierung und reduzierte Hemisphären-Konnektivität im posterioren superioren temproalen Sulcus bezüglich der Theory of Mind-Aufgabe. Übereinstimmend mit Forschungsergebnissen anderer Arbeitsgruppen konnten wir also zeigen, dass frühe Veränderungen lange vor Auftreten einer Psychose bestehen. Diese metakognitiven Verzerrungen zeigen teilweise schon früh eine Relation zu der sich entwickelnden Wahnsymptomatik, erklärbar durch den Mechanismus einer veränderten Informationsverarbeitung und anschließend veränderten Schlussfolgerung auf der Grundlage veränderter Neurophysiologie. In der Zukunft wird es nun unsere Aufgabe sein, sehr gut verträgliche, psychotherapeutische Hilfen zu entwickeln, die genau an diesen Denkveränderungen ansetzen. Erste Schritte zu diesem Ziel sind mit dem metakognitiven Training (MKT) etabliert.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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