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Grundlegende Untersuchungen zu stoffschlüssigen Gelenken mit Einsatz in hochgenauen parallelkinematischen Mikromanipulatoren

Fachliche Zuordnung Produktionsautomatisierung und Montagetechnik
Förderung Förderung von 2012 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 195107040
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt fokussierte auf die detaillierte Untersuchung sogenannter filigraner hochpräziser Kerbgelenke als Vertreter der stoffschlüssigen Gelenke. Die Drahtfunkenerosion ist im Zusammenhang mit der Herstellung filigraner stoffschlüssiger Gelenke mit großen Aspektverhältnissen derzeit das technologisch wichtigste und wirtschaftlichste Fertigungsverfahren. Obwohl durch die Drahtfunkenerosion nur geringe mechanische Kräfte auf das Bauteil aufgebracht werden, können die durch den Funkenerosionsprozess induzierten Randschichtschädigungen allerdings die mechanische Nutzbarkeit massiv einschränken. In der aktuellen Forschung gibt es zwar Bestrebungen neue Gelenkformen zu entwickeln oder bestehende zu optimieren, aber es gibt keine grundlegende Untersuchung zur Lebensdauer dieser Kerbgelenke unter Berücksichtigung des Fertigungsverfahrens. Das dargestellte wissenschaftliche Defizit begründet das Ziel des Projekts, einen Nachweis für fertigungsbedingten Einfluss auf das Bauteilverhalten von hochgenauen filigranen stoffschlüssigen Gelenke zu erbringen. Zunächst wurde der Einfluss der Fertigungstechnologie auf die Beschaffenheit der Bauteiloberflächen und anschließend auf die Ausbildung der amorphen Randschicht (white layer), als eine wichtige Kenngröße für die metallurgische Veränderung der Werkstückrandzone, untersucht. Durch Elektronenrückstreubeugungsuntersuchungen (engl. Electron Backscatter Diffraction, EBSD) konnten die kristallographische Struktur, die Orientierung des Kristallgitters und die chemische Zusammensetzung analysiert werden. Zwar zeigte der Vergleich der Randschicht nach dem Hauptschnitt mit dem neunten Nachschnitt eine geringe Randschichtdicke, aber entgegen der Erwartung für den neunten Nachschnitt ein stärker gedrehtes Kristallgitter. Durch eine röntgenographische Eigenspannungsmessungen mit streifendem Einfall (GIXRD) konnte gezeigt werden, dass die gesteigerte Kristallorientierungsänderung gut mit den tatsächlichen Eigenspannungen korreliert. Zur Beschreibung des Verhaltens stoffschlüssiger Gelenke unter äußeren Belastungen wurde ein Simulationsmodell mit der Simulationssoftware ABAQUS entwickelt, das neben geometrischen Parametern auch die zuvor untersuchten fertigungsbedingten Bauteilbeeinflussungen abbildet. Wie sich herausgestellt hat, ist die von ABAQUS genutzte Skriptsprache Python nur mit Einschränkungen zur automatischen Vernetzung von sich geringfügig verändernden Geometrien mit einem hohen Geometriegradienten wie bei hochpräzisen stoffschlüssigen Gelenken nutzbar. Daher wird die automatische Geometrieerzeugung und gleichzeitige Diskretisierung von ABAQUS isoliert und mit MATLAB durchgeführt. Hierzu wird die äußere Kontur unabhängig von der Kerbform mittels NURBS (non-uniform rational B-spline) beschrieben und durch einen entwickelten Algorithmus diskretisiert. Zusätzlich wurden kreisförmige Testgelenke (right circular) mit einer Stegdicke von 40 μm mittels unterschiedlicher EDM-Fertigungstechnologien gefertigt. Das resultierende Aspektverhältnis von 375 übertrifft die bisher in diesem Zusammenhang veröffentlichten maximalen Aspektverhältnisse für stoffschlüssige Gelenke. Zur Untersuchung der Lebensdauer der Testgelenke wurde ein Prüfstand entwickelt. Ebenso wurde ein weiterer Prüfstand aufgebaut, der es ermöglich das Rückstellmoment der Testgelenke zu ermitteln. Die Untersuchungen auf den beiden Prüfständen ergaben eine gute Korrelation zwischen der Lebensdauer mit dem Rückstellmoment. Ein Vergleich der Lebensdauer ergab zudem eine deutliche Abhängigkeit von der jeweiligen Fertigungstechnologie. So gab es Gelenke die Lebenszyklen jenseits der 10 Millionen ohne Beschädigung überstanden, während andere Gelenke bei gleichen Belastungen bereits gerissen waren. Somit konnten durch die durchgeführten systematischen Untersuchungen prozessinhärente fertigungsbedingte Bauteilbeeinflussungen hochpräziser stoffschlüssiger Gelenke erstmals anschaulich nachgewiesen und quantifiziert werden. Als grundlegende Erkenntnis kann festgehalten werden, dass die Einflüsse einer herstellungsbedingten Bauteilrandzone oder die Einflüsse von Geometrieabweichungen aufgrund von Fertigungstoleranzen – gerade bei filigranen hochpräzisen stoffschlüssigen Gelenken – nicht vernachlässigt werden dürfen. Somit konnte die Zielsetzung dieses Vorhabens umfassend erfüllt werden. Die Projektpartner sind überzeugt, durch den Abschluss dieser Untersuchung einen wichtigen Meilenstein zur ganzheitlichen Betrachtung und Analyse der Herstellung stoffschlüssiger Gelenke leisten zu können. Aus den Untersuchungsergebnissen können nun dezidierte Empfehlungen für die beanspruchungsgerechte Gelenkkonstruktion und -auslegung, die fertigungsbedingte Veränderungen im statischen und dynamischen Bauteilverhalten berücksichtigt, abgeleitet werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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