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Straffälligenhilfe unter Veränderungsdruck. Analyse neuer Entwicklungstendenzen in der Freien Straffälligenhilfe

Fachliche Zuordnung Kriminologie
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 19945189
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Forschungsprojektes war es, die Auswirkungen der kriminal- und sozialpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre auf die Freie Straffälligenhilfe zu erfassen und hinsichtlich ihrer Bedeutung zu interpretieren. In der Studie sollten typische Feldkonstellationen erfasst werden, die unterschiedlichen Entwicklungstendenzen vor der Vielzahl der Strukturmerkmale abgebildet und schließlich ein Gesamtbild entworfen werden, das Aussagen zur Relevanz und zum Ausmaß der Veränderungen in der Freien Straffälligenhilfe erlaubt. Realisiert werden sollte dies auf der Basis eines zweigeteilten Untersuchungsdesigns. Der erste Teil der Untersuchung besteht aus fünf Fallstudien lokaler Netzwerke der Straffälligenhilfe. Den zweiten Teilder Untersuchung bildet eine quantitative repräsentative Befragung von Trägern und Einrichtungen der Freien Straffälligenhilfe in ganz Deutschland. Zentrale Forschungsergebnisse 1. Die konkrete Ausgestaltung der Freien Straffälligenhilfe in Deutschland orienfiert sich an lokalen und regionalen Bedingungen sowie an öer An- bzw. Einbindung in größere Organisationszusammenhänge. Diese organisationsrelevanten Unterschiede haben eine sehr differenzierte Ausgestaltung der Freien Straffälligenhilfe zur Folge. 2. Ungeachtet der Diskussionen um den Rückzug des Sozialstaates und der Zurückdrängung des Resozialisierungsgedankens kam es in den zurückliegenden Jahren zu einem Ausbau des Hilfsangebots der Freien Straffälligenhilfe in Deutschland. Die Erweiterung des Hilfsangebots schlägt sich auch in einem Anstieg der hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen nieder. 3. Das Wachstum des Hilfsangebots relativiert sich deutlich, wenn man die Entwicklung der Klientenzahlen betrachtet. Die Zahl der Strafgefangenen und Bewährungshilfeprobanden, das Hauptklientel der Freien Straffälligenhilfe, hat nicht nur Ende der 90er Jahre stark zugenommen, sondern ist auch seit der Jahrtausendwende nochmals um ca. 15% angewachsen. 4. Der Ausbau des Tätigkeitsspektrums bei vielen Akteuren der Freien Straffälligenhilfe ist eine Möglichkeit auf den zunehmenden Kostendruck zu reagieren. Mit neuen Tätigkeitsfeldern werden neue Geldquellen aufgetan und mehr Finanzierungssicherheit erreicht 5. Zu einem Ausbau kam es dabei nicht nur in den klassischen Betätigungsbereichen, sondern auch in neueren Aufgabenbereichen wie der Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit, Anti-Gewalt-Training, ambulante Therapien für Sexualstraftäter, Täter-Opfer-Ausgleich, Projekte zur Intervention bei häuslicher Gewalt oder Opferbegleitung vor Gericht. 6. Die These, dass durch die Übernahme von neueren Tätigkeitsbereichen, die mit Kontroll- und Berichtspfiichten verbunden sind, sich das Selbstverständnis der Freien Straffälligenhilfe verändert, konnte so nicht bestätigt werden. Für Unterschiede im Selbsfverständnis scheinen weniger die aktuellen Tätigkeitsprofile der Einrichtungen als vielmehr der Spezialisierungsgrad und die Verbandstraditionen von Bedeutung zu sein. 7. Obwohl der Zuwachs an ehrenamfiichen Mitarbeiter/innen den Zuwachs an hauptamtlichen Mitarbeiter/innen bei weitem übersteigt, sieht nur eine kleine Minderheit der befragten Einrichtungen eine Konkurrenzsituation der beiden Beschäftigtengruppen. 8. Drei Viertel der Einrichtungen sind in lokale Kooperationsgremien und Netzwerke eingebunden, in denen Fragen der Straffälligenhilfe themafisiert-werden. Dennoch wird bei der Frage nach Defiziten im Bereich der Straffälligenhilfe der Mangel an Vernetzung am häufigsten genannt. 9. Durch die Privatisierung der staafiichen Straffälligenhilfe und die Übertragung neuer Aufgaben auf die Straffälligenhilfe und damit einhergehend neuer Finanzierungsquellen drängen neue Akteure in den Bereichder Straffälligenhilfe. Diese Entwicklung führt zu einer „Durchmarktung" der Straffälligenhilfe. 10. Die Privatisierung der staatlichen Straffälligenhilfe führt nicht zu einem Verdrängungswettbewerb der etablierten Akteure der Freien Straffälligenhilfe. Sie führt jedoch zu einer Veränderung der über lange Jahre gewachsenen Arbeitsteilung und Ressourcenallokation in der Straffälligenhilfe.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Straffälligenhilfe und Opferhilfe; notwendige Abgrenzungen, mögliche Kooperationen, integrative Ansätze. (Zusammenfassung des Vortrages auf der 15. Fachtagung zur Straffälligenhilfe des Schleswig-Holsteinischen Verbands für Straffälligen- und Bewährungshilfe am 02.11.2005 im Kieler Landeshaus). Rundbrief Straffälligenhilfe 16 (Dezember 2005), Nr. 41, S. 13-26
    Hans-Jürgen Kerner
  • Freie Straffälligenhilfe unter Veränderungsdruck. Bestandsaufnahme und Forschungsfragen. In: Neue Praxis 1/2006, S. 80-98
    Jürgen Thomas / Wolfgang Stelly / Hans-Jürgen Kerner
  • Privatisierung der Sozialen Dienste der Justiz. Perspektiven und kritische Fragen. Bewährungshilfe 53, Heft 1, 2006, S. 43-48
    Hans-Jürgen Kerner
  • Straffälligenhilfe in Zeiten der Privatisierung und Rationalisierung. In: Landesgruppe Baden-Württemberg in der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. (Hrsg.): Zwischen Rationalität und Rationalisierung - Jugendstrafrechtspflege und Jugendhilfe auf neuen Wegen. INFO 2006, S. 65-80
    Wolfgang Stelly / Jürgen Thomas
  • Soziale Arbeit im Feld der Strafrechtspflege zwischen Kontrolltendenzen und Privatisierungstendenzen - Elemente eines Spannungsfeldes. In: DBH - Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik (Hrsg.): Sicherheit und Risiko. Soziale Arbeit im Spannungsfeld von Kontrolle und Privatisierung. DBH-Materialien Nr. 55. Köln: Eigenverlag 2007, S. 21-27
    Hans-Jürgen Kerner
  • Privatisierung der Sozialen Dienste der Justiz. Perspektiven und kritische Fragen. In: DBH-Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik (Hrsg.): Privatisierung und Hoheitlichkeit in Bewährungshilfe und Strafvollzug. Köln: - Eigenverlag DBH 2008, S. 17-24 (DBH-Materialien, Nr. 59)
    Hans-Jürgen Kerner
  • Veränderungsdruck durch Privatisierung - Entwicklungstendenzen in der Freien Straffälligenhilfe. In: Bewährungshilfe - Fachzeitschrift für Bewährungs-, Gerichts- und Straffälligenhilfe, Heft 3, 2008, 270-283
    Wolfgang Stelly / Jürgen Thomas
  • Veränderungsdruck durch Privatisierung - Entwicklungstendenzen in der Freien Straffälligenhilfe. In: Dessecker, A. (Privatisierung ih der Strafrechtspflege, Kriminologie und Praxis, Schriftenreihe der Kriminologischen Zentralstelle e. V., Bd. 56, Wiesbaden, 2008, S. 97-114
    Wolfgang Stelly / Jürgen Thomas
 
 

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