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Kaufunktion bei Mammaliamorpha mit nagerähnlichen Bezahnungen

Fachliche Zuordnung Paläontologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 25905019
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Kleine Tritylodonta unterscheiden sich durch ihre flachen runden Höcker auf der Okklusalfläche (Zerscheren von Nahrungskomponenten) von den großen Tritylodonta mit steilgestellten Schneidekanten (Zerschneiden von Nahrungskomponenten). Die Ausrichtung für schneidende (Schmelzklingen) und reibende Elemente (Schmelzinseln) der Okklusalfläche treten in gespiegelter Form auf, und bewirken so eine effektive Krafteinwirkung auf die Nahrung. Die Hypothese einer hauptsächlich herbivoren Lebensweise für kleine und mittelgroße Tritylodonta sowie für die meisten Multituberculata wurde bestätigt. Für die kleinen Formen kommen auch Insekten als Nahrung in Frage. Die molariformen Zähne der Tritylodontia haben sich im Laufe der Evolution von einer rundlich‐ovalen Umrissform mit niedrigen Höckern (Unterjura: Oligokyphus; 11 Höcker oben, 6 unten) hin zu einer rechteckigen Umrissform mit hohen und steilen Höckern (Unterkreide: Xenocretosuchus; 6 Höcker oben, 4 unten) entwickelt. Zusätzlich weisen die Molariformen der stratigraphisch jüngeren Taxa einen Interlock‐Mechanismus zwischen benachbarten Molariformen auf, wobei Kerben und Zapfen aufeinanderfolgende Zähne stabil miteinander verbinden. Okklusale Kontakte treten bei Oligokyphus sowohl an den Höckerflanken, als auch in den Tälern auf. Dies zeigt, dass die stratigraphisch älteren Taxa Molariforme mit eher scherender und quetschender Funktion aufweisen. Die Molariformen von Xenocretosuchus, eines der stratigraphisch jüngsten Taxa innerhalb der Tritylodonta, zeigen hingegen Kontaktflächen ausschließlich an den steilen Schmelzkanten und damit eine rein scherschneidende Funktion. Die Microwear‐ und Mikrotextur‐Analysen haben bei allen untersuchten Taxa ein sehr feines Abnutzungsmuster ergeben was auf Nahrung mit geringer Abrasivität hinweist. Die Usurmuster stimmen mit denen rezenter Herbivoren gleicher Körpergröße überein. Dennoch hat sich in anderen Studien gezeigt, dass das Konsumieren von Invertebraten mit weichem oder fehlendem Exoskelett ein ähnliches Usurmuster hervorrufen kann, so dass für die kleineren Vertreter der Tritylodonta durchaus saisonale Nahrungsänderungen angenommen werden können, bestehend aus weichen Pflanzenteilen und weichen Invertebraten. Für die großen Vertreter kann von ausschließlich pflanzlicher Nahrung ausgegangen werden. Der Okklusionsmodus der mammaliaformen Haramiyiden unterscheidet sich grundsätzlich von dem der Multituberculaten, was ein gewichtiges Argument gegen die Allotheria‐Hypothese (Vereinigung der Haramiyiden und Multituberculaten in einem Taxon) ist. Die Funktion der hochkronigen Zähne der Gondwantheria unterscheidet sich fundamental von der der Tritylodonta oder Multituberculata. Statt mit vielen kleinen Höckern auf der Zahnoberfläche die Nahrung zu scheren oder zu quetschen, oder mit hohen Schmelzklingen zu schneiden, dient die weitgehend glatte Okklusalfläche dazu, die Nahrung entlang der charakteristischen Schmelzinseln und Einfaltungen zu zerreiben. Dieses Muster ist dem verschiedener heutiger Rodentia ähnlich, wurde aber unabhängig davon entwickelt. Die OFA‐ Analyse zeigte, dass während der Kaubewegung mehrere Schmelzkanten über die Okklusalfläche hinweg gleichzeitig in Kontakt standen, und so mehrere Scherkanten simultan arbeiteten. Insgesamt ist so eine größere Gesamtfläche an der Nahrungszerkleinerung beteiligt als es bei den Tritylodonta oder Multituberculata der Fall ist. Die Usurspuren deuten auf relativ harte pflanzliche Nahrung (Wurzeln, Samen, nussähnliche Früchte etc.) hin.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2012. Jaw movement in fossil mammals: analysis, description and visualization. Paläontologische Zeitschrift 87:141‐159
    Koenigswald W. v., U. Anders, S. Engels, J. A. Schultz, O. Kullmer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s12542-012-0142-4)
  • 2013. A Jurassic mammaliaform and the earliest mammalian evolutionary adaptations. Nature 500: 163‐167
    Zhou, C.‐F., Wu, S., Martin, T., and Luo, Z.‐X.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/nature12429)
  • (2014). Reconstructing dental function and mastication in tritylodontids (Synapsida, Cynodontia) with implications for dietary composition. 74th Annual Meeting of the Society of Vertebrate Paleontology in Berlin 2014. Supplement to the Journal of Vertebrate Paleontology November 2014: 225
    Schultz, J. A., D. Kalthoff, E. Schulz, S. McLoughlin, I. Corfe & T. Martin
  • 2014. Dental function and diet of Vintana sertichi (Mammalia, Gondwanatheria) from the Late Cretaceous of Madagascar. Society of Vertebrate Paleontology Memoir 14 (Journal of Vertebrate Paleontology Volume 34, Supplement to Number 6): 182‐202
    Schultz J. A., D. W. Kause, W. v. Koenigswald and E. R. Dumont
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1080/02724634.2014.965778)
  • 2014. Determining the ontogenetic variation of lower cheek teeth occlusal surface patterns in lagomorphs using micro‐ct technology. Palaeontologia Electronica, Article number: 17.1.5A., 13p.
    Angelone, C., J. A. Schultz & M. A. Erbajewa
    (Siehe online unter https://doi.org/10.26879/415)
  • 2014. First cranial remains of a gondwanatherian mammal reveal remarkable mosaicism. Nature 515: 512–517
    Krause, D. W., S. Hoffmann, J. R. Wible, E. C. Kirk, J. A. Schultz, W. v. Koenigswald, J. R. Groenke, J. B. Rossie, P. O’Connor, E. R. Seiffert, E. R. Dumont, W. L. Holloway, R. R. Rogers, L. J. Rahantarisoa, A. D. Kemp & H. Andriamialison
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/nature13922)
 
 

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