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Probenmanipulation für mechanische und elektrische in-situ Messungen im Transmissionselektronenmikroskop

Fachliche Zuordnung Materialwissenschaft
Förderung Förderung in 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 195861669
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Set an TEM-Probenhaltern für mechanische und elektrische in-situ Messungen ist eingebettet in den Forschungsschwerpunkt „Materialien und Prozesse“ der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg und wird eingesetzt, um mechanische und elektrische, sowie gekoppelt mechanisch-elektrische (z.B. piezoelektrische) Eigenschaften von Materialien auf kleinen Längenskalen direkt zu vermessen sowie entsprechende Struktur-Eigenschaft-Beziehungen aufzuklären. Forschungsaktivitäten mit den Probenhaltern finden insbesondere im Rahmen des Exzellenzcluster EXC315 „Engineering of Advanced Materials“, und des DFG-Graduiertenkolleg „In situ Mikroskopie mit Elektronen, Röntgenstrahlen und Rastersonden“ statt, aber auch in weiteren Verbund- und Schwerpunktprojekten. Der Picoindenter wird eingesetzt, um mechanische (elastische und plastische) Eigenschaften von Materialien im Größenbereich von ca. 100 nm bis 1000 nm zu untersuchen. So wurde beispielsweise das elastisch-plastische Verhalten von Silica-Bällen im Größenbereich von 100 nm - 500 nm experimentell analysiert und parallel mittels FEM modelliert. Der Fokus lag dabei zunächst auf der Analyse des Einflusses des Elektronenstrahls auf die mechanischen Eigenschaften der Silica-Bälle. So konnte eine Zunahme der Härte unter Elektronenbestrahlung direkt mit einer Verdichtung des Materials korreliert werden. Unter Ausnutzung des superplatischen Verhaltens des Silica-Materials unter Elektronenbestrahlung wird darüber hinaus das Einschrecken der amorphen Struktur unter mechanischer Last, das bei Gläsern i.d.R. zu einer anisotropen Glasstruktur führt, untersucht. Die Elektronenbestrahlung ersetzt hierbei die Rolle der Temperatur, Einschrecken unter Last wird entsprechend durch Abblenden des Strahls während der mechanischen Belastung realisiert. Ziel ist es, eine anisotrope Glasstruktur „einzufrieren“, diese mittels Elektronenbeugung, unterstützt durch atomistischen Simulationen, zu charakterisieren und den Einfluss der Anisotropie auf das mechanische Verhalten zu analysieren. Hierüber soll ein Verständnis der Glasanisotropie, wie Sie z.B. in gezogenen Glasfasern vorliegt, auf das mechanische Verhalten gewonnen werden. Entsprechend werden derzeit auch Zugversuche an Fasern und dünnen Silica-Membranen mittels der „push-to-pull“-Einheit des Picoindenters durchgeführt. Weitere Untersuchungen mit dem Picoindenter beschäftigten sich beispielsweise mit dem mechanischen Verhalten von MAX-Phasen, einer Klasse von Materialien, die aufgrund ihres schichtartigen Aufbaus hochinteressante mechanische Eigenschaften (z.B. hohe Bruchzähigkeit) aufweist. Ziel der in situ Untersuchungen ist ein Verständnis der Rolle von sog. Knickbändern, die nach gängigen Modellen über die Bildung dipolartige Versetzungswänden und nachfolgende Delamination der Schichten ausgebildet werden und für die aussergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften verantwortlich sein sollen. In situ Untersuchungen mit dem Picoindenter wurden sowohl an FIB-präparierten Säulenstrukturen als auch an dünnen TEM-Lamellen durchgeführt, wobei unterschiedliche Indentergeometrien zum Einsatz kamen (flat puch, cube-corner und wedge-shaped). Die mechanischen in situ Analysen im TEM konnten bereits die starke Anisotropie der mechanischen Eigenschaften von MAX-Phasen sowie die Bildung von ausgedehnten Anordnungen von Basalebenenversetzungen direkt nachweisen. Im nächsten Schritt soll die „Aufstauung“ solcher Versetzungen an Hindernissen, z.B. Poren oder Korngrenzen, sowie lokale Delamination der Schichten analysiert werden, um einem Verständnis des Entstehungsmechnismus von Knickbändern in MAX-Phasen näher zu kommen. Mit den beiden Probenhaltern (STM-TEM und AFM-TEM) sind lokale elektrische, mechanische sowie gekoppelt elektrisch-mechanische Untersuchungen möglich, wobei insbesondere auch kleinere Nanostrukturen adressiert werden können. So liegt der Bereich mechanischer Kräfte, die mit dem AFM-TEM detektiert werden können, um ca. 3 Größenordnungen unter dem des Hysitron Piconindenters. Was rein elektrische Messungen betrifft, wurde mit dem Probenhalter insbesondere das Widerstandsschalten (resistive switching) metallorganischer Nanodrähte (Ag-TCNQ) eingehend untersucht. So gelang es erstmals, das charakteristische Schaltverhalten an einer Vielzahl einzelner Nanodrähte systematisch zu realisieren. Neben einer Beschreibung des Schaltverhaltens im Rahmen von gängigen Modellen konnte durch Kombination mit Raman-Messungen auch der molekulare Mechanismus des Schaltvorgangs weitergehend analysiert werden. Die bisherigen Untersuchungen mit dem AFM-TEM-Probenhalter beschäftigen sich insbesondere mit dem piezoelektrischen Verhalten von GaN-Nanodrähten, die in gleicher Weise wie ZnO-Nanodrähte in sog. Nanogeneratoren und -sensoren eingesetzt werden können. Dabei werden über eine Verbiegung der Nanodrähte piezoelektrische Felder induziert, die im angrenzenden Stromkreis elektrische Strompulse induzierten und so eine Transformation von mechanischer in elektrische Energie ermöglichen. Mit dem AFM-TEM-Probenhalter konnte unter Nutzung von leitfähigen AFM-Spitzen (c-AFM) erstmals dieser gekoppelt elektrisch-mechanische Mechanismus an GaN-Einzeldrähten unter gleichzeitiger Beobachtung der Nanodrähte nachgewiesen werden. Der Fokus der Untersuchungen liegt dabei insbesondere auf der Rolle von Inversionsdomänengrenzen, die in epitaktisch gewachsenen GaN-Nanodrähten parallel zur Wachstumsrichtung systematisch auftreten und bei Biegeexperimenten eine Akkumulation größerer Spannungen ermöglichen sollte. Die neuesten Untersuchungen zielen daher auch auf eine simultane Vermessung elektrischer Felder innerhalb und ausserhalb der Nanodrähte (mittels differential phase contrast, DPC) während der Verbiegung der Nanodrähte. Weitere laufende Untersuchungen mit dem AFM-TEM-Probenhalter betreffen die mechanische Indentierung kleinerer Nanopartikeln (z.B. Au-Nanopartikel und Silica-Bälle im Größenbereich einiger 10 nm) sowie die Analyse elastischer und plastischer Biegeeigenschaften von Nanodrähten (z.B. Ag-Nanodrähte). Hierbei wird die gute Kraftauflösung (im Bereich einiger nN) sowie die hohe mechanische Stabilität des AFM-TEM-Halters während der Manipulation ausgenutzt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • “In-situ characterization of Ag-TCNQ nanowires”. Proceeding of the Microscopy Conference, 25th- 30st August 2013, Regensburg, Germany, part I „Instrumentation and Methods / Materials Science”, pp. 134-135
    K. Ran, B. Rösner, R. Fink, E. Spiecker
  • “Investigating dislocation activity in Nb2AlC layered carbide using In situ TEM nanomechanical testing”. Proceeding of the Microscopy Conference, 25th- 30st August 2013, Regensburg, Germany, part I „Instrumentation and Methods / Materials Science”, pp. 773-774
    Y. Kabiri, J. Müller, M. Mackovic, E. Spiecker
  • "In situ mechanical testing in the transmission electron microscope and finite element method simulations on nanoscaled amorphous silica spheres - Densification, hardening and improved intrinsic properties on nanoscale". Proceedings of the 18th International Microscopy Congress, 07.09.-12.09.2014, Prague, Czech Republic, IT-7-P-1868
    M. Mackovic, F. Niekiel, E. Spiecker
  • "Revealing dislocation activities and deformation behavior in Nb2AlC using in situ nanoindentation in the transmission electron microscope". Proceedings of the 18th International Microscopy Congress, 07.09.-12.09.2014, Prague, Czech Republic, IT-7-P-2870
    N. Schrenker, Y. Kabiri, J. Müller, M. Mačković, B. Hoffmann, S. Christiansen and E. Spiecker
  • "Switching behavior of single Ag-TCNQ nanowires: an in situ Transmission Electron Microscopy study". Proceedings of the 18th International Microscopy Congress, 07.09.-12.09.2014, Prague, Czech Republic, MS-8-P-6006
    K. Ran, Rösner, B. Butz, R. Fink, E. Spiecker
  • Direct observation of electron beam induced densification and hardening of vitreous silica nanoballs by in situ transmission electron microscopy and finite element method simulations. Acta Materialia (2014), 79: 363-373
    M. Mačković, F. Niekiel, L. Wondraczek and E. Spiecker
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1016/j.actamat.2014.05.046)
  • A microspectroscopic insight into the resistivity switching of individual Ag‑TCNQ nanocrystals. Physical Chemistry Chemical Physics, 17, 2015, 18278-18281
    Benedikt Rösner, Ke Ran, Ute Schmidt, Benjamin Butz, Erdmann Spiecker, Rainer H. Fink
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1039/C5CP02207J)
  • In situ cracking of silica beads in the SEM and TEM-Effect of particle size on structure-property correlations. Powder Technology (2015), 270 (Part A): 337-347
    J. Paul, S. Romeis, M. Mačković, V. R. R. Marthala, P. Herre, T. Przybilla, M. Hartmann, E. Spiecker, J. Schmidt and W. Peukert
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.powtec.2014.10.026)
 
 

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