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Der Einfluss des Zahlensinns und räumlicher Informationsverarbeitung auf das Kopfrechnen

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 198637758
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hatte zum Ziel, den Einfluss des approximativen Zahlensystems (AZS), d.h. der Fähigkeit, Mengen numerisch zu schätzen, und des Systems zur Verarbeitung räumlicher Informationen auf das Kopfrechnen zu untersuchen. Zur näheren Charakterisierung des AZS haben wir dessen Abstraktheit, d.h. die Unabhängigkeit von Modalität und Notation untersucht und konnten zeigen, dass Menschen sich in ihrer neuralen Antwort deutlich von den aus Makaken-Studien bekannten Befunden unterscheiden. Wir konnten keine Hinweise auf eine abstrakte, Modalitäts-unabhängige Größenrepräsentation im parietalen Cortex finden, die gleichermaßen sequentielle und simultane Mengeninformation kodiert. Vermutlich waren frühere Befunde mit motorischen und komparativen Antwortprozessen konfundiert. Für simultan dargebotene Mengen fanden wir zentrale Postulate bisheriger Modelle auf neuraler Ebene beim Menschen bestätigt. Weiters konnte gezeigt werden, dass der verbal dominierte Abruf von arithmetischen Fakten zwar den Beitrag des AZS beim Rechnen minimiert, aber nicht unabhängig von ihm erfolgt. Der Abruf aus dem Langzeitgedächtnis unterliegt den metrischen Gegebenheiten der mentalen Größenrepräsentation, was als Interaktion visuell-räumlicher mit verbalen Codes beschrieben werden kann. Dazu passt, dass sowohl Multiplikation als auch Subtraktion auf visuell-räumliche und verbale Arbeitsgedächtnissysteme zurückgreifen. Den Einfluss des räumlichen Systems haben wir anhand räumlicher Aufmerksamkeit als Ursprung des OM-Effekts untersucht. Der OM Effekt (Überschätzen des Ergebnisses von Additionen und Unterschätzen bei Subtraktionen) kann nicht durch Parameter des ANS erklärt werden. Der OM-Effekt wird umso deutlicher, je geringer der Anteil verbaler Abrufprozesse aus dem Langzeitgedächtnis zur Lösung des jeweiligen Problems beiträgt. Eine Korrelation des OM-Effekts mit räumlicher Aufmerksamkeit wurde sowohl bei 6- bis 7- jährigen Kindern als auch bei Erwachsenen beobachtet. In beiden Fällen korrelierte das Ausmaß des OM-Effekts mit den Kosten, die durch einen invaliden Reiz verursacht werden. Neben der Untermauerung des postulierten Zusammenhangs zwischen räumlichen Aufmerksamkeitsprozessen und Mengenoperationen, impliziert das einen Beitrag (attentionaler) Kontrollprozesse. Im Altersbereich von 6-12 Jahren zeigt sich eine positive Korrelation des OM-Effekts mit dem biologischen Alter, die nicht mit zunehmender Präzision des AZS zusammenhängt. Visuell-räumliche Verarbeitungsmechanismen wurden als bestimmende Komponente beim subitizing identifiziert. Dadurch wird im Sinne der Operationalisierung des kortikalen Recyclings eine vermeintlich kognitive Kompetenz als durch visuelle Prozesse vermittelt beschrieben und der Untersuchung mittels psychophysischer Methoden zugänglich gemacht. Insgesamt zeigen die bisherigen Befunde, dass numerische Kompetenzen in hohem Maße sowohl mit räumlich-visuellen als auch mit verbal-phonologischen Prozessen interagieren. Das AZS stellt eine wichtige Grundlage für die Entwicklung numerischer Kompetenzen dar, jedoch sind auch weitere Prozesse und Fähigkeiten einzubeziehen, um arithmetische Kompetenzen umfassend erklären zu können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2013). Examining the presence and determinants of operational momentum in childhood. Frontiers in Psychology, 4:325
    Knops, A., Zitzmann, S. & McCrink, K.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fpsyg.2013.00325)
  • (2014). A shared, flexible neural map architecture reflects capacity limits in both visual short term memory and enumeration. The Journal of Neuroscience, 34(30); 9857-9866
    Knops, A., Piazza, M., Sengupta, R., Eger, E., & Melcher, D.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.2758-13.2014)
  • (2014). Can Approximate Mental Calculation Account for Operational Momentum in Addition and Subtraction? The Quarterly Journal of Experimental Psychology, 67(8): 1541-1556
    Knops, A., Dehaene, S., Bertelletti, I., Zorzi, M.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1080/17470218.2014.890234)
  • (2014). In how many ways is the approximate number system associated with exact calculation? PLoS One. 9(11): e111155
    Pinheiro-Chargas, P., Wood, G., Knops, A., Krinzinger, H., Lonnemann, J., Startling-Alves, I., Willmes, K., & Haase, V.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0111155)
  • (2014). Operational momentum in approximate multiplication and division? PLoS One; 9(8):e104777
    Katz, C. & Knops, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0104777)
  • (2015). Asymmetric activation spreading in the multiplication associative network due to asymmetric overlap between numerosities semantic representations? Cognition, 141, 1-8
    Didino, D., Knops, A., Vespignani, F., & Kornpetpanee, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.cognition.2015.04.002)
  • (2015). Dissociating estimation from comparison and response eliminates parietal involvement in sequential numerosity perception, Neuroimage, 116: 135-148
    Cavdaroglu, S., Katz, C. & Knops, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2015.04.019)
  • (2016). Considering structural connectivity in the triple code model of numerical cognition – Differential connectivity for magnitude processing and arithmetic facts. Brain Structure & Function, 221(2): 979-95
    Klein, E., Suchan, J., Moeller, K., Karnath, H.-O., Knops, A., Wood, G., Nuerk, H.-C., & Willmes, K.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00429-014-0951-1)
  • (2016). Decreased cerebellar-cerebral connectivity contributes to complex task performance. Journal of Neurophysiology, 116, 1434–1448
    Katz, C. & Knops, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1152/jn.00684.2015)
  • (2016). Mental subtraction and multiplication recruit both phonological and visuospatial resources: evidence from a symmetric dual-task design. Psychological Research, 80(4): 608-624
    Cavdaroglu, S. & Knops, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00426-015-0667-8)
 
 

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