Sabazioskult im römischen Straubing: Versammlungslokal einer Kultgemeinde, die Kultmahle und die Geschirrausstattung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In Straubing am Donaulimes war 1993 im Bereich des südlichen vicus eine über 3 x 4 m große Grube untersucht worden, die u.a. mit Kultkeramik verfüllt war. Die Applikationen von Schlangen, Fröschen, Schildkröten und Eidechsen auf einigen Gefäßen zeigten, dass es sich um einen Kultkomplex einer Sabaziosgemeinde handelt, denn diese Tiere gelten als Attribute dieses orientalischen Gottes mit vorrömischen Wurzeln. Seine Zuständigkeit waren die Fruchtbarkeit, das Leben und die immer wieder erwachende Natur. Votive und Inschriften belegen eine weite Verbreitung des Kultes in die westlichen Provinzen des Römischen Reiches; Heiligtümer hingegen sind selten und die Inhalte und Aktivitäten des Kultes in römischer Zeit weitgehend unbekannt. Mit den Funden aus Straubing liegt ein geschlossener Komplex vor, der einen Teil der Ausstattung einer Kultgemeinschaft darstellt. Dokumentation, Vorlage und Analyse dieser Ausstattung, des Gefäßspektrums und der Gebrauchsspuren geben nun einen Einblick in die Kulthandlungen. Das Keramikensemble lässt sich in eine Gruppe von deponierten Gefäßen und eine Gruppe von benutzten und als Abfall entsorgten Gefäßen einteilen. Die zur Deponierung gehörenden Gefäße sind weitgehend zusammensetzbar, großstückig erhalten und zeigen entweder gar keine Gebrauchsspuren – im Gegenteil, oft waren es unbenutzbare Fehlbrände – oder waren so intensiv gebraucht worden, dass sie ihre Nutzungsspanne überschritten haben dürften. Die als Abfall entsorgten Scherben stammen von Gefäßen, die während der Kulthandlungen und des Festmahls in Gebrauch waren. Hierzu gehören die bislang einzigartigen Keramikaltäre, deren Brandspuren das Verbrennen von Opfergaben anzeigen. Becher und Weinmischgefäße belegen ein Trinkgelage und Schüsseln und Teller das Festmahl. Auf dem Menü standen neben Ferkeln und Lämmern auch Kapaune, Hirsch und eine Bärentatze. Einen detaillierten Ablauf und den Anlass der Kultfeier kennen wir heute nicht mehr, aber die Deponierung und das zugehörige Fest erschließt sich aus vielen Details der Funde. Eine vergleichbare Situation kennen wir aus einem Liber Pater Heiligtum in Alba Iulia/Apulum in Rumänien – Feiern dieser Art waren also nicht auf bestimmte Kulte beschränkt. Hier aber haben wir wahrscheinlich ein einmaliges Ereignis vor uns, das uns konkrete Auskünfte gibt und eindeutigere Rückschlüsse zulässt. Nun müssen weitere Untersuchungen im vicus von Sorviodurum folgen, um die Einbindung des Versammlungsraums in die Siedlung zu analysieren und diese mit den Anlagen beispielsweise in Schwarzenacker, Carnuntum, Porolissum und Alba Iulia zu vergleichen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Römische Keramikaltäre mit eingeschnittenen Öffnungen aus Straubing und andere durchbrochen gearbeitete Gefäße und Objekte aus kultischen Kontexten. Kölner und Bonner Archaeologica 2, 2012, 97–104
C. Höpken
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Ein Bankett für Sabazios in Straubing. In: L. Ruscu (Hrsg.), Banquets of Gods, Banquets of Men: Conviviality in the Ancient World. 16th International Conference of the Department of Ancient History and Archaeology of the Babeş-Bolyai University Cluj-Napoca, Nov. 23th–24th, 2012, Historia Volume 59, Numărul 1, December 2014, 204–214
C. Höpken