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Local Conventions of Hairdressing. Intrinsic Logic of Cities and Economics of Convention. Part of the Research Package "Logic of Cities"

Subject Area Empirical Social Research
Term from 2011 to 2015
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 195259212
 
Final Report Year 2018

Final Report Abstract

Das Projekt ist Teil des Paketantrags „Eigenlogik der Städte“ und hat das Konzept der „Eigenlogik der Städte“ mit der Ökonomie der Konventionen verknüpft, um am Beispiel einer Wirtschaftsbranche (dem Friseurwesen) zu zeigen, wie sich die jeweilige Stadt strukturierend für die Wirtschaft auswirkt, d.h. ob und wie ökonomische Handlungsabläufe über lokale Konventionen sinnhaft organisiert werden. Die Friseurbranche wurde als kritischer Fall gewählt, da es sich um einen hochgradig standardisierten, in allen Städten mit genügend Unternehmen vertretenen Wirtschaftsbereich handelt, in dem scheinbar ortsunabhängig gewirtschaftet wird. Mit Hilfe eines komplexen Mixed-Methods-Designs aus Ethnografie, Kartografie, Fotografie und weiteren visuellen Analysen, standardisierter Befragung und Verlaufsmusteranalysen konnte das Projekt zunächst die lokale Variation von ökonomischen Konventionen nachweisen: Unabhängig vom Marktsegment existieren in jeder Stadt (1) stadtspezifische Glaubenssätze, was als „ökonomisch rational“ in dem Sinne gilt, dass es zu wirtschaftlichen Erfolg führt. Diese Weltsichten reproduzieren sich pfadabhängig über die Zeit und schlagen sich nieder in typischen lokalen (2) Konventionen des Handelns – Mustern, Handlungsanforderungen zu lösen, insbesondere Formen der (Arbeits-)Organisation des Friseursalons –; (3) Kommunikations- und Interaktionsformen mit dem Kunden oder unter dem Personal sowie in (4) Raum-Zeitarrangements. Die Akteure schaffen somit eine kollektiv erzeugte, situationsabhängige Dynamik innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens. Emergenz ergibt sich durch die wiederkehrende Kritik der Akteure an den übersituational vorhandenen Konventionen, die zwischen Struktur und Handeln gelagert sind und soziale Stabilität schaffen. Verknüpft man diese Befunde mit den Befunden des Gesamtverbunds, so kann die Hypothese der Eigenlogik von Städten nicht nur bestätigt werden, sondern auch davon ausgegangen werden, dass sich Städte mindestens hinsichtlich dreier Dimensionen unterscheiden, namentlich (1) dem Umgang mit Zeitlichkeit, (2) Differenzordnungen und (3) Selbstbezügen. Fragt man nach dem Verhältnis von Wirtschaftsstrukturen und Konventionen, so lässt sich auf Basis unserer Projektergebnisse weiterhin festhalten, dass offensichtlich eine Wahlverwandtschaft zwischen aktuellen Konventionen und der traditionellen Wirtschaftsorientierung einer Stadt existiert: In ehemals wohlhabenden Handelszentren mit einer (kleinteilig) diversifizierten ökonomischen Basis (Frankfurt und Birmingham) schlagen sich historische Traditionen in auf Profitmaximierung, Zeitmanagement und Marktdifferenzierung ausgerichteten Praktiken und Wissensbestände nieder. Ebenso scheinen Dortmund und Glasgow in ihrer Betonung des handwerklichen Könnens und der Auseinandersetzung mit der Arbeitertradition auf die in von der Schwerindustrie geprägten Städten entwickelten historischen Routinen zurückzugreifen, wenngleich mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Alle vier Städte waren gleichermaßen von globale Krisen und damit verbundenen Strukturwandel betroffen. Hierzu gehört etwa die Krise der 1970er Jahre, die in allen vier Städten zu industriellem Niedergang führte, was wiederum hohe Arbeitslosenzahlen in diesem Bereich, Schrumpfung und einen anhaltenden Verfall städtischer (Arbeiter-)Quartiere zur Folge hatte. Dabei zeigte sich, dass strukturell ähnliche Städte sehr unterschiedlich auf Krisen reagieren können, und dass die Krisenreaktion besser durch die lokalen Konventionen als durch die Wirtschaftsstruktur erklärt wird. Weiterhin lässt sich demonstrieren, dass dieselbe Krisenreaktion zu sehr unterschiedlichem Erfolg führt. Schließlich zeigt sich, dass für eine erfolgreiche Krisenreaktion nicht unbedingt eine Unterordnung der Lebenswelt unter das Primat der Ökonomie erforderlich ist.

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