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Neuronale Mechanismen des Wortlernens bei Erwachsenen und Kleinkindern: eine Untersuchung mit optischen und elektrophysiologischen Signalen

Antragsteller Professor Dr. Hellmuth Obrig, seit 7/2013
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 198547417
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das vorliegende Projekt verfolgte das Ziel, ein besseres Verständnis über den Einfluss unterschiedlicher Sprachlernumgebungen auf den Erwerb prälexikalischer Informationen, insbesondere phonotaktischer Regularitäten, zu erlangen. Phonotaktik beschreibt die mögliche Abfolge unterschiedlicher Phoneme in einer bestimmten Sprache. In einer Serie an Experimenten wurden phonotaktisch legale und illegale Pseudowörter, welche in unterschiedlichen Szenanen eingebettet waren, akustisch dargeboten. Die Szenarien umfassen (1) ein Training passiven Zuhörens, (2) ein semantisches Training mit reellen Objekten, und (3) ein semantisches Training mit Pseudoobjekten. Um zu verstehen, wie prälexikalische Eigenschaften im Verlauf der Sprachentwicklung erworben werden, wurden 6, 12, und 18 Monate alte Kleinkinder sowie Erwachsene mittels der kombinierten Messung der Elektroenzephalographie (EEG) und der funktionellen Nahinfrarotspekttoskopie (fNIRS) untersucht werden. Die erste Methode weist eine exquisite zeitliche Auflösung auf, während die letztere genaue topographische und Lateralisationseffekte erfassen kann. Die Ergebnisse zeigten im Verlauf der Sprachentwicklung deutliche neuronale Reifungsprozesse, welche sich im EEG durch unterschiedliche ereigniskorrelierte Komponenten und im fNIRS durch eine Verschiebung der Lateralisation von anfänglich bilateral zu einer späteren erwachsenähnlichen links-hemisphärischen mit 18 Monaten äußerte. Die Ergebnisse bezüglich der unterschiedlichen Lernszenarien ergaben einen markanten Einfluss des semantischen Trainings mit reellen Objekten über die meisten Altersgruppen hinweg, auch bei den erwachsenen Teilnehmem. Dieses Training führte zu den stärksten Lerneffekten und bei Kindern zu reiferen Verarbeitungsmechanismen. Interessant war dabei, dass teilweise unterschiedliche Modulationen für legale und illegale phonotaktische Regularitäten zu verzeichnen waren. Hierbei zeigten die legalen Pseudowörter eher Lerneffekte und die illegalen eher unreifere Prozesse bei den jüngeren Kleinkindern, was als Indiz gedeutet werden kann, dass Kleinkinder muttersprachliche und fremdsprachliche Regularitäten auf differenzierte Art und Weise lernen. Nennenswert ist bei dieser neurowissenschaftlichen Studie, dass bei manchen Bedingungen das EEG und bei manchen anderen die fNIRS genauere Aufschlüsse über die zugrundeliegenden Prozesse lieferte. Dies betont die Wichtigkeit und Relevanz, multimethodologische Untersuchungsansätze bei der Erforschung von Spracherwerb zu nutzen, um ein detailliertes Bild der zugrundeliegenden neuronalen Mechanismen zu erlangen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2013). Electrophysiological evidence for modulation of lexical processing after repetitive exposure to foreign phonotactic rules. Brain and language. 127(3), 404-414
    Rossi, S., Hartmüller, T., Vignotto, M. & Obrig, H.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.bandl.2013.02.009)
  • Universal and language-specific sublexical cues in speech perception: a novel electroencephalography-lesion approach. Brain, Volume 139, Issue 6, 1 June 2016, Pages 1800–1816
    Obrig, H., Mentzel, J. & Rossi, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/brain/aww077)
 
 

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