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Hochpräzise Echtzeit-Referenzpunktbestimmung von VLBI-Radioteleskopen zur Verknüpfung der IVS- und IGS-Referenzrahmen

Fachliche Zuordnung Physik des Erdkörpers
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 19821508
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das ITRS (International Terrestrial Reference System) ist das international vereinbarte globale Bezugssystem, in dem die Erde als nicht starrer Körper beschrieben wird. Es wird aus Daten von verschiedenen Raumverfahren wie bspw. VLBI (IVS-Referenzrahmen), GNSS (IGS-Referenzrahmen) oder SLR/LLR (ILRSReferenzrahmen) in Form des International Terrestrial Reference Frame (ITRF) realisiert. Um diese Raumverfahren bei der Bestimmung des ITRFs miteinander zu kombinieren, ist die Kenntnis der Referenzpunktpositionen (RP-Positionen) und die daraus resultierenden lokalen Verbindungsvektoren (local ties) zwischen diesen Systemen unabdingbar. Die Bestimmung dieser Verknüpfungsvektoren erfolgt an Stationen (sog. Fundamentalstationen), an denen mehrere Raumverfahren an einem Ort betrieben werden. Die Güte der bestimmten RP-Koordinaten fließt somit maßgeblich in die Qualität der Folgeergebnisse ein. Neben der Forderung nach Submillimetergenauigkeit für den RP bzw. dem Verbindungsvektor zwischen zwei RPs wird zunehmend auch ein automatisiertes Verfahren zur permanenten Überwachung des RP-Position gefordert. Die hochpräzise Bestimmung der RP-Position von VLBIRadioteleskopen gehört zu den herausfordernden ingenieurgeodätischen Aufgaben, da diese innerhalb der Teleskopstruktur liegt und somit nicht zugänglich ist. Ziel des Forschungsantrags ist es, ein auf allen Fundamentalstationen anwendbares Verfahren zu entwickeln, das auch die permanente Überwachung (Monitoring) erlaubt, um selbst minimale Verformungen der Teleskopstruktur berücksichtigen zu können. Dies wird für die Realisierung des Global Geodetic Observing Systems (GGOS) gefordert. Echtzeit ist in diesem Zusammenhang als zeitnah zu dem begleitenden Prozess (VLBI-Experiment) zu verstehen, der sich über einige Tage hinziehen kann. Das bisher angewandte Messverfahren zur RP-Positionsbestimmung basiert darauf, dass die Teleskopantenne in eine Vielzahl von speziell ausgewählten Raumrichtungen ausgerichtet werden muss. Während dieser Zeit kann das Teleskop nicht für seine eigentliche Aufgabe verwendet werden. Damit ist dieses konventionelle Konzept zur RP-Bestimmung für permanentes Monitoring ungeeignet, wie es das GGOS vorsieht. Deswegen war eine Methode zu entwickeln, die die bei VLBI-Experimenten üblichen Antennenausrichtungen ausnutzen kann. Es wurden folgende Ergebnisse erzielt: 1. Formulierung eines mathematischen Modells für die RP-Bestimmung unter Vermeidung der bisher üblichen Restriktionen. Dieser Ansatz berücksichtigt auch konstruktive Unzulänglichkeiten (Exzentrizitäten und Achsschiefen) in der Teleskopstruktur, die mittlerweile aufgrund der gestiegenen Systemgenauigkeit der Raumverfahren Relevanz erlangen. Die Methodik ist auf beliebige Gelenksysteme übertragbar, um die Position unzugänglicher Drehzentren zu erfassen. 2. Einführung des Levenberg-Marquardt-Algorithmus zur zuverlässigen Schätzung der unbekannten Parameter. Es wurde aufgezeigt, wie der Levenberg- Marquardt-Algorithmus effizient zur Lösung von Gauß-Helmert- Modellen im geodätischen Kontext verwendet werden kann. 3. RP-Bestimmung an ausgewählten Radioteleskopen. Die RP-Position der Radioteleskope Onsala und Wettzell wurden mit einer Genauigkeit von 0.2 mm (je Koordinate) bestimmt. Die Ergebnisse sind durch die Anwendung der bisherigen Methode als qualitativ hochwertig bestätigt worden. 4. Bestimmung von Achsschiefe und Exzentrizität. Das Offset zwischen Azimut- und Elevationsachse sowie die Nicht-Orthogonalität zwischen diesen Achsen sind feste Bestandteile des Modells und werden unmittelbar mitbestimmt. Abhängigkeiten (Korrelationen) zwischen den ermittelten RPKoordinaten und den zusätzlichen Parametern liegen somit unmittelbar vor und können in VLBI-Mess- und Auswerteprozesse integriert werden. 5. Schaffung einer Voraussetzung für eine Referenz-Basislinie. Die VLBIBasislinie Wettzell-Onsala ist prädestiniert als Referenzlinie, die zukünftig zu Forschungszwecken (zum Beispiel für die Verifikation von Refraktionsmodellen) weiter genutzt werden soll. Eine wesentliche Voraussetzung ist die Stabilität des RP an beiden Stationen. Dies konnte durch die erneute RP-Bestimmung nachgewiesen werden. 6. Installation eines Monitoringsystems. An der Fundamentalstation Wettzell wurde mit technischer Unterstützung der VLBI-Gruppe um Dr. Neidhardt ein Überwachungssystem installiert, welches zur Untersuchung der Langzeitstabilität des Teleskops dienen wird. Die ermittelten Bewegungsvektoren und die Erfahrungen mit der technischen Realisierung werden wertvolle Beiträge für zukünftiges kontinuierliches Monitoring anderer Teleskope wie zum Beispiel der neuen Twin-Teleskope in Wettzell oder auch Teleskope an internationalen Standorten liefern. 7. Integration in die ITRF-Global-Lösung. Hierfür wurden die RP-Koordinaten bzw. die Verknüpfungsvektoren nach den bisher praktizierten Regeln in das SINEX-Format übertragen und stehen dem Analysezentrum zur Verfügung, um in die laufende Berechnung des ITRF2008 integriert werden zu können. Optimierungspotential in der Vorgehensweise wurde aufgedeckt. 8. Eignungsprüfung von Polarmessinstrumenten. Grundsätzlich kommen für einen Überwachungsprozess nur selbstständig messende Systeme in Frage, die Zielmarken auffinden und auch während ihrer Bewegung autonom messen können. Sowohl Totalstationen als auch Lasertracker erweisen sich im praktischen Einsatz als geeignet, wobei die hohe Genauigkeit eines Lasertrackers aufgrund unvermeidlicher äußerer Unsicherheitsbeiträge nicht voll ausgeschöpft werden konnte. Aus wirtschaftlicher Sicht sind die kürzlich neu auf dem Markt erschienenen Totalstationen höchster Genauigkeit zu bevorzugen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2008). Abschlußbericht der Vermessungsarbeiten zur IVS-Referenzpunktbestimmung am Raumobservatorium in Onsala. Geodätisches Institut, Universität Karlsruhe
    Lösler, M.
  • (2008). Abschlußbericht der Vermessungsarbeiten zur Referenzpunktbestimmung am Radioteleskop an der Fundamentalstation in Wettzell. Geodätisches Institut, Universität Karlsruhe
    Lösler, M.
  • (2008). Alternative Auswertestrategie zur IVS-Referenzpunktbestimmung von VLBI-Radioteleskopen. Geodätische Woche, Deutschland, Bremen, 30. Sep. – 2. Nov. 2008
    Lösler, M.
  • (2008). An innovative mathematical solution for a time-efficient IVS reference point determination. Proceedings of the FIG2008 – Measuring the changes, Portugal, Lissabon, 12.-15. Mai 2008
    Lösler, M. Hennes M.
  • (2008). IVS-Referenzpunktbestimmung am Raumobservatorium in Onsala Schweden. Geodätisches Kolloquium - Gesellschaft zur Förderung der Geodäsie e.V., Deutschland, Neubrandenburg, 19. Nov. 2008
    Lösler, M.
  • (2008). Mathematische Aspekte bei der Bestimmung des geometrischen Referenzpunktes eines VLBI-Radioteleskops - Ein Beitrag zur hoch genauen Realisierung des globalen Referenzsystems ITRS. Arbeitsgruppe Mathematik an der HS Neubrandenburg, Deutschland, Neubrandenburg, 19. Nov. 2008
    Lösler, M.
  • (2009). Evolution and obtained expertise in reference point determination at the GIK. Proceedings of the EVGA, Frankreich, Bordeaux, 24.-25. März 2009
    Lösler, M., Eschelbach, C.
  • (2009). Hochpräzise Bestimmung des IVS-Referenzpunktes am 20m VLBI-Radioteleskop der Fundamentalstation Wettzell (Deutschland). Geodätisches Fachforum, Deutschland, Neubrandenburg 16.-17. Jan. 2009
    Lösler, M.
  • (2009). The 2008 local-tie determination at the Onsala Space Observatory. Proceedings of the EVGA, Frankreich, Bordeaux, 24.-25. März 2009
    Lösler, M., Haas, R.
  • (2009): Measuring the motion - Synchronizing a laser tracker for high-accuracy handling tasks. Journal of CMSC, Vol 4, p23-28
    Hennes, M., Juretzko, M.
 
 

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