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Modellierungsmethode zur Vorhersage des Kristallhabitus in einem Mehrkomponentensystem

Antragstellerin Dr.-Ing. Silke Lemmer
Fachliche Zuordnung Technische Chemie
Förderung Förderung von 2011 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 196774079
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Forschungsprojekts war die Entwicklung einer Modellierungsmethode, um den Habitus eines organischen Produkts nach der Kristallisation aus einem Mehrkomponentensystem (Haupt-, Nebenkomponente, Lösungsmittel) vorauszuberechnen. Kern der Methode ist die Substitution der Hauptkomponente auf einer Symmetrieposition im Gitter gegen die Nebenkomponente und den Einbau des Lösungsmittels auf einem Zwischengitterplatz. Wichtiges Zwischenergebnis der Modellierung ist die Berechnung von Einbauenergiedifferenzen an den einzelnen Kristallflächen, verursacht durch den Fremdstoffeinbau. Diese erlauben eine erste, gute qualitative Prognose, welche Flächen während der Kristallisation durch die Fremdstoffe im Wachstumsprozess beeinflusst werden. Am Ende der Modellierungsprozedur kann über die Bestimmung modifizierter Attachment Energien ein Abbild des finalen Kristallhabitus geplottet werden, der dann mit den Produktkristallen verglichen werden kann. Angewendet wurde die Modellierungsmethode auf L-Aminosäuren und Bernsteinsäure. Der Vergleich der Modellierungsergebnisse mit den experimentellen Kristallhabiti zeigt, dass die Methode den Kristallhabitus zuverlässig vorhersagt. Dieses gilt sowohl für die Vorhersage im Zweistoffsystem, um den Einfluss des Lösungsmittels zu beurteilen als auch für die Vorhersage des simultanen Effekts von Lösungsmittel und Nebenkomponente im Dreistoffsystem. Die Anwendung der Modellierungsmethode hat ihre Grenze hinsichtlich des Größenunterschieds von Lösungsmittel und Nebenkomponente im Verhältnis zur Hauptkomponente. Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass die beiden Fremdstoffe zusammen maximal ca. 40 % mehr an molarer Masse aufweisen dürfen als die Hauptkomponente. Ist die Nebenkomponente sehr viel größer als die Hauptkomponente, so sind die Abstoßungskräfte zu groß und die Optimierungsalgorithmen können kein Energieminimum bestimmen. Im Zweikomponentensystem haben die Ergebnisse gezeigt, dass das Lösungsmittelmolekül sogar um 86 % kleiner sein kann und trotzdem der Habitus mit hoher Genauigkeit vorausberechnet wird. Während der Simulationsrechnungen zum Lösungsmitteleinfluss auf Bernsteinsäure gab es überraschende Ergebnisse. Es wurden drei stabile Konfigurationen für Wasser innerhalb der Kristallstruktur ermittelt. Bei der Stabilsten bildete Wasser zwei Wasserstoffbrücken mit den umgebenden Bernsteinsäuremolekülen, bei der weniger stabilen nur eine und bei Dritten gar keine Wasserstoffbrücke. Für jede Konfiguration wurde ein Habitus berechnet. Die morphologisch wichtigste Fläche war stets identisch, aber der Aspect Ratio unterschiedlich. Im Experiment konnten alle drei vorhergesagten Habitus nachgewiesen werden. Allerdings entsprachen mehr Habitus denjenigen, die in der Modellierung für das Wassermolekül eine energetisch weniger stabile Position zeigten. Aufgrund dieser Ergebnisse, sollte in Zukunft nicht nur nach dem absoluten Minimum gesucht werden, sondern auch mit energetisch weniger, aber stabilen Zwischenzuständen die Simulation fortgesetzt werden. Vorteil der Modellierungsmethode ist, dass von einem erfahrenen Anwender für „kleine“ organische Moleküle innerhalb eines Arbeitstages ein Habitus unter Fremdstoffeinfluss vorausberechnet werden könnte. Daher kann die Methode als unterstützendes Tool angesehen werden, um in industriellen Prozessen Einflüsse von Lösungsmitteln, Additiven, Nebenprodukten oder Verunreinigungen auf den Habitus organischer Molekülkristalle aufzuklären.

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