Die Bedeutung der internationalen Migration für die Raum- und Gesellschaftsproduktion in Muscat/Oman aus sozial- und stadtgeographischer Perspektive
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Ziel des Projektes war es, die Auswirkungen internationaler Arbeitsmigration in der omanischen Hauptstadt Muscat zu untersuchen, die eine spezifische Bevölkerungs- und Gesellschaftsstruktur aufweist. Ausländische Arbeitskräfte und ihre Familien machen insgesamt fast die Hälfte der städtischen Bevölkerung Muscats aus und nehmen je nach Qualifikation und Nationalität jeweils spezifische und zugleich sehr unterschiedliche Positionen in der Hierarchie der Gesellschaft ein. In dem durchgeführten Projekt konnte mit der Auswahl von ArbeitsmigrantInnen aus Ägypten, Indien, Sri Lanka und europäischen Ländern (Großbritannien, Niederlande und Deutschland) das Spektrum unterschiedlicher sozialer Positionen aufgrund der Stellung in der Hierarchie des Arbeitsmarktes repräsentativ abgebildet werden. Mit ArbeitsmigrantInnen und VertreterInnen dieser Expatriate- Communities wurden in den Jahren 2011 bis 2013 insgesamt weit über 100 qualitative Interviews geführt, die die Wohn- und Arbeitssituation, Alltagsgestaltung, Netzwerke, Migrationsgründe und – absichten zum Thema hatten. Die Aufenthaltsdauer der Interviewten variiert zwischen 2 Jahren und dem gesamten Erwerbsleben, die sozioökonomischen Positionen reichen von gering qualifizierten Housemaids und Restaurantsangestellten bis hin zu hochqualifizierten Ingenieuren, Managern und Professoren. Resümierend lässt sich festhalten, dass eine entscheidende Rolle für die Arbeitssituation ausländischer Beschäftigter in Oman der strukturellen Abhängigkeit der ArbeitnehmerInnen von den jeweiligen Arbeitgebern bzw. ihrem Arbeitsvertrag zukommt. Während der Alltag bei höherem Berufs- und Bildungsstatus von Freiheit, Toleranz und Anerkennung seitens der omanischen Gastgesellschaft geprägt ist, müssen gering qualifizierte und gering entlohnte Personen mit Einschränkungen und Diskriminierungserfahrungen leben. Entscheidend für die zentrale Fragestellung nach der Gesellschafts- und Raumproduktion in Muscat ist die Möglichkeit der Integration. In den Golfstaaten wird prinzipiell keine Integration der ausländischen Arbeitskräfte auf Dauer angestrebt. Auch ist die Zuwanderungspolitik in der Region bis heute strikter als beispielweise in Europa und Nordamerika, da die rechtliche Position der MigrantInnen in hohem Maße eingeschränkt bleibt. So wird das Aufenthaltsrecht unmittelbar an einen bestehenden Arbeitsvertrag geknüpft, der jederzeit durch den Arbeitgeber kündbar ist. Dennoch scheint zumindest eine „Integration auf Zeit“ im Sinne eines toleranten Miteinanders den Erwartungen vieler Beschäftigter mit unterschiedlichem Status ebenso wie denjenigen der omanischen Bevölkerung zu entsprechen. Ein solches Zusammenleben wird von omanischer Seite ermöglicht durch die bemerkenswerte Willkommenskultur, Akzeptanz des Englischen als Verkehrssprache und Freiheit für alle AusländerInnen, ihren Glauben und individuellen Lebensstil zu praktizieren – sofern sie sich im öffentlichen Raum an lokale Verhaltensnormen (z. B. Alkoholverbot, angemessene Kleidung, dezentes Auftreten) anpassen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
(2013): Integration auf Zeit für ein Leben in Transition: Gesellschaftlicher und politischer Umgang mit den Herausforderungen einer segmentierten städtischen Migrationsgesellschaft in Muscat (Oman). - Raumforschung und Raumordnung, 71(3), S. 233-245
Deffner, V. & C. Pfaffenbach
-
(2014): Arbeidsmigratie vormt nu bedreiging. Oman investeert in nationaal human capital. - Geografie 23/2, S. 12-14
Deffner, V. & C. Pfaffenbach
-
(2014): Gelebte Translokalität von indischen Studentinnen und Studenten in Aachen. Geographische Rundschau 11/2014, S. 18-23
Deffner, V.
-
(2014): Multilokalität und Translokalität: Konzepte und Perspektiven eines Forschungsfeldes der Humangeographie. Geographische Rundschau 11/2014, S. 4-9
Didero, M. & C. Pfaffenbach
-
(2014): The Indian Diaspora in Muscat. - In: S. I. Rajan (ed.): Indian Migration Report 2014. Diaspora and Development. London, New York, New Delhi (Routledge), S. 181-192
Deffner, V.