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Medium-Chain Acyl-CoA Dehydrogenase-Mangel: Genotyp-basierte Risikoprofile und Analyse von Funktion und Struktur varianter MCAD-Proteine

Fachliche Zuordnung Kinder- und Jugendmedizin
Förderung Förderung von 2011 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 194530713
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Medium-Chain Acyl-CoA Dehydrogenase-Mangel (MCADM) ist eine schwerwiegende genetische Erkrankung mit Proteinfehlfaltung, die im bundesweiten Neugeborenenscreening erfasst wird und für die nicht ausreichend sichere Präventionsmaßnahmen verfügbar sind. Wesentliche Ziele des Projektes waren die Erarbeitung von Risikoprofilen von ACADM-Genmutationen noch unklarer pathogenetischer Relevanz und die Erarbeitung von proof of concept für die pharmakologische Stabilisierung fehlgefalteter MCAD-Proteine. Wir haben die funktionellen und strukturellen Auswirkungen von insgesamt 21 Mutationen im ACADM-Gen umfassend charakterisiert. Hierzu wurden die MCAD-Enzymaktivität und die mitochondriale MCAD-Proteinmenge im eukaryoten System und die Konformation, thermische Stabilität und Aggregationsneigung der Proteine im Vergleich zum Wildtyp im prokaryoten System untersucht. Die Untersuchungen haben ergeben, dass der molekulare Phänotyp bei MCADM auf der Basis von Proteinkonformation, kinetischer und thermischer Stabilität von der strukturellen Region des Proteins abhängt, die von missense-induzierten Konformationsänderungen betroffen ist, wobei besonders gravierende strukturelle Störungen für die zentrale β-Faltblattdomäne nachgewiesen wurden. Die Experimente zu den Auswirkungen von thermischem Stress haben gezeigt, dass Mutationen im ACADM-Gen die Temperaturschwelle senken, bei der ein Funktionsverlust des MCAD-Proteins auftritt. Das bedeutet, dass Fieber, wie es bei frühkindlichen Infektionen regelmäßig auftritt, das Risiko einer Zunahme der Konformationsänderungen und des damit einhergehenden Funktionsverlustes des MCAD-Enzyms signifikant erhöht. Dies erklärt die bei Patienten beobachteten lebensbedrohlichen klinischen Verläufe im Rahmen von fieberhaften Erkrankungen. Zusammenfassend wurde im Rahmen des Projektes der Nachweis erbracht, dass die meisten der von uns untersuchten Mutationen im ACADM-Gen erhebliche strukturelle Veränderungen verursachen und zu einer besonderen Thermolabilität der MCAD-Proteine führen. Damit ist durchaus von einer pathogenetischen Relevanz der im Anschluss an ein positives Neugeborenenscreening identifizierten ACADM-Mutationen auszugehen. Im klinischen Kontext haben die Ergebnisse zu einer Betonung der Sinnhaftigkeit einer frühen und aggressiven antipyretischen Therapie bei Patienten mit MCADM geführt, um lebensbedrohliche Verläufe zu verhindern. Mit Hilfe bioinformatischer Methoden wurden auf der Basis der experimentellen Arbeiten vier klar voneinander abgrenzbaren Gruppen von Mutationen mit molekularen Phänotypen unterschiedlicher Schwere definiert. Hierbei wurden milde und schwere Phänotypen durch den Schweregrad der Konformationsänderungen diskriminiert, während der Grad der thermischen Stabilität milde Phänotypen vom Wildtyp separierte. Wir haben die experimentellen Ergebnisse in den klinischen Kontext überführt und kamen zu dem Schluss, dass zu erwarten ist, dass Mutationen, die zu schweren strukturellen Veränderungen führen, das Risiko einer metabolischen Dekompensation durch MCAD-Funktionsverlust erhöhen. Darüber hinaus legen die Daten nahe, dass hohes Fieber auch bei Patienten, die Mutationen mit mildem molekularen Phänotyp und guter Restaktivität tragen, mit einem erheblichen Dekompensationsrisiko einhergehen kann, wenn die thermische Stabilität des betroffenen Proteins beeinträchtigt ist. Eine Analyse sämtlicher in der Literatur beschriebener klinischer Daten bestätigte die Korrelation der von uns definierten Risikoklassen mit dem Schweregrad des klinischen Bildes. Damit könnte die Analyse der strukturellen Parameter einen wertvollen Beitrag zur Risikobewertung von ACADM-Mutationen im klinischen Alltag und damit zu einer fundierteren Beratung der Patienten und ihrer Familien leisten. Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung pharmakologischer Therapiestrategien, die spezifisch den molekuaren Phänotyp adressieren, haben wir proof of concept für den positiven Effekt der Adressierung der Substrat- und Kofaktorbindestelle auf Konformation, thermische Stabilität und Aggregation varianter MCAD-Proteine erarbeitet. Octanoyl-CoA zeigte insbesondere eine gute Wirksamkeit in Bezug auf die Verbesserung der thermischen Stabilität, während FAD sehr gute Effekte für alle drei Parameter induzierte, insbesondere für Varianten der zentralen β-Faltblattdomäne, die besonders schwere Konformationsveränderungen aufweisen. Hiermit konnte die Grundlage für die Suche nach pharmakologischen Chaperonen zur gezielten und kausalen pharmakologischen Behandlung von Patienten mit MCADM im Rahmen der personalisierten Medizin geschaffen werden, die im Rahmen eines Anschlussprojektes erfolgen wird (Pressemitteilung des Klinikums der Universität München).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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