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Optimierung kausaler Sende- und Empfangsfilter für MIMO-Funksysteme mit Intersymbol-Interferenz

Fachliche Zuordnung Elektronische Halbleiter, Bauelemente und Schaltungen, Integrierte Systeme, Sensorik, Theoretische Elektrotechnik
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 19984651
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zukünftige Mobilfunksysteme sollen Datenraten unterstützen, die heutigen drahtgebundenen Verbindungen vergleichbar sind. Dieses kann zum einen durch eine Erhöhung der Systembandbreite erreicht werden, was aber zu einem stärkeren Übersprechen zwischen aufeinander folgenden Symbolen (Intersymbol-Interferenz) führt und wodurch der Aufwand bei der zeitlichen Entzerrung des Empfangssignals steigt. Zum anderen wurden in den letzten Jahren Mehrantennensysteme zur Steigerung der spektralen Effizienz untersucht. Obwohl diese Mehrantennentechniken eine erhebliche Steigerung der Systemkapazität und der erreichbaren Datenraten versprechen, führen sie andererseits zu einer weiteren Erhöhung des Entzerraufwandes. Obwohl momentan zur Kanalentzerrung vor allem Mehrträgersysteme wie z.B. OFDM (OFDM: Orthogonal Frequency Division Multiple Access) Verwendung finden, wird erwartet dass in zukünftigen Systemen die Zeitbereichentzerrung wieder an Bedeutung gewinnen wird. Um implementierbar zu sein, müssen solche Entzerrfilter insbesondere kausal ausgeführt sein. In diesem Projekt wurden solche Entzerrverfahren für Mehrantennensysteme untersucht insbesondere hinsichtlich der notwendigen Forderung nach Kausalität. Die Untersuchungen gliederten sich im Wesentlichen in zwei grössere Teile. Im ersten Teil wurde die Robustheit und Stabilität dieser Entzerrverfahren gegenüber Fehlern in den gegebenen Daten untersucht. Die geforderte Kausalität der Filter impliziert, dass ihrer Berechnung auf einer sogenannten spektralen Faktorisierung beruht, weshalb diese Operation separat und sehr intensiv untersucht wurde. Hierbei konnte eine sehr allgemeine und bemerkenswerte Eigenschaften dieser Faktorisierung bewiesen werde, nämlich dass der spektrale Faktorisierungsoperator auf allen praktisch relevanten Funktionenräumen entweder beschränkt oder stetig ist, aber niemals beides gleichzeitig. Am Beginn dieses Projekts war dieses Verhalten nur für einige spezielle Funktionenräume bekannt, und konnte nun sehr allgemein bewiesen werden. Dieses Resultat hat sehr weitreichende Konsequenzen, zeigt es doch, dass die Berechnung eines kausalen Filters prinzipiell sehr empfindlich gegenüber Fehlern in den gegebenen Daten ist. Möchte man solche Stabilitätsprobleme umgehen, müssen die Daten auf gewisse Teilmengen der betrachteten Funktionenräume eingeschränkt werden. Solche Teilmengen wurden im Rahmen dieses Projekts charakterisiert. Eine sehr einfache aber wichtige Teilmenge auf der die spektrale Faktorisierung sowohl stetig als auch beschränkt ist, ist die Menge aller Polynome mit einem endlichen Grad N . Aus dem obigen Resultat folgt nun aber, dass das Stabilitätsverhalten des Faktorisierungsoperators sehr stark vom Polynomgrad N abhängt. Im Projekt wurden daher für die wichtigsten Funktionenräume Schranken für das Stabilitäts- und Robustheitsverhalten in Abhängigkeit von Polynomgrad N abgeleitet. Diese Resultate zur spektralen Faktorisierung wurden anschließend genutzt um entsprechende Schranken für spezielle praktische Algorithmen abzuleiten, z.B. für die Berechnung des kausalen Wiener Filters, der Inneren-Äusseren Faktorisierung, der Berechnung der Hilbert Transformation, sowie von kausalen Basisentwicklungen. Diese, hier entwickelten Fehlerschranken, sind wichtig um bestimmen zu können, wie genau die Daten zur Filterberechnung vorliegen müssen damit der dann berechnete Filter hinreichend nah am angestrebten Verhalten liegt. Sie sind somit ein wichtiges Hilfsmittel für das Systemdesign, z.B. für das Design von Kanalschätzalgorithmen im Mobilfunk. Im zweiten Teil des Projekts wurden konkrete Verfahren zur Berechnung von kausalen linearen inversen Filtern entwickelt. Es wurden zwei verschiedene Optimalitätskriterien betrachtet: minimale gewichtete L2 Norm und minimale L∞ Norm. Im ersten Fall wurde ein Verfahren zur Berechnung von kausalen inversen Filtern mit minimaler gewichteter L2 Norm hergeleitet. Dieser Fall ist von praktischem Interesse wenn statistische Informationen über die Daten und Störgrössen verfügbar sind. Eine wichtige Neuerung in unserem Verfahren ist, dass eine feste endliche Verzögerung in der Datenrekonstruktion angegeben werden kann. In anderen Worten: das inverse Filter darf nicht-kausal sein, aber die Länge des nicht-kausalen Teils der Impulsantwort ist auf einen festen Wert begrenzt. Ein solches Filter kann immer noch in Echtzeit realisiert werden, falls eine endliche Verzögerung in der Datenrekonstruktion tolerierbar ist. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass zwischen der Performanz der nicht-kausalen Parapseudoinversen, welche i.A. eine doppelt-unendliche Impulsantwort besitzt und somit niemals in Echtzeit realisiert werden kann, und des streng kausalen inversen Filters in optimaler Art und Weise abgetauscht werden kann. Oft bewirkt bereits eine geringe Verzögerung eine erhebliche Verbesserung. Das Verfahren basiert auf der Umwandlung des inversen Filterungsproblem in ein Regelungsproblem. Der selbe Ansatz kann ohne grössere Probleme auch zur Berechnung inverser Filter mit minimaler L∞ Norm genutzt werden. Die numerische Behandlung solcher L∞ Regelungsprobleme birgt allerdings zusätzliche Schwierigkeiten, da eine sogenannte γ-Iteration ausgeführt werden muss. In dieser wird ein bestimmter Wert, welcher zur Bestimmung eines (beinahe) optimalen Filters nötig ist, hinreichend genau approximiert. Es wird eine untere und obere Schranke für diesen Wert benötigt, um die γ-Iteration starten zu können. Normalerweise wird Null als untere Schranke verwendet. Es gelang uns aber, eine Folge von besseren unteren Schranken zu bestimmen. Diese können zur Beschleunigung der γ-Iteration genutzt werden. Wir konnten beweisen, dass diese Folge von Schranken monoton gegen den tatsächlich gesuchten Wert konvergiert. Auch die Konvergenzgeschwindigkeit der Folge konnte abgeschätzt werden. Diese Ergebnisse wurden auch auf andere Probleme (Model Matching, Full Information Control) mit L∞ Norm Kriterium ausgeweitet.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Die analytische und algebraische Struktur frequenzselektiver Vektorkanäle und deren Einfluss auf die Zeitbereichsentzerrung. Dissertation, Technische Universität Berlin, 2006
    V. Pohl
  • Continuity versus Boundedness of the Spectral Factorization Mapping. Studia Math. 189 (2008), no. 2, 131–145
    H. Boche and V. Pohl
  • On the Calculation of the Hilbert Transform from Interpolated Data. IEEE Trans. Inf. Theory 54 (May 2008), no. 5, 2358–2366
    H. Boche and V. Pohl
  • Advanced Topics in System and Signal Theory: A Mathematical Approach, Foundations in Signal Processing, Communications and Networking. Springer-Verlag, Berlin, 2009
    V. Pohl and H. Boche
  • Zero-forcing precoding for frequency selective MIMO channels with H-inf criterion and causality constraint. Signal Processing 89 (Sep. 2009), no. 9, 1754–1761
    S. Wahls, H. Boche, and V. Pohl
  • Novel System Inversion Algorithm with Application to Oversampled Perfect Reconstruction Filter Banks. IEEE Trans. Signal Process. 58 (June 2010), no. 6, 3008–3016
    S. Wahls and H. Boche
  • Causality Constraints in Discrete-Time Filter Design. Dissertation, Technische Universität Berlin, 2011
    S. Wahls
  • Lower Bounds on the Infima in Some H∞ Optimization Problems. IEEE Trans. Automat. Control.
    S. Wahls and H. Boche
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1109/TAC.2011.2168913)
 
 

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