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Neuronale Signatur der selbstregulatorischen Kontrolle der Nahrungsaufnahme bei Patienten mit Bulimia nervosa und Binge Eating Störung

Fachliche Zuordnung Biologische Psychiatrie
Förderung Förderung von 2011 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 193313006
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Patienten mit bulimischer Essstörung leiden unter wiederkehrenden Essanfällen mit Kontrollverlust. Während Patienten mit Bulimia nervosa (BN) Kompensationsverhalten nach einem Essanfall zeigen, ist dies bei Patienten mit Binge Eating Störung (BES) nicht der Fall. Die Probleme bezüglich des mangelnden Therapieerfolgs bei diesen Patienten erfordern ein besseres Verständnis dieser Krankheitsbilder, um die diagnostischen und therapeutischen Interventionen bei BN und BES optimieren zu können. Der neurobiologische Mechanismus, der dem gestörten Essverhalten bei Patienten mit BN und BES zugrunde liegt, ähnelt dem von Suchterkrankungen. Vermutet wird ein Ungleichgewicht zwischen einer verminderten Kontrolle des Verlangens nach Nahrung (d.h. beeinträchtigte Impulskontrolle) und einer veränderten Belohnungssensitivität für Nahrung. Die zugrundeliegenden neuronalen Mechanismen der Essanfälle sind bisher weitestgehend unbekannt. Ziel der Studie war es herauszufinden, wie spezifische neurobiologische Mechanismen der Verhaltenskontrolle und Belohnungssensitivität zu einer eingeschränkten Selbstregulation der Nahrungsaufnahme bei Patienten mit BN und BES beitragen. Des Weiteren zielte die Studie auf die Untersuchung neurobiologischer Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der selbstregulatorischen Kontrolle zwischen BN und BES ab. 60 Personen mit bulimischer Essstörung (30 mit BN und 30 mit BES) sowie 61 hinsichtlich Alter, Geschlecht und Körpergewicht angepasste gesunde Personen (31 gesunde, normalgewichtige Personen und 30 gesunde, übergewichtige Personen) wurden mittels funktioneller Magnetresonanztomografie sowie einer Aufgabe zur Verhaltenskontrolle (Nogo Aufgabe) und Belohnungssensitivität (MID/FID Aufgabe) untersucht. Beide Aufgaben wurden in einer störungsspezifischen (Nahrung) als auch einer störungsunspezifischen Bedingung dargeboten. Ergebnisse der Nogo Aufgabe: BN-Patienten zeigten auf Verhaltensebene eine beeinträchtigte Verhaltenskontrolle auf störungsunspezifische, nicht jedoch auf störungsspezifische Reize. Auf neuronaler Ebene ließ sich nur für BN-Patienten mit häufigen Essanfällen eine verminderte Aktivierungen im sensomotorischen Kortex und im dorsalen Striatum gegenüber gesunden, normalgewichtigen Personen finden. Da diese Aktivierungsunterschiede nur in der störungsunspezifischen Nogo Task zu beobachten waren, können allgemeine Beeinträchtigungen der Verhaltenskontrolle bei schwer betroffenen BN-Patienten vermutet werden. Die verminderte Hirnaktivierung im sensomotorischen Areal bei BN-Patienten war eng assoziiert mit der Häufigkeit der Essanfälle. Sowohl für BES-Patienten als auch für die Gesamtgruppe der Patienten mit Essanfällen (BN und BES) ergaben sich sowohl auf Verhaltensebene als auch auf neuronaler Ebene keine Hinweise für eine beeinträchtigte Verhaltenskontrolle. Ergebnisse der MID/FID Aufgabe: Die MID/FID Aufgabe ermöglichte es auf neuronaler Ebene zwischen der Erwartung („Wanting“) und dem Erhalt („Liking“) einer Belohnung zu differenzieren. Sowohl BN- und BES-Patienten als auch die Gesamtgruppe der Patienten mit Essanfällen zeigten im Vergleich zu ihrer jeweiligen Kontrollgruppe keine Unterschiede in der Hirnaktivierung während der Erwartung sowie dem Erhalt einer allgemeinen Belohnung (Geld). Die Gesamtgruppe der Patienten mit Essanfällen wies während der Erwartung einer Nahrungsbelohnung eine verminderte Aktivität im posterioren cingulären Kortex (PCC) auf, was für eine verminderte Selbstkontrolle in Erwartung einer Nahrungsbelohnung spricht. Der Erhalt einer Nahrungsbelohnung ging in dieser Gruppe mit einer verstärkten Aktivität im PCC, medialen orbitofrontalen Kortex sowie anterioren medialen präfrontalen Kortex einher. Diese Hirnaktivierungen waren eng assoziiert mit der Essstörungspathologie. Die verstärkte neuronale Reaktion in belohnungs-bewertenden Hirnregionen sowie die verstärkte Verarbeitung in selbstrelevanten Hirnregionen spricht für ein verändertes „Liking“ bei Patienten mit Essanfällen. Die vorliegenden Resultate geben neue Einblicke in die neuronalen Mechanismen des motivationsgeleiteten „Wantings“ und hedonischen „Likings“ in der Verarbeitung von Nahrungsreizen bei Patienten mit Essanfällen. Da sich die Resultate von Veränderungen im Belohnungsnetzwerk adipöser Personen unterscheiden, ist von unterschiedlichen neuronalen Mechanismen des Überessens bei Übergewichtigen mit und ohne Essanfälle auszugehen. Die beobachteten neuronalen Veränderungen im Inhibitionsnetzwerk und im mesolimbischen Belohnungssystem bei BN und BES geben wichtige neue Einblicke, die zu einem verbesserten Krankheitsverständnis bulimischer Essstörungen beitragen als auch richtungsweisend sind für neurowissenschaftliche Forschungsansätze wie z. B. die Hirnstimulation.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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