Der Einfluss von Lernzielspezifität auf die Lernwirksamkeit metakognitiver Lernhilfen
Final Report Abstract
Zusammenfassend konnten die im Antrag formulierten Projektziele umgesetzt werden, wobei aufgrund von hoher Akzeptanz seitens der Schulen eine größere Stichprobe und ein Messzeitpunkt mehr verwirklicht werden konnten als ursprünglich im Antrag vorgesehen. Nicht alle damals im Antrag formulierten Hypothesen wurden durch die Ergebnisse gestützt. Es zeigte sich z. B. kein signifikanter Interaktionseffekt der Faktoren „Metakognitive Lernhilfen“ und „Lernzielspezifität“ auf den Wissenszuwachs. Auf die Wissensanwendung hatten die beiden Faktoren keinen signifikanten Effekt, wozu Testmüdigkeitseffekte beigetragen haben könnten, da der Wissensanwendungstest ganz zum Schluss des Testtages absolviert wurde. Die metakognitiven Lernhilfen entfalteten ihre Förderwirkung nur bei den Neuntklässlern, nicht hingegen bei den Achtklässlern. Für die Teilstichprobe der Neuntklässler konnte eine klare Förderwirkung der metakognitiven Lernhilfen nicht nur für den Wissenszuwachs gezeigt werden: Unter Kontrolle von Vorwissen, Intelligenz (KFT-Skala) und Lernmotivation wie -emotionen vor der Lernphase zeigten die Schüler mit metakognitiven Lernhilfen während der Lernphase eine signifikant stärkere Strategienutzung (IVK) und wiesen nach der Lernphase deutlich positivere Lernemotionen sowie ein klar höheres Wissen auf als die Schüler ohne metakognitive Lernhilfen. Aus wissenschaftlicher Perspektive zeigen die Ergebnisse zusammenfassend, dass auch kurze modellierende Einführungen metakognitiver Lernhilfen bei hinreichenden Lernvoraussetzungen (z. B. kein zu geringes Vorwissen) den Wissenszuwachs, die Strategienutzung und die Lernemotionen beim selbstreguliert-entdeckenden Lernen durch Experimentieren bedeutsam fördern können. Andererseits werfen die Ergebnisse die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen solche metakognitiven Lernhilfen ein geeignetes Förderinstrument auch für Schüler mit Lernvoraussetzungen sein können, wie sie hier bei den Achtklässlern gegeben waren. Die Ergebnisse der Studie sprechen dafür, dass entsprechende Lernvoraussetzungen für eine erfolgreiche Nutzung der metakognitiven Lernhilfen erforderlich waren. Ein geringes inhalts- und domänenspezifisches Vorwissen erschwert jedoch die effiziente Nutzung von Lernstrategien. Da die Untersuchung direkt zu Beginn des Schuljahres stattfand, hatten die Achtklässler z. B. noch keinen Unterricht zur Thematik „Kräfte“, was jedoch in dem verwendeten virtuellen Physiklabor „Auftrieb in Flüssigkeiten“ von Vorteil sein kann. Es ist davon auszugehen, dass sie aufgrund ihres geringeren Vorwissens simultan mehr Informationen verarbeiten mussten als die Neuntklässler. Eine daraus resultierende Überforderung könnte zu kognitiv-motivationalen Passungsproblemen geführt haben, die selbstreguliertes Lernen in komplexen Lernumgebungen erschweren. Auch könnte die zeitlich kurze Einführung der Lernhilfen mathemathantische Effekte bei den Achtklässlern bewirkt haben, da Lernende mit geringem Vorwissen eher in Konflikte zwischen der Anwendung alter und neuer Strategien geraten. Als weitere mögliche Ursachen für die unterschiedliche Wirksamkeit der Lernhilfen kommen die in einer niedrigeren Klassenstufe weniger ausgeprägten, für das Verstehen und Anwenden der Lernhilfen aber wesentlichen Voraussetzungen wie Lesekompetenz, Bild-Text-Integration und bereits vorhandene metakognitive Fähigkeiten in Frage. Neben theoretischen Implikationen ist eine praktische Implikation z. B., dass dem ökonomischen, zeitsparenden Einsatz einer modellierenden Einführung der entwickelten metakognitiven Lernhilfen Beachtung gebührt. Zumindest bei Schülern mit Lernvoraussetzungen wie sie hier bei den Neuntklässlern vorlagen, können derartige Treatments im naturwissenschaftlichen Unterricht den eigentlichen Experimentierphasen als Fördermaßnahme vorgeschaltet werden. Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Vorwissen und Aufgabenkomplexität ist sicher zu stellen. In weiteren Studien sollten aufbauend auf den beschriebenen Ergebnissen auch metakognitive Lernhilfen entwickelt werden, die stärker an ein geringeres Schülervorwissen angepasst sind. Denkbar wäre es, nicht nur die Lernhilfen selbst adaptiv zu modifizieren (z. B. zu vereinfachen und zu reduzieren), sondern vor der eigentlichen Lernphase bedarfsorientiert wiederholt und mit zusätzlichen Instruktionen darzubieten, um z. B. mathemathan-tischen Effekten entgegenzuwirken. Ebenfalls sollten die Effekte noch mit stärkerem Fokus auf die Anwendung des erworbenen Wissens geprüft werden. Schließlich ist die Validität der zeitökonomischen metakognitiven Lernhilfen für den realen Experimentiertisch zu prüfen, um deren Wirksamkeit auch außerhalb virtueller Lernumgebungen sicher zu stellen.
Publications
- (2012, September). Effekte von metakognitiven Lernhilfen und Lernzielspezifität auf selbstreguliertes Lernen durch Experimentieren. Präsentation auf dem 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), Bielefeld
Künsting, J. & Kempf, J.
- (2012, September). Förderung des Scientific Discovery Learning durch metakognitive Lernhilfen. Vortrag auf der 77. Tagung der Arbeitsgruppe für Empirische Pädagogische Forschung (AEPF), Bielefeld
Künsting, J. & Kempf, J.
- (2012, September). Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen bei selbstreguliertem Lernen durch Experimentieren. 77. Tagung der Arbeitsgruppe für Empirische Pädagogische Forschung (AEPF), Bielefeld
Kempf, J., Künsting, J. & Daniek, I.
- (2013). Enhancing scientific discovery learning through metacognitive support. Contemporary Educational Psychology, 38, 349–360
Künsting, J., Kempf, J. & Wirth, J.
- (2013). Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen bei entdeckendem Lernen durch Experimentieren in der Sekundarstufe I. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 4, 267–281
Kempf, J. & Künsting, J.